Weißglut
kolossal.«
Beck sah, dass dieser gärende Streit zu nichts führen würde, und trat zwischen beide, um diplomatisch zu vermitteln. »Nimm meinen Pick-up«, sagte er zu Sayre. »Ich muss zu einer Besprechung mit Huff und Chris ins Werk, aber ich komme später nach. Wo finde ich dich dann?«
Als sie ihn ansah, erkannte er, dass die Diskussion über eine mögliche gemeinsame Zukunft, die Chris mit seinem Anruf unterbrochen hatte, im Grunde längst beendet war. In ihren Augen sah er Ernüchterung. Enttäuschung. Und definitiv Ekel. »In San Francisco.«
Sie trat an ihm vorbei und marschierte mit hartem Schritt über den Steg davon. Beck sah sie in seinen Pick-up klettern, in drei Zügen wenden und dann ohne einen Blick zurück davonfahren. Stehen zu bleiben und sie abfahren zu lassen, ohne etwas dagegen zu unternehmen, war das Schwerste, was er je getan hatte.
Wie gern wäre er ihr nachgelaufen, aber selbst wenn sie angehalten hätte, was reine Illusion war, hätte er nicht gewusst, was er noch hätte vorbringen können.
»Also, das war wirklich … äh, dramatisch«, meinte Chris ironisch. »Wenn du ein paar Minuten brauchst, um dich zu sammeln …«
»Halt den Mund, Chris.«
Mit einem erstickten Lachen zog Chris die Hose aus. Seine Boxershorts, bemerkte Beck, waren blutdurchtränkt. Nachdem Chris sie abgestreift hatte, drehte er den Wasserhahn auf und wusch sich gründlich mit Seife, die Haare eingeschlossen.
Als er fertig war, strich er das Wasser von der Haut ab und schüttelte es aus seinen Haaren, ehe er sich wieder anzog, allerdings ohne die Unterhose. Gemeinsam gingen sie zu seinem Auto und fuhren los in Richtung Gießerei. Als sie beinahe angekommen waren, fiel Chris auf, wie Beck behutsam den Schnitt an seiner Wange betastete.
»Es hätte schlimmer kommen können«, bemerkte Chris. »Denk nur an Clark Daly.«
»Das habe ich.«
Die stille und bis auf die Wachmänner menschenleere Gießerei zu betreten war ein fast surreales Erlebnis. Sie fuhren hoch zu den Büros. Alle waren leer, Huffs eingeschlossen.
»Er muss irgendwo unterwegs angehalten haben«, sagte Chris. »Wir sollten hier auf ihn warten. Ich brauche einen Drink. Willst du auch einen?«
»Es ist zehn Uhr am Morgen.«
»Aber was für ein Morgen!«
Während Chris sich einen Drink einschenkte, trat Beck ans Fenster und blickte hinunter in die Werkhalle. Die behördliche Inspektion würde am Montag beginnen. Bis dahin war das Gebäude leer und still. Aber auch nachdem die Öfen ausgeschaltet waren, wirkte es immer noch dunkel, immer noch schmutzig, immer noch heiß.
Was machte Sayre in diesem Moment? War sie jetzt im Motel, um zu packen und ihren Rückflug nach Kalifornien zu organisieren? Würde er sie je wiedersehen?
Chris nahm sein volles Glas mit zum Sofa. Er plumpste in die Polster, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. »Das waren vielleicht zwei verrückte Wochen, was?«
»Zwei verrückte Wochen. Irgendwie passend, dass sie an einem Sonntag in der Angelhütte begannen und endeten.«
»Vielleicht hatte Watkins genau das im Sinn.«
»Ich glaube nicht, dass er im Sinn hatte, ein Messer in den Bauch zu bekommen.«
»Nein, aber dafür wollte er eines in meinen rammen.« Nach kurzem Schweigen fragte Chris: »Hat Sayre die Nacht bei dir verbracht?«
»Ja.«
»Verhütungsmittel habt ihr ja keine gebraucht.«
Beck drehte sich um und sah ihn scharf an.
»Huff hat es mir erzählt. Er sagte, Sayre hätte irgendeine Frauengeschichte und sei deshalb steril. Damit ist sein Plan, dass du sie heiratest und ihm einen Enkel zeugst, geplatzt.«
»Sie hätte mich sowieso nicht gewollt.« Beck durchquerte den Raum und lehnte sich an die Schreibtischkante, weil er zu aufgewühlt war, um sich hinzusetzen.
»Zu blöd, dass das nicht hingehauen hat. Es wäre praktisch gewesen, einen Anwalt in der Familie zu haben. Andererseits bin ich froh, dass Huffs Plan ein Rohrkrepierer war. Willst du ein Geständnis hören, Beck?«
Chris leerte seinen Whisky in einem Zug und stellte das Glas auf dem Couchtisch ab. »In letzter Zeit war ich fast eifersüchtig auf dich. Im Ernst«, sagte er, als er Becks Erstaunen bemerkte. »Auf dich hört Huff immer, selbst wenn er auf niemanden sonst hört. Er hat dir mehr Macht eingeräumt als irgendwem sonst außerhalb unserer Familie. Wenn du jetzt noch mit meiner Schwester sein erstes Enkelkind gezeugt hättest, hätte mir das nicht gefallen.«
Chris’ verbindliches Lächeln strahlte wie eh und je, aber
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