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Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Brille hindurch musterte.
    »Soll ich jetzt wieder runterklettern und unsere Wohnung genau so durchwühlen, wie ihr es getan habt?«, klagte er. »Meine Eltern sind daheim. Das geht nicht.«
    Robert warf wütend einen Tannenzapfen in den Wald. Zwischen den gefrorenen Zweigen polterte es, und sie konnten hören, wie Schnee auf den Waldboden fiel. »Dann frag sie doch einfach!«
    »Super Idee!« Elke zog sich die blaue Mütze tiefer über die Ohren. »Und das, nachdem ich Strobel glauben gemacht habe, dass wir nur von Anna wissen? Wenn Niklas’ Vater irgendwie mit drinhängt, dann wird der doch sofort zu Strobel laufen und den warnen.«
    »Trotzdem, ich finde, Robert hat recht«, meinte Miriam. »Jetzt mal ehrlich: Wovor haben wir eigentlich solche Angst? Wenn wir unsere Eltern damit konfrontieren, dass wir von unseren Geschwistern wissen, was soll denn schon passieren?«
    Elke starrte ihre Schwester ungläubig an. »Mann, du bist doch sonst nicht so begriffsstutzig. Was, wenn die irgendwas mit dem Verschwinden der fünf zu tun haben? Wozu soll diese ganze Heimlichtuerei denn sonst Nütze sein?«
    »Meine Güte, vielleicht hat es damals einen Unfall gegeben, den die vertuschen wollen?«, stand Robert Miriam bei. »Das ist zwar alles andere als schön, aber du führst dich so auf, als hätten die unsere Geschwister umgebracht. Welche Eltern wären denn zu so etwas fähig?«
    »Sagt mal, wie naiv seid ihr eigentlich?«, platzte es wütend aus Elke heraus. »Wenn ihr wissen wollt, welche Eltern zu so etwas fähig sind, dann fragt doch mal Niklas!« Die Köpfe der anderen ruckten zu dem Angesprochenen herum, der erschrocken zu Elke aufsah.
    »Das … das habe ich dir im Vertrauen gesagt«, haspelte er. »Du hast mir geschworen, dass du es niemandem weitersagen würdest.« Tränen liefen ihm plötzlich über die Wangen.
    »Das ist jetzt ein schlechter Scherz, oder?« Robert starrte erst ihn und dann Elke an. Letztere wurde feuerrot im Gesicht, und doch reckte sie trotzig ihr Kinn. Niklas presste verstört die Lippen aufeinander, und Andreas sah, dass ihr Freund nun am ganzen Leib zitterte. In ihrem luftigen Versteck wurde es schlagartig still, und man konnte im Wald das Knacken der Äste hören.
    »Mein Gott, Niklas, sag was!«, sprach ihn Andreas an. »Was, zum Teufel, hat Elke damit gemeint?«
    »Meine … meine Mutter hat versucht, mich zu ersticken«, hauchte Niklas. Unter ihm knarrte der Bretterboden. »Das ist jetzt sechs Jahre her. Ich war gerade am Einschlafen, als sie … plötzlich neben meinem Bett stand und … und mir ein Kissen auf das Gesicht drückte.«
    »Mein Gott!« Miriam schlug die Hand vor den Mund. »Und dann?«
    »Mein Vater hat sie überrascht. Er … er kam gerade noch rechtzeitig, um das Schlimmste zu verhindern.«
    »Scheiße«, entfuhr es Robert. »Und ich dachte immer, mich hätte es von uns allen am schlimmsten getroffen.«
    Niklas war inzwischen wie ein Haufen Elend auf seinem Ranzen zusammengesackt. »Das ist echt nicht fair, Elke!«, jammerte er. »Du hattest es mir versprochen!«
    Andreas sah zu Elke hinüber, der das schlechte Gewissen jetzt förmlich ins Gesicht geschrieben stand. Mit dieser Reaktion schien auch sie nicht gerechnet zu haben.
    »Tut mir leid, Niklas. Ich dachte wirklich … Ehrlich, das wollte ich nicht.«
    Andreas gab sich einen Ruck und legte Niklas kameradschaftlich die Hand auf die Schuler. »Mann, das hättest du uns doch ebenfalls sagen können.«
    »Und dann?«, blaffte ihn Niklas mit weinerlicher Stimme an. »Ihr habt doch keine Ahnung, wie es ist, mit so einer Mutter im selben Haus zu leben. Jedes Mal, wenn sie bei mir im Zimmer auftaucht, fürchte ich, dass sie es wieder versuchen könnte. Das Schlimmste ist, dass dieses verdammte Kissen gestern wieder aufgetaucht ist. Unmittelbar bevor wir zum Vereinsheim aufgebrochen sind. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Ich hatte es schon vor vielen Jahren im Wald vergraben, um endlich mit der Sache abzuschießen.« Auch Robert und Miriam umringten ihren Freund und starrten ihn betroffen an. Niklas griff verheult zu einem Taschentuch, das ihm Miriam mit traurigem Blick hinhielt.
    »Echt, Niklas, wenn wir das gewusst hätten, dann …« Sie brach ab, da ihr nun offenbar selbst aufging, dass das kaum etwas an seiner Situation geändert hätte.
    »Tut mir einen Gefallen und spart euch euer Mitleid!« Niklas schnauzte sich, und seine Züge versteinerten. »Ich wollte einfach nur nicht, dass das jeder

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