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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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einem Schraubschüssel aufbekam.
    Er rieb sich mit dem Finger die Nase. Die Augen in seinem verzerrten Gesicht waren schwarz und lagen tief in den Höhlen.
    »Gefällt Ihnen wohl nicht so, der Geruch?« fragte er. Seine Stimme klang wie Luft, die aus Sand entweicht.
    »Bißchen stickig hier drin, Partner.«
    »Die haben Ihnen gesagt, daß ich auf den Boden gepinkelt hab’?«
    »Es wurde erwähnt.«
    »Haben die Ihnen auch gesagt, daß ich hier die ganze Zeit ans Bett festgekettet bin und nicht mal aufs Klo gehen darf?«
    »Ich werd’ sehen, was ich ausrichten kann.«
    »Ich kann nicht lauter sprechen. Kommen Sie näher.«
    Ich stellte einen Stuhl an sein Bett und setzte mich. Sein magensaurer Atem und der Geruch, der unter seiner Decke hervordrang, ließen mich schwer schlucken.
    »Da hat einer einen Mordauftrag erteilt«, sagte er.
    »Und wer soll dran glauben?«
    »Sind Sie so blöd?«
    »Vielleicht war es ein Unfall. So was kommt schon vor. Die Leute, die im Gefängnis kochen, können nicht gerade auf Erfahrung in Fünfsternerestaurants zurückblicken.«
    »Ich war lange genug im Kahn, Mann. Ich weiß, wie es ist, wenn man auf der Liste steht. Man kann’s richtig fühlen. Du merkst es an den Augen der Leute.«
    »Du bist ein Superstar, Joey. Um keinen Preis werden sie’s riskieren wollen, dich zu verlieren.«
    »Jetzt hören Sie mir mal gut zu. Gestern nachmittag kreuzt da so ein Kapo mit Wabbelarsch auf, ein richtiger Schwanzlutscher, der den Korridor ausfegt. Dann sieht er sich sehr vorsichtig um und kommt zu mir an die Zellentür und sagt: ›Hey, Joey, ich hab’ was für dich. Wenn du willst.‹
    Darauf ich: › Du willst was für mich haben? Was denn, Aids?‹
    Er: ›Na, so Scheiß, wo du vielleicht brauchen kannst.‹
    Ich sage: ›Schätzchen, die einzige Scheiße, die ich hier seh’, bist du.‹
    Da sagt er: ›Ich kann dir einen Stichel besorgend.
    Ich sage: ›Warum zum Teufel sollte ich mir von einem Schwanzlutscher wie dir einen Stichel besorgen lassen?‹
    Da sagt er: ›Hey, Mann, manchmal wollen einem in der Dusche ziemlich finstere Typen an die Wäsche.‹
    Ich sage: ›Wasch dir erst mal die Scheiße aus dem Mund, bevor du mit mir redest.‹
    Da sagt er noch: ›Ist zwar bloß ’n Stadtgefängnis, aber hier gibt’s ’n paar echt herbe Typen. Okay, du willst den Stichel nicht, du brauchst keinen Freund, okay. Dein Bier. Ich wollte dir nur behilflich sein.‹
    Und ich sage: ›Was für Typen?‹ Aber er haut schon ab. Ich ruf ihm nach: ›Komm sofort zurück, du kleine Schwuchtel‹, aber er schlägt gegen die Tür, damit ihn der Wärter rausläßt, und zeigt mir den Finger.«
    »Wie Sie schon sagten, Joey, das ist wahrscheinlich nur irgend so ein Arsch, der einen Job will, wenn er rauskommt. Was ist daran so Besonderes?«
    »Sie schnallen’s nicht. Ein Typ wie der würde sonst nie einem Mann wie mir den Finger geben. Da liegt was im Busch. Irgendwie hat sich da was geändert ...« Er deutete mit der Hand in eine unbestimmte Richtung, nach draußen ins Sonnenlicht vor dem Fenster. »Irgendwo da draußen. Ich steh’ auf der Abschußliste. Passen Sie auf, ich will ’ne Kochplatte und Essen aus Dosen.«
    Dann sah ich etwas in seinem Auge, was mir da zuvor noch nicht aufgefallen war. Es war in einem Augenwinkel, ein kleines Beben, ein feucht schimmerndes gelbes Licht, wie ein dünner vibrierender Faden oder ein Wurm bei der Nahrungsaufnahme.
    Er und seinesgleichen verbrachten ihr ganzes Leben damit, die große Angst in ihrem Inneren zu maskieren. Diese Angst war die Wurzel ihres großen Gehabes, der unstillbaren Gier nach Sex, der unberechenbaren Gewalttätigkeit und Grausamkeit, zu der sie fähig waren. Aber wenn man genügend Zeit mit solchen Gestalten zubrachte, trat fast unweigerlich der Fall ein, daß man es sah, sah, wie es aus ihnen heraussickerte wie eine klebrige Substanz aus einem toten Baum.
    »Ich muß Ihnen was gestehen, Joey«, sagte ich.
    »Sie müssen mir was ...« Er drehte den Kopf auf dem Kissen, um mich anzusehen.
    »Yeah, ich bin Ihnen gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen.«
    Er zog die Stirn in Falten.
    »Ich schätze, ich hab’ ein bißchen mit gezinkten Karten gespielt«, sagte ich. »Sie wollten doch, daß ich Weldon ausrichte, daß man auf keinen Fall nur Sie allein am Arsch kriegen würde. Das hab’ ich zwar getan, aber dann hab’ ich genau dasselbe auch Bobby Earl erzählt.«
    Er hob den Kopf ein paar Zentimeter vom Kissen.
    »Sie haben Earl ...« Sein Atem

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