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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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christlichen Innereien gemischt«. Am Ende stand das Wort eines Mannes gegen das des anderen. Der Sultan war geneigt, seinem Botschafter Glauben zu schenken und ihm die Ketten abnehmen zu lassen; später gestand er, Kaid Haddu Ottur nur verschont zu haben, weil er erfahren hatte, dass König Karl II. zur Begrüßung den Hut vor ihm gezogen hatte. Doch das gesamte Gefolge des Gesandten wurde schuldig gesprochen, sich mit Prostituierten eingelassen zu haben. Man riss den Männern die Kleider vom Leib und »schnitt ihnen das Beweisstück ab«, wie es in einem englischen Bericht über den Zwischenfall heißt, »was sie in Zukunft von Hurerei abhalten sollte«.
    Der Botschafter zeigte sich nie für die Freundlichkeiten erkenntlich, die ihm in England zuteil geworden waren, und er tat nichts, um MulaiIsmail zur Freilassung der Sklaven zu bewegen. Thomas Phelps, einer der englischen Gefangenen in Meknes, schrieb: »Der Hund frisst wieder, was er gespien hat … und nutzt sein Wissen über die Angelegenheiten Englands nun zum Schaden und Ruin aller Untertanen des Königs.« Wann immer Muhammad ben Haddu Ottur an arbeitenden Sklaven vorüberging, »grüßte er sie mit einem teuflischen Fluch, der folgendermaßen lautete: Alli hazlebuck, das heißt, Gott möge deinen Vater rösten.«
    Auch Mulai Ismail hasste die Engländer so leidenschaftlich wie eh und je. Er fühlte sich nicht gebunden durch das, was sein Botschafter in England getan hatte – einschließlich der Vertragsverhandlungen – und weigerte sich, seine Unterschrift neben die des englischen Königs zu setzen. Er lehnte es ab, seine englischen Sklaven ziehen zu lassen, obwohl die Garnison von Tanger all ihre marokkanischen Gefangenen freigelassen hatte. Als die Engländer protestierten, verlangte der Sultan, sie sollten einen weiteren Botschafter nach Marokko schicken, um den Vertrag neu auszuhandeln.
    Karl II. ließ einen Brief an Mulai Ismail in arabischer Sprache aufsetzen, aber der Sultan zeigte sich beleidigt darüber, dass »der Ton nicht schmeichelnd und unterwürfig genug« war. Er antwortete mit einer scharfen Zurückweisung und teilte dem König mit, er werde nicht ruhen, »bis [er sich] vor Tanger niedergelassen und es mit Mauren gefüllt und mit Gottes Hilfe in [s]einen Besitz gebracht habe«. Bezüglich der ungeklärten Frage des Friedens zur See hätte er kaum kompromissloser sein können. »Wir sind nicht auf Frieden angewiesen«, schrieb er und fügte hinzu, die marokkanischen Korsaren würden der englischen Schifffahrt weiter zusetzen.
    Das Versprechen, Tanger mit Mauren zu füllen, löste der Sultan bald darauf ein, wenn auch nicht durch einen militärischen Sieg. Da der Friedensvertrag hinfällig war, verlor Karl II. das Interesse an seinem Außenposten im Maghreb. Statt noch mehr Geld in das kostspielige Experiment in Tanger zu stecken – der Versuch, den Raubzügen der Korsaren von dort aus Einhalt zu gebieten, hatte sich als Schlag ins Wasser erwiesen –, ordnete er an, die Stadt zu räumen und zu zerstören. Im Winter 1683 wurden der Hafen und die Befestigungsanlagen von Tanger – die zu gewaltigen Kosten errichtet worden waren – systematisch abgerissen. Im Februar des folgenden Jahres zogen die letzten englischen Truppen ab.
    Die Aufgabe Tangers hatte keine Auswirkungen auf die Haltung des Sultans gegenüber den Engländern und bewog ihn nicht dazu, auch nur einem Einzigen seiner Sklaven die Freiheit zu schenken. Im Jahr 1685 starb Karl II. Während der kurzen Regierungszeit seines Nachfolgers Jakob II. darbten hunderte englische Sklaven gemeinsam mit tausenden Franzosen, Spaniern, Portugiesen, Niederländern und Italienern in ihren unterirdischen Verliesen. Es wurde kein weiterer Versuch unternommen, ihre Freilassung zu erwirken, und erst im Jahr 1689 traf wieder eine Nachricht von ihnen in Europa ein, nachdem es dem Niederländer Jan Smit Heppendorp gelungen war, ein Verlies zu besuchen, in dem 400 englische und nordamerikanische Gefangene zusammengepfercht waren. Heppendorp schrieb an Wilhelm von Oranien, der kurz zuvor den englischen Thron bestiegen hatte, die Gefangenen befänden sich »in großem Elend und einer Knechtschaft, wie es sie in keinem anderen Teil der Welt gibt«.
    Diese Nachrichten belasteten das Gewissen Wilhelms III., der Gespräche mit den Marokkanern über die Freilassung der Sklaven gegen Lösegeld aufnahm. Fünf lange Jahre feilschte und verhandelte er mit dem Sultan, der jedoch ein stetig steigendes Lösegeld

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