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Weit im Norden - Theroux, M: Weit im Norden - Far North

Weit im Norden - Theroux, M: Weit im Norden - Far North

Titel: Weit im Norden - Theroux, M: Weit im Norden - Far North Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Theroux
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Nachhall seines Gewissens. Wütend wischte er es beiseite. »Ich sage nicht, dass es mir gefällt, aber ich tue es, und ich gehe heim, und meine Frau und meine Kinder werden nichts davon erfahren. Ich tue es, damit sie es nicht tun müssen. Es ist keine Wahl zwischen Gut und Böse – es ist eine Wahl zwischen dem, was ist, und dem, was sein könnte. Schlau dazustehen fällt leicht, Gutes zu tun schon schwerer. Man kann nur in der Welt leben, die man vorfindet. Dass diese Gefangenen hier zu essen haben, ist mein Verdienst. Und über dem Meer gibt es Städte, die mir ihre Zukunft verdanken.« Das schien sein Gewissen zufriedenzustellen. Ich erinnerte mich an seine plötzlichen Stimmungsumschwünge früher. Jetzt legte er die Stirn in Falten und wurde nachdenklich. »Man fragt
sich: Wohin geht die Zeit? Es kommt einem vor, als ob man auf einmal alt wäre, und die Jahre verstreichen immer weiter. Ohne Gnade. Ich kann nicht so tun, als ob unsere Welt der von früher das Wasser reichen könnte. Wir leben in einfachen Verhältnissen – lass dich von den Flugzeugen nicht täuschen. Es gibt vieles, was wir vergessen haben. Vieles, was wir nicht besitzen. Vieles, was wir nicht herstellen können. Unsere Siedlereltern hatten es leicht, ich dagegen versuche, etwas aus dem Chaos zu machen, das sie uns hinterlassen haben. Weißt du, es ist eine schreckliche Verantwortung, sich um die Zukunft zu kümmern. Wer auf der Welt hätte gedacht, dass sie mir zufällt?«
    »Nicht so bescheiden«, sagte ich. »Ich könnte mir keinen Besseren denken. Diese Welt trägt überall deine Handschrift.«
    Bislang hatte ich ihm schweigend zugehört. Diese alte Geschichte zwischen uns war mir egal. Ich wusste, dass Tausenden Menschen Schlimmeres widerfahren war.
    Callard aber war nicht dumm. Er konnte den Hass in meiner Stimme hören. »Ich habe dir nie ein Haar gekrümmt, Makepeace«, sagte er. »Ich habe einige schlimme Dinge getan – ich bin der Erste, der das zugibt. Aber an dieser Sache bin ich unschuldig.« Er fixierte mich mit seinen leeren Augen. »Ich war es
nicht. Ich werfe dir aber nicht vor, dass du mir nicht glaubst, denn die Wahrheit ist hässlicher, als du dir vorstellen kannst.«
    Auf einmal schmerzte mein Körper von all den Strapazen, die ich ihm zugemutet hatte, und ich wünschte, ich hätte etwas Stärkeres zu trinken als diese Suppe.
    »Erinnerst du dich an Rudi Velazquez?«, fragte Callard. »Vor etwa fünf Jahren tauchte er in Alaska auf und kam zu mir in mein Büro. Ich hatte ewig nichts mehr von ihm gehört, aber ich erkannte seinen Namen wieder und ließ ihn herein. Wir tauschten ein paar Höflichkeiten aus – dies und jenes, wie geht es dem und dem, man kennt das ja –, aber ich bin ein vielbeschäftigter Mann, also fragte ich ihn, weshalb er mich sehen wollte. Er erzählte mir, dass er krank sei. Mir war das schon klar geworden, als ich seine Stimme gehört hatte. Sie war dünn wie Papier, und seine Hand zu schütteln, war, wie eine Handvoll Stöcke zu halten. Nun trifft es sich, dass ich einen guten Arzt in Barrow kenne, und ich war froh, dass es nur das war, denn im Allgemeinen kommen die Leute zu mir, weil sie sich Geld von mir leihen wollen oder auf der Suche nach Arbeit sind. Ich sagte ihm, ich helfe ihm gerne, und wollte ihn gerade rausbringen lassen, als er sagte, deshalb sei er nicht hier und er wolle sich mit mir unter vier Augen unterhalten.
Nun, das ist etwas, was ich selten mache. Ich bin immer noch ziemlich schnell und würde es in einer Schlägerei mit jedem aufnehmen, aber ohne mein Augenlicht bin ich im Nachteil. Ich muss meine Geschäfte vorsichtig führen. Also ließ ich ihn noch einmal filzen und schickte dann meine Leibwächter aus dem Zimmer. Wir schwiegen uns eine Weile an. Ich sagte ihm, meine Zeit sei kostbar, und schließlich platzte er damit heraus. Sagte, er wolle, dass ich ihm vergebe. Sagte, ich hätte die Schuld für etwas auf mich genommen, das er getan habe. Ich erwiderte, er solle sich nichts dabei denken, die Vergangenheit laste ohnehin nie schwer auf meinen Schultern, und davon abgesehen könne ich mir nicht vorstellen, dass er etwas so Schlimmes getan habe, dass es sein Gewissen belaste.«
    Ich wusste es besser, hielt aber meinen Mund.
    »Nun, Rudi sagte, dass ihm diese Sache keine Ruhe lasse. Er wolle unbedingt, dass ich alle Einzelheiten erfahre, und ob ich ihm vergeben könne oder nicht, läge dann bei mir. Und dann sagte er, er sei es gewesen, der in jener Nacht ins Hatfield-Haus

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