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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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zusammengezogen.
    Beide Befehlshaber waren sich der Tatsache bewusst, dass sie sehr viel riskierten. Behielt Pellew die Oberhand, so würde dies das Ende des Handels mit europäischen Sklaven bedeuten. Setzte sich der Dei durch, so würden die Korsaren in den Barbareskenstaaten und Marokko erheblichen Auftrieb erhalten. Die 3000 Europäer, die immer noch in Nordafrika festgehalten wurden, würden bis an ihr Lebensende Sklaven bleiben, und die europäischen Handelsschiffe würden weiterhin bedroht bleiben.
    Die Schlacht begann mit einem Schuss, der aus einer unmittelbar hinter dem Strand stationierten Batterie abgefeuert wurde. Es ist ungeklärt, ob dieser Schuss versehentlich abgegeben wurde, aber Pellews Reaktion war verheerend. Seine Kapitäne kannten bereits das Signal zum Angriff: Nun stand er stolz an Deck seines Flaggschiffs, nahm seinen Hut ab, hielt ihn einen Augenblick lang hoch über seinen Kopf und ließ dann den Arm fallen. Ein gewaltiger Donner rollte durch die Bucht, als alle Schiffe gleichzeitig das Feuer eröffneten. Die
Queen Charlotte
krängte in Richtung des Hafens, als sie ihre erste Breitseite auf die Befestigungen der Stadt abgab. Die Zwölfpfünder am Haupt- und Fockmast wurden ebenfalls abgefeuert und ließen je 300 Musketenkugeln auf die Korsaren herabregnen. Während die Bevölkerung von Algier verzweifelt Schutz suchte, feuerten die Kanoniere von Pellews Flotte Breitseite aus Breitseite und legten Bastionen und Batterien in Schutt und Asche. Der amerikanische Konsul William Shaler schilderte die Zerstörungen, die der massive Beschuss anrichtete: »Die Wut einer solchen Kanonade kann nur verstehen, wer so etwas selbst gesehen hat. Trümmer und Steine fliegen über mein Haus hinweg und prasseln überall herab wie Hagelkörner.«
    Die Streitkräfte des Dei leisteten erbitterten Widerstand und feuerten ebenfalls aus allen Rohren auf Pellews Schiffe. Der Kommandantder
Impregnable
meldete 150 Ausfälle (Tote und Verwundete zusammengenommen), und die
Glasgow
wurde von Dutzenden Salven getroffen. Noch beunruhigender war die Genauigkeit, mit der Omars Scharfschützen trafen. Eine Gruppe von ihnen hielt sich auf der befestigten Mole versteckt, von wo aus sie die an ihren prachtvollen Uniformen leicht zu erkennenden Offiziere an Deck der britischen Schiffe aufs Korn nehmen konnten. Mehrere Scharfschützen konzentrierten ihr Feuer auf Pellew, da sie wussten, dass sein Tod einen schweren Rückschlag für die Angreifer bedeuten würde. Und tatsächlich durchschlugen zwei Musketenkugeln Pellews Kleidung, doch er blieb wie durch ein Wunder unverletzt. Ein dritter Schuss traf das Teleskop, das er unter dem linken Arm trug. Auf dem Höhepunkt der Schlacht verletzte ihn ein großer Holzsplitter am Kiefer, und ein Querschläger traf sein Bein.
    Je länger der Kampf dauerte, desto zuversichtlicher wurden die Soldaten des Dei. Sie fügten Pellews Flotte schwere Verluste zu und machten die Schiffe mit Treffern in Masten und Takelage manövrierunfähig. »Überall lagen Beine, Arme, Blut, Hirn und zerfetzte Körper verstreut«, schrieb Leutnant John Whinyates. »Man konnte sich kaum auf den Beinen halten, so rutschig und nass vom Blut waren die Decks.« Dennoch lehnte Pellew es ab, sich in Sicherheit zu bringen, denn er betrachtete es als seine heilige Pflicht, bis zum Tod zu kämpfen. Später schrieb er: »Der Ausgang war sehr ungewiss in diesem Kampf zwischen einer Handvoll Briten, die für die noble Sache der Christenheit kämpften, und einer Horde von Fanatikern.«
    Als sich die Abenddämmerung über Algier legte, begann sich das Blatt langsam zu wenden. Um 22.00 Uhr, die Briten hatten mittlerweile mehr als 50 000 Kanonenkugeln auf Algier herabregnen lassen, lagen die größten Befestigungsanlagen in Trümmern. Nun konnte sich Pellew der großen Korsarenflotte zuwenden, die im Hafen vor Anker lag. Er ließ die dicht gedrängten Schiffe mit Brandbomben und Granaten beschießen. Die Wirkung war verheerend. »Alle Schiffe im Hafen … standen in Flammen«, schrieb er, »und das Feuer griff rasch auf das Arsenal, die Lagerhäuser und Kanonenboote über. Dies war ein Spektakel von Ehrfurcht gebietender Größe, das keine Feder beschreiben kann.« Eine Stunde nach Mitternacht war der gesamte Hafen ein Flammenmeer, das rasch die angrenzenden Stadtteile verschlang.
    In der Morgendämmerung rieb sich Konsul Shaler ungläubig die Augen, als er das Ausmaß der Zerstörung sah. Große Teile von Algier, darunter auch sein

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