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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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weiß.«
    »Wirklich, tut mir leid. Das war ziemlich … blöde«, meinte Elke leise. »Ich verspreche dir, ich mach’s wieder gut, ja?« Sie griff entschuldigend nach Niklas’ Hand. Niklas sah überrascht zu ihr auf. Endlich beruhigte er sich. Er zuckte mit den Schultern und nickte. Sogar ein schmales Lächeln huschte über seine Lippen. Wortlos setzten sich die Mädchen wieder, und Andreas starrte über die Brüstung ihres Baumhauses hinweg die weißgrüne Wand aus Schnee, Astwerk und Tannenzweigen an.
    »Okay, versuchen wir ruhig zu bleiben. Ich selbst kann ja leider niemanden fragen. Und Robert zurzeit auch nicht. Aber insgeheim habe ich ebenfalls mit so einer Möglichkeit gerechnet.«
    »Mit so etwas wie Niklas’ Mutter?«, meinte Miriam verwundert.
    »Nein, nicht direkt«, antwortete ihr Andreas. »Aber wenn für das Verschwinden unserer Geschwister ein Unfall verantwortlich war, dann ist es immerhin möglich, dass da mehr mit drinhängen, als wir derzeit wissen können. Und damit meine ich nicht nur unsere Eltern«, er sah ernst zu Elke, Miriam und Niklas hinüber, »damit meine ich auch unseren sauberen Pfarrer Strobel. So seltsam, wie der sich aufführt. Und sei es auch nur, dass er die Erwachsenen deckt, nachdem er ihnen die Beichte abgenommen hat. Völlig egal, was damals passiert ist, gegebenenfalls kann man sie dafür noch immer verantwortlich machen. Wenn dem aber so ist, dann können wir nicht ausschließen, dass einer von denen die Nerven verliert, sobald er befürchtet, die Sache könnte rauskommen. Deswegen finde ich, dass wir erst einmal jedem gegenüber Stillschweigen bewahren sollten.« Andreas sah in die Runde, und niemand erhob Einwände.
    »Gut. Und was machen wir jetzt?«, fragte Robert.
    »Lasst uns herausfinden, was damals überhaupt geschehen ist, bevor wir überlegen, was wir dann tun. Wir wissen immerhin, dass das Ganze 1978 passiert sein muss. Bei allem anderen können wir nur Mutmaßungen anstellen. Auch wenn, na ja, irgendwie auffällig ist, dass sich unsere Geschwister kurz vor ihrem Verschwinden mit der Folklore der hiesigen Region beschäftigt haben. Also, Perchtenläufe, Nikolausbrauchtum und so weiter.«
    »Irgendwie auffällig …?« Elke stand empört auf und stemmte die Hände in die Hüften. »Willst du uns jetzt einreden, dass du das aus einem bescheuerten Schulaufsatz und einem blöden Buch schließt? Die Wahrheit ist doch, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Egal wohin wir uns drehen und wenden, wir stoßen ständig auf diese Hinweise. Und das auf ziemlich merkwürdige Weise. Oder willst du das abstreiten?«
    »Eben«, pflichtete ihr Miriam bei. »Elke und ich sind davon überzeugt, dass wir ganz bewusst auf all diese Sachen aufmerksam gemacht werden.«
    »Und von wem?«, unterbrach sie Niklas zaghaft. »Von den Toten auf dem Friedhof?«
    »Was weiß ich?« Elke ließ sich mutlos zurück auf ihre Kiste fallen. »Auf jeden Fall ist dieser Spuk doch nicht normal.«
    »Nehmen wir einmal an, unseren Geschwistern ist damals tatsächlich etwas Schreckliches widerfahren«, sagte Miriam. »Und nehmen wir ebenfalls einmal an, ihre Seelen kommen seitdem nicht zur Ruhe. Könnte es nicht sein, dass sie es sind, die sich mit uns in Verbindung setzen?«
    Im Baumhaus wurde es nun so still, dass man trotz des dämpfenden Schneefalls das Kreischen der Bandsägen drüben im Ort hören konnte. »Vielleicht wollen sie, dass wir die Umstände ihres Todes aufklären? Abgesehen von unseren Eltern sind wir immerhin deren nächste Verwandte.«
    »Und warum ausgerechnet jetzt?«, fragte Robert.
    »Vielleicht, weil sie damals am Nikolaustag zu Tode gekommen sind und wir morgen schon wieder Nikolaus haben?«, überlegte Andreas laut. »Okay, das ist jetzt wahrscheinlich ein bisschen weit hergeholt, aber mal angenommen, es gibt wirklich Geister. Und mal angenommen, es sind wirklich Anna, Gretl, Michael, Stefan und Jonas, die hier spuken. Dann sind doch all diese geballten Hinweise auf den Nikolaus schon etwas seltsam: Die Sache mit dem Fernseher bei dir zu Hause, Robert. Diese Erscheinungen in Bischofsgewändern gestern auf dem Friedhof.
    Die Tonbandaufzeichnung in der Leichenhalle. Der Aufsatz. Und vergesst nicht den Nikolausschuh, den wir im verborgenen Zimmer gefunden haben. Der war noch immer gefüllt. Gut möglich, dass eure Schwestern den noch am Tag ihres Verschwindens geschenkt bekamen. Sonst wären da mehr Pralinen draus gegessen worden.« Er atmete tief ein. »Also, vielleicht

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