Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
Vom Netzwerk:
Colleges teilnahmen. Hier ließ er sich zum ersten Mal seit seiner Ankunft in England ein wenig gehen. Er verspeiste so viele »eingelegte Aale, Störe und Lachse«, dass er sich am Ende »ein wenig indisponiert« fühlte und sich in der Unterkunftdes Leiters des King’s College niederlegen musste, um sich von dem Bankett zu erholen.
    Im Februar war der Gesandte des Sultans wieder in London und besuchte die Westminster Abbey, wo kurz zuvor der junge Henry Purcell zum Organisten ernannt worden war. Im April war Kaid Haddu Ottur in der Royal Society zu Gast, deren Präsident zu jener Zeit Sir Christopher Wren war. Der Gesandte wurde als Ehrenmitglied in die Gesellschaft aufgenommen und schrieb mit großem Vergnügen seinen Namen in arabischer Schrift in das Charter Book. Im folgenden Monat brach der Botschafter erneut zu einer Reise auf, die ihn nach Oxford führte. Er wurde im
Angel
untergebracht, wo er vom Vizekanzler und mehreren Ärzten besucht wurde, von denen einige Arabisch sprachen. Dr. Edward Pocock hielt eine Rede in Arabisch, »die ihn zum Lachen brachte«, was vermutlich an zahlreichen Fehlern lag.
    Der Gesandte Mulai Ismails nahm alle Gesprächspartner für sich ein und bewies ebenso großes Geschick, als er sich – nachdem er fast sechs Monate lang eine opulente Gastfreundschaft genossen hatte – endlich bereit erklärte, nun über die in Marokko festgehaltenen englischen Sklaven zu verhandeln. In der Hoffnung, den Grundstein für einen dauerhaften und günstigen Frieden zu legen, hatte sich König Karl alle Mühe gegeben, den maurischen Botschafter mit »mehr als gewöhnlicher« Gastfreundschaft zu erfreuen. Die Verhandlungen mit dem Gesandten Mulai Ismails fanden hinter verschlossenen Türen statt, und es wurden keine Einzelheiten des diplomatischen Ringens schriftlich festgehalten. Aber der Vertrag, der schließlich im März 1682 unterzeichnet wurde, bewies eindeutig, dass der König übervorteilt worden war. Sein zentrales Anliegen war die Freilassung der englischen Sklaven in Marokko gewesen. Zwar willigte Kaid ein, die Gefangenen zum Preis von jeweils 200 spanischen Dollars an die englische Krone zu verkaufen, aber er schränkte ein, diese Vereinbarung bedürfe der persönlichen Zustimmung des Sultans. Eine weitere englische Forderung hatte gelautet, den Raubzügen der Korsaren von Salé Einhalt zu gebieten, die weiterhin die Küste des West Country terrorisierten und Bewohner der Fischerdörfer verschleppten. Doch der von Karl II. unterzeichnete Vertrag »enthielt nichts über das Meer, denn der Botschafter erklärte seine völlige Unkenntnis aller Angelegenheiten, welche die See betrafen«. Auch durften die Marokkaner weiterhin englische Waffen kaufen – diese Bestimmung stieß in Londonauf einiges Befremden –, und England verpflichtete sich, 79 marokkanische Kriegsgefangene freizulassen, die in Tanger festgehalten wurden. Dieses Zugeständnis machte der König in dem Glauben, der Sultan werde im Gegenzug ähnlichen Großmut gegenüber seinen englischen, schottischen, walisischen und irischen Sklaven zeigen.
    Im September 1682 traf der marokkanische Botschafter wieder in der Heimat ein und wollte sich sofort an den Hof begeben, um Mulai Ismail von seinem Triumph zu berichten. Kurz vor seiner Ankunft in Meknes wurden er und sein Gefolge von zehn Angehörigen der schwarzen Garde des Sultans in Empfang genommen. Doch anstatt die Heimkehrer zu ihrem Erfolg zu beglückwünschen, »nahmen sie den Botschafter und seine Kameraden gefangen und legten sie unverzüglich in Ketten«. In Meknes angekommen, wurden sie dem Sultan vorgeführt, der seiner Wut über ihr Verhalten freien Lauf ließ. Wie Hamet Lucas berichtete, brüllte Mulai Ismail sie an, beschimpfte sie als Hunde und rügte sie für ihre übermäßige Freundlichkeit gegenüber ihren christlichen Gastgebern. Dann befahl er, den Botschafter »von Eseln zwölf Leugen über Steine und durch Dornbüsche schleifen zu lassen« (eine Leuge = 4 Kilometer).
    Es stellte sich bald heraus, was den Sultan derart erbost hatte: In der Hoffnung auf eine Beförderung hatte ein Gefolgsmann des Botschafters dem Sultan berichtet, Muhammad ben Haddu Ottur habe seine Zeit in England mit Zechgelagen und Huren verbracht. Der Botschafter hielt dem entgegen, er habe eine mustergültige Rechtschaffenheit gezeigt, fügte jedoch hinzu, andere Mitglieder seiner Delegation hätten sich tatsächlich der Hurerei schuldig gemacht und »heidnisches Schweinefleisch mit

Weitere Kostenlose Bücher