Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Handgelenk, die sich von einem Baumstamm rollte und ins Wasser fallen ließ. In einem silbrigen V schwamm sie auf eine tote Biberratte zu, die in den Propeller eines Bootsmotors geraten war. Die Silhouette des Mannes bewegte sich am Fenster, und ich zog den Schlitten der .45er zurück und ließ ein Hohlspitzgeschoß in die Kammer gleiten. Dann ging ich schnell die schlammige Uferböschung hoch zur Hintertreppe. Ich hörte das Geräusch von Zugwaggons, die zusammengekoppelt werden, dann eine Lokomotive, die rückwärts auf der anderen Seite des Damms die Schienen entlangtuckerte.
Jetzt , dachte ich, und nahm die drei Stufen mit einem Satz. Ich stürmte in die Hütte, wo mich der Geruch von abgestandenem Schweiß fast umwarf. Stickig und muffig wie ein feuchter Baumwollhandschuh. Er hob den Kopf und sah von dem Comic-Heft auf, das auf seinen Knien lag. Ich zielte mit der .45er direkt in Eddy Raintrees Gesicht.
»Hände in den Nacken, flach auf den Fußboden! Los, los, los!« brüllte ich.
Weiße, entzündete Stellen sprenkelten die Haut um sein rechtes Auge. Ich schubste ihn vom Stuhl in einen Haufen alter Zeitungen, leerer Bierbüchsen und Fast-food-Kartons. Die Bretter des Fußbodens bogen sich unter seinem Gewicht. Ich drückte ihm die .45 hinters Ohr.
»Ganz runter das Gesicht, Eddy«, sagte ich und faßte nach den Handschellen hinten in meinem Gürtel.
Damit hätte die Sache erledigt sein müssen. Aber ich war nicht aufmerksam genug. Vielleicht waren die Alkoholikerträume oder die Schlaflosigkeit der vorangegangenen Nacht daran schuld, vielleicht aber auch der durchdringende Körpergeruch, der den Raum erfüllte und einem die Augen tränen ließ, oder das abrupte Klatschen, mit dem draußen in der Dunkelheit Güterwaggons gegeneinanderschlugen. In dem Bruchteil eines Augenblicks, in dem die Handschellen aus meinen Fingern rutschten und ich ganz kurz die Augen von seinem Hinterkopf nahm, fuhr er wieselflink herum, wie ein Tier, das sich in einem kleinen Käfig dreht, packte mit beiden Händen die .45er und biß so fest er konnte auf den Knöchel meines rechten Daumens.
Im Licht der Öllampe wirkten seine Augen eng beieinanderliegend wie die eines Schweins, das Kinn umspannt von knotigen Knorpeln, zitternd vor Anstrengung. Blut strömte mir über den Handrücken; ich spürte, wie seine Zähne mir bis auf den Knochen bissen. Ich schlug verzweifelt auf den dicken Nacken ein. Seine derbe, ölige Haut war wie Gummi unter meinen Knöcheln.
Ich war schon fast soweit, daß ich die Waffe fallen gelassen hätte, als er mir die Schulter in die Brust rammte und mit dem Kopf voran durch den Vorhang des vorderen Fensters hechtete.
Meine rechte Hand zitterte völlig unkontrolliert. Ich nahm die .45er in die Linke und verfolgte ihn durch die Tür. Er rannte am Damm entlang neben einem stehenden Güterzug, der bestimmt eine Meile lang sein mußte. Weißes Licht und Dunst lagen wie ein Heiligenschein über der Lokomotive, und vor ihr standen Gleisarbeiter, die im grellen Rotlicht von Signalleuchten etwas an den Schienen reparierten.
Die Marines hatten Eddy Raintree wohl mit einem Fußtritt aus ihren Reihen entfernt, bevor ein Ausbilder ihm beibringen konnte, daß man sich besser von Hügelkuppen und Deichkronen fernhält und niemals in einer geraden Linie rennt, wenn jemand sich über Kimme und Korn ein Bild von einem machen will.
Es war ein eigenartiges Gefühl, die .45er mit der Linken abzufeuern. Sie machte einen Satz in meiner Hand, als ob sie ein Eigenleben führte. Beide Kugeln prallten von der Flanke eines Flußboots ab, daß es pfiff und Funken schlug, und Eddy Raintree rannte weiter, den Kopf tief zwischen die Schultern gezogen. Ich kniete mich im Unkraut hin, zielte bewußt tief, um den Rückstoß einzukalkulieren, atmete langsam aus und drückte erneut ab. Sein rechtes Bein knickte weg, als hätte jemand mit einem Baseballschläger dagegengeschlagen, und er stürzte hinunter auf die Schienen auf der anderen Seite des Damms.
Als ich am Damm runterrutschte und ihn erreichte, hatte er eine Hand fest gegen den Oberschenkel gepreßt und versuchte, sich am Metalltritt am Ende eines Waggons hochzuziehen. Seine Hand glänzte feucht, und das Gesicht war bereits kreidebleich vom Wundschock. Aus dem Waggon drang ein süßlicher, übelriechender Geruch, und dann sah ich, daß die Wagenwände aus Brettern bestanden und im Inneren Käfige transportiert wurden.
»Setz dich, Eddy«, sagte ich.
Er atmete schwer durch den
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