Weisses Gold
Kriegsschiffen zu unterscheiden war, die im Kanal kreuzten, verriet ihre Ladung, dass sie in friedlicher Mission unterwegs war. Im Dunkeln des Schiffsrumpfs lag in Jutesäcke und Holzkisten verpackt ein Sammelsurium kostbarer Spielzeuge für Mulai Ismail, darunter eine herrliche Spieluhr, die eine reizende Melodie spielte, Fayenceplatten, vier gläserne Kerzenhalter, drei Lüster, »ein großer Fruchtkorb« und ein exquisit verarbeiteter Sonnenschirm. Dazu kamen eine Auswahl eingelegter Früchte, exotische Gewürze wie Ingwer, Nelken und Muskatnuss sowie ein großes Sortiment an Porzellan. Jedes dieser Geschenke war mit größter Sorgfalt ausgesucht worden –man hatte sogar an einen riesigen Zuckerhut für den Sultan gedacht, der als Liebhaber von Süßigkeiten bekannt war.
In der dritten Oktoberwoche traf Stewart in Gibraltar ein. Er verlor keine Zeit, einen Brief an Pascha Hamet zu schicken, der von Tetuan aus über einen Großteil von Nordmarokko herrschte. »Ich nehme mir die Freiheit, eure Exzellenz von meiner Ankunft in diesen Gefilden zu unterrichten«, schrieb Stewart, »und ich habe umfassende Vollmacht, über einen Frieden zu verhandeln.« Sein Tonfall war höflich, aber entschlossen. Er sprach verhüllte Drohungen über ein militärisches Vorgehen gegen Mulai Ismail aus, versprach jedoch für den Fall, dass der Sultan einem Friedensabkommen zustimme, er werde sich »bereitwillig persönlich seiner Hoheit zu Füßen werfen«.
Pascha Hamets Antwort war ebenso charmant wie verblüffend. Er bekundete seinen »leidenschaftlichen Wunsch«, einen Waffenstillstand mit Stewart zu unterzeichnen (obwohl er keinerlei Gründe dafür nannte), und schickte innerhalb weniger Tage einen Vertragsentwurf. Darin war festgehalten, dass britische Schiffe und Seeleute »nicht angehalten, weggeführt, aufgebracht oder geplündert« werden sollten. Doch Pascha Hamet stellte die Bedingung, dass König Georg persönlich einen bindenden Vertrag unterzeichnen müsse. Es dauerte mehr als sechs Monate, die Unterschrift des Königs aus London zu beschaffen, und erst im Mai des folgenden Jahres – fast acht Monate nach seinem Aufbruch in London – konnte Stewart endlich mit dem unterzeichneten Abkommen in Tetuan an Land gehen. Er hatte die Hoffnung, dass es nun endlich gelingen werde, die britischen Sklaven zu befreien.
Seine Zuversicht wuchs, als er entdeckte, dass Pascha Hamet einen großartigen Empfang für ihn vorbereitet hatte. »Wir fanden eine ausreichende Zahl von Zelten vor, die man zu unserer Annehmlichkeit aufgestellt hatte«, berichtete John Windus, der Stewarts Gefolge angehörte. »Darunter war ein besonders schönes und großes, das der König aus Meknes geschickt hatte.« Pascha Hamet hatte seine Küchenchefs angewiesen, ein köstliches Festbankett für Stewart vorzubereiten. Die Diener trugen »Kuskus, Perlhühner und ein ganzes geröstetes Schaf auf, das an einem hölzernen Spieß hing, der so dick war wie das Bein eines Mannes«.
Der Pascha selbst traf am Nachmittag in Begleitung von 500 Reitern und Soldaten ein. Die Briten waren sehr beeindruckt von Hamets Ehrfurchtgebietendem Aussehen und Auftreten. »Seine Miene ist würdevoll und majestätisch«, schrieb Windus, »er hat eine römische Nase, gute Augen und ein schön geschnittenes Gesicht«. Seine Haut wirkte auf die blassen Besucher »ein wenig dunkel«, und Windus hatte den Eindruck, dass er »zur Fettleibigkeit« neigte, aber das war seiner »sehr männlichen Erscheinung« nicht abträglich.
Pascha Hamet war einer von Mulai Ismails wichtigsten Vertrauten und einer der wenigen, der Stewarts Reise zum Hof des Sultans möglich machen konnte. Nachdem er den Gesandten förmlich in Marokko begrüßt hatte, versprach er, »alles zu tun, was in seiner Macht stehe, um ihm seinen Aufenthalt im Land angenehm zu machen«. Mit einem listigen Lächeln fügte er hinzu, dass er »die Engländer mehr möge als jedes andere christliche Volk«. Man hätte es Stewart nachsehen können, hätte er die Frage gestellt, weshalb der Pascha dann so viele Engländer versklavt habe. Aber er wollte unbedingt eine Vertrauensbeziehung aufbauen und hielt seine Zunge im Zaum. Stattdessen gab er einige höfliche Plattitüden von sich, die der Pascha mit ähnlichen Liebenswürdigkeiten erwiderte.
Nach mehrtägigen Festlichkeiten lud Pascha Hamet den englischen Gesandten zu einem Abendessen in seinen neuen Garten ein. Stewart und Windus wollten unbedingt einmal einen maurischen Garten
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