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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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schmutzigen Schiffen zusammengepfercht und mussten oft in einem Raum von den Ausmaßen eines Sargs überleben. Es gab weder Hygiene noch frische Nahrung, so dass sich an Bord die Ruhr und das Fieber ausbreiteten. Die Seeleute erzählten, man könne ein Sklavenschiff auf See aus einer Entfernung von einer Meile riechen.
    Die Berichte über den Sklavenhandel, der ungefähr 15 Millionen Afrikaner die Freiheit kostete, belasteten das Gewissen sehr weniger Engländer. Man hielt die Versklavung der Schwarzen für etwas ganz anderes als die Verschleppung von Männern und Frauen aus dem eigenen Land. Die meisten Leute sahen im Handel mit schwarzafrikanischen Sklaven sogar einen legitimen und sehr einträglichen Bestandteil des wachsenden englischen Außenhandels. Es verging noch mehr als ein Jahrhundert, bis erstmals Parallelen zwischen dem einen und dem anderen Geschäft gezogen wurden und die Frage erörtert wurde, ob es eine moralische Rechtfertigung für den Handel mit schwarzen Sklaven gebe.
    Die Haltung von König Karl I. unterschied sich nicht von der seiner Untertanen. Während ihn das Leid der schwarzafrikanischen Sklaven nicht berührte, verabscheute er den Handel mit weißen Sklaven undfreute sich sehr über William Rainsboroughs erfolgreiche Mission. Aber der Friedensvertrag, den der König mit dem marokkanischen Sultan unterzeichnet hatte, hatte keinen Bestand. Da Karl die englischen Kaufleute nicht davon abhielt, mit aufständischen Städten im maghrebinischen Königreich Geschäfte zu machen, kündigte der Sultan den Friedensvertrag nach wenigen Monaten. Auch die Korsaren von Salé fanden einen Grund, die Angriffe auf die englische Schifffahrt wieder aufzunehmen. Bis 1643 waren so viele Engländer verschleppt worden, dass das Parlament die Kirchen anweisen ließ, Spenden zu sammeln, um die Sklaven freizukaufen. »Daher halten es das Ober- und das Unterhaus für angebracht und ordnen an, in verschiedenen Kirchen in der Stadt London und Westminster sowie im Bezirk Southwark Kollekten durchzuführen.«
    Der Freikauf von Sklaven war ein kostspieliges Geschäft, denn die Märkte erstreckten sich entlang der gesamten nordafrikanischen Küste. In den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts waren mindestens 3000 englische Frauen und Männer in den Maghreb entführt worden, wo sie in »elender Gefangenschaft« darbten »und verschiedene unerträgliche Arbeiten« leisten mussten. So mussten sie beispielsweise als Ruderer auf Galeeren arbeiten, Karren und Mühlsteine ziehen und ähnliche »unchristliche Arbeiten« leisten, »die wiederzugeben empörend ist«.
    Besonders schlimm war die Lage im marokkanischen Salé und in den von den Osmanen beherrschten Städten Algier, Tunis und Tripolis. Diese drei Barbareskenstaaten unterstanden auf dem Papier dem osmanischen Sultan, aber die faktische Macht lag in den Händen örtlicher Admirale und Schiffskapitäne, die sich als Sklavenhändler betätigten. Sie verkauften ihre europäischen Gefangenen an Händler in der gesamten islamischen Welt. Der Anblick weißer Sklaven, mit denen ein reger Handel getrieben wurde, war bald nicht mehr auf bedeutende Städte wie Alexandria, Kairo und Istanbul beschränkt, sondern sie tauchten auch in kleineren Städten und Häfen auf. Einige von ihnen waren sogar auf der fernen arabischen Halbinsel gelandet. Bei einem Vorfall, der traurige Berühmtheit erlangt hatte, waren Sir Henry Middleton und seine Besatzung im Jahr 1610 im Hafen von Aden überwältigt und in Ketten ins Landesinnere nach Sanaa gebracht worden. Es war eine konzertierte Militäraktion erforderlich, um ihre Freilassung durchzusetzen.
    Im Jahr 1646 entsandte das englische Parlament einen Händler namens Edmund Cason nach Algier. Sein Auftrag lautete, möglichst viele englische Sklaven freizukaufen. Bei einer ersten Suche machte Cason 750 Engländer ausfindig; viele andere waren offenbar durch systematische Misshandlung »zu Türken gemacht worden«. Cason feilschte hartnäckig, musste schließlich jedoch einen durchschnittlichen Preis von 38 Pfund pro Sklaven bezahlen. Noch kostspieliger war die Befreiung weiblicher Gefangener. Cason zahlte 800 Pfund für Sarah Ripley aus London und 1100 Pfund für Alice Hayes aus Edinburgh, und Mary Bruster aus Youghal kostete die stolze Summe von 1392 Pfund – immerhin über das Sechzigfache des durchschnittlichen Lösegelds. Das waren gewaltige Beträge. Zum Vergleich: Ein normaler Ladenbesitzer in London verdiente ungefähr 10 Pfund im Jahr,

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