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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
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Tage einen Urintest machen lassen. Die Colleges zogen die Angebote, die sie mir gemacht hatten, zurück. Mein Dad meinte, ich müsste etwas ganz anderes machen. Weggehen. Mein Dad hat sich mächtig ins Zeug gelegt: Ich hätte mich auf die falschen Leute eingelassen und nie zuvor Interesse an Drogen gezeigt. Den Schuleignungstest hatte ich zu neunzig Prozent bestanden. Aber Harrow hat null Toleranz, wenn es um Drogen geht. Schließlich forderten sie eine Geldspende. Ich musste sogar ein Dokument unterschreiben, in dem ich schwor, nicht einmal auch nur an Drogen zu denken . Und hier bin ich.«
    Er zupfte einen Fussel von seiner Hose. Er war angewidert von sich selbst, weil er es nur auf diese Weise nach Harrow geschafft hatte, weil er eine so lausige Geschichte überhaupt erzählte, weil er sie hatte erzählen müssen .
    »Dazu brauchte es Mut«, sagte Persephone. »Hilfe für deinen Freund zu holen.«
    Andrew schnaubte. »Er ist trotz allem gestorben.«
    » Was? Dein Freund Daniel?«
    »Ja.« Andrews Stimme wurde brüchig. »Im Sommer. An einer Überdosis.«
    »O Gott, Andrew«, rief Persephone voller Mitgefühl und Entsetzen. »Hast du nicht gesagt, dass er in einer Klinik war?«
    »Das stimmt. Aber er nahm danach wieder Drogen.«
    »Dafür konntest du nichts.«
    Er gab keine Antwort.
    »Andrew, es ist nicht deine Schuld«, beharrte sie.
    »Ich weiß.«
    »Und, du warst mutig.«
    Er sah sie erstaunt an. » Das hat noch niemand gesagt.«
    »Jetzt schon. Du hast erkannt, dass deinem Freund der Tod drohte, und hast die Initiative ergriffen. Du hast deine Schulkarriere riskiert, um das Richtige zu tun.«
    Andrew grunzte und wechselte eilends das Thema. »Und was ist mit dir?«
    »Mit mir? Oh, ich bin nur ein Flittchen.«
    Er wollte nicht nur die letzten fünfzehn Minuten, sondern fünf Jahre von Persephones Leben zurückspulen und die Momente finden, in denen sie sich den falschen Leuten aus den falschen Gründen angeboten hatte, und Schicksal spielen. Fehlentscheidungen ungeschehen machen und den Schaden, den sie sich selbst zugefügt hatte, abwenden. Plötzlich verspürte er schmerzhaft den Drang, sie dazu zu bringen, sich selbst so zu sehen, wie er sie sah: klug, brillant, umwerfend schön. Aber er brachte lediglichein paar Worte, mit all der Warmherzigkeit, zu der er fähig war, zustande: »Nein, das bist du nicht.«
    »Doch.«
    Sie starrten sich an.
    »Ich würde dich zum Beispiel nicht abwehren, wenn du mich jetzt küssen würdest«, sagte sie.
    Andrews Herz pochte. Persephone hielt sich an dem Tisch hinter ihr fest, als würde sie sich an ein Sims an einem Gebäude klammern, um nicht abzustürzen. Andrew spürte, dass dies kein Theater war. Er war mit zwei Schritten bei ihr, zögerte einen Augenblick, dann küsste er sie behutsam. Die linke Hand legte er an ihren Hinterkopf und verschränkte die Finger der rechten mit ihren. Er drückte sich an sie. Dieses Mal bekam er alles, den Duft, ihre Körperwärme, die Rundungen ihres Bauchs und der Brüste; die Einsamkeit zerbröckelte zwischen ihnen. Sie waren hungrig. Sie küssten sich leidenschaftlicher. Ihre Zungen trafen sich. Gute zehn Minuten verschlangen sie sich gegenseitig, dann lösten sie sich keuchend und mit tauben Lippen voneinander.

10

Vorschlaghämmer
    Fawkes saß auf seiner Veranda unter einem Vordach, Schreibblock auf dem Schoß, Stift in der Hand. Regentropfen trommelten auf den Eisentisch, den der letzte Hauslehrer dagelassen hatte (Fawkes hatte ihn seinem Vorgänger abgekauft, weil er wusste, dass er zu faul oder zu beschäftigt sein würde, sich selbst um neue Verandamöbel zu kümmern), und spritzten auf seinen Block. Das Papier wellte sich, die Schrift verschwamm leicht. Aber Fawkes rührte sich nicht von der Stelle. Dieses Fleckchen war sein Refugium, trotz Regen. Es gab keine Fenster, aus denen man ihn hätte beobachten können. Hier konnte sich Fawkes mit Kaffee vollpumpen, rauchen und schreiben. Hier brachen sich alte Instinkte Bahn  – Gewohnheiten von dreißig Jahren. Er kehrte in ein Urstadium zurück; hörte den Rhythmus all der Literatur, die er in seinem Leben gelesen hatte: Eine ganze Reihe von Dichtern trommelten betonte und nicht betonte Silben in ein Schema. Der zweite Akt des Stückes ging flüssig voran – schneller, als er schreiben konnte. Seine Finger zitterten vor Aufregung – nicht, redete er sich ein, vom Gin, der seinen Blutkreislauf belebte. Er las das Geschriebene noch einmal. Es hatte eine Melodie. Es brauchte noch

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