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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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ihrer Abreise aus dem Land ihrer Sklaverei einem englischen Sklaven sowie einem Mauren ein Nagel durch den Kopf geschlagen wurde, weil sie einen Mord begangen hatten.«
    Aufgrund des großen öffentlichen Interesses und dank der Berichte über ihre Gefangenschaft fiel es den Heimkehrern nicht schwer, Spendenzu sammeln. Neben dem Geld, das der König und die in St. Paul’s versammelten Bürger gegeben hatten, spendete die Ostindien-Kompanie »150 Guineen für die befreiten britischen Gefangenen«. Der Bischof von London gab ihnen ebenso Geld wie mehrere Adlige aus der Hauptstadt, und es dauerte nicht lange, da hatte sich ein Betrag von 1400 Pfund angesammelt. »Sie konnten sich in das Gewand ihres Geburtslandes kleiden«, berichtete das London Journal, »und die meisten von ihnen haben mittlerweile eine Beschäftigung im Dienst des Königs oder der Kaufleute gefunden.« Mehreren Gefangenen »wurde in Anerkennung des großen Leids, das sie während ihrer Gefangenschaft erdulden mussten, das Kommando über Handelsschiffe übertragen«.
    Wenige Wochen nach ihrer Heimkehr waren alle ehemaligen Sklaven wieder von der öffentlichen Bildfläche verschwunden. Die Männer aus den amerikanischen Kolonien machten sich auf die Suche nach einem Schiff, das den Atlantik überqueren würde. Einige Engländer beschlossen, ihr Glück auf hoher See zu versuchen. Andere kehrten zu ihren Familien zurück. Nach mehreren Jahren in Gefangenschaft und dem gewaltigen Trubel um ihre Heimkehr wollten die ehemaligen Sklaven ihr Leben in aller Stille wieder aufbauen.

    Für Thomas Pellow war es ein schwerer Schlag, dass Stewart ihn nicht hatte befreien können. Obwohl er eine marokkanische Frau und eine Tochter hatte, war er dieses von ständigen Wirren erschütterten Landes überdrüssig und sehnte sich mehr denn je nach dem kleinen Fischerdorf Penryn zurück. Er hatte sogar heimlich Kontakt zu den wenigen englischen Kaufleuten aufgenommen, die immer noch Handel mit Salé trieben, fand jedoch, »obwohl er sich mit aller Kraft darum bemühte, keine Gelegenheit … zur Flucht«. Die Händler machten einträgliche Geschäfte mit den Korsaren – an die sie Schießpulver lieferten – und wollten diese Beziehungen nicht gefährden, indem sie Pellow zur Flucht verhalfen. Dieser gelangte zu dem Schluss, dass es besser sei, sein Vorhaben aufzugeben, anstatt »irgendwelche Dummheiten zu wagen«.
    Eine Flucht aus Mulai Ismails Reich war ein gefährliches Unterfangen. Über das ganze Land waren Spitzel verstreut, und die schwarze Garde hatte stets ein Auge auf die Bewegungen der Sklaven und Renegaten. Zusätzlich erschwert wurden Fluchtversuche dadurch, dass ein Flüchtiger, der aus Meknes entkam, noch einen Marsch von vier oderfünf Tagen bis zur Atlantikküste zurücklegen musste. Noch schlimmer war, dass Mulai Ismail zahlreiche christliche Enklaven erobert hatte, womit einem entlaufenen Sklaven kaum eine andere Wahl blieb, als sich nach Ceuta oder Masagan durchzuschlagen.
    In bestimmten Jahreszeiten und an einigen ausgewählten Tagen hatte ein Sklave in Meknes eine etwas bessere Chance, sich unbemerkt davonzustehlen. Pater Busnot hatte dazu geraten, zu den Tagundnachtgleichen aufzubrechen, »da die Mauren dann nicht im Feld liegen, weder Korn noch Frucht zu bewachen haben; und die große Hitze ist vorüber«. Germain Mouette bezeichnete den Freitag als besonders geeigneten Tag für eine Flucht, da viele Sklaventreiber und die gefürchtete schwarze Garde dann einen Großteil ihrer Zeit in der Moschee verbrachten. Es lag auf der Hand, dass man nur im Schutz der Dunkelheit entkommen konnte. Kein Sklave oder Renegat war kühn oder dumm genug, sein Leben mit einem Fluchtversuch bei Tag aufs Spiel zu setzen.
    Da der Marsch zur Atlantikküste lang und strapaziös war, musste ein Mann in den Monaten vor der Flucht Nahrungsreste horten. Auf der Flucht würde es unmöglich sein, Proviant zu beschaffen, und viele Flüchtlinge ernährten sich schließlich von Wildblumen, Raupen und unreifem Getreide. Ein noch größeres Problem als die Nahrung war das Wasser, denn man konnte aus Meknes unmöglich mehr als fünf bis zehn Liter mitnehmen. Es gab nur wenige Quellen und Wasserlöcher, die zudem weit voneinander entfernt waren, und jene Quellen, die nie versiegten, wurden von den Einheimischen genutzt. So beteten viele Sklaven vor dem Aufbruch um Regen, aber ihre Gebete wurden nur selten erhört.
    Doch gab es eine andere Möglichkeit: Der Flüchtling konnte sich die

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