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Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Wälterlin
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in handliche Teile zerlegt, komplett mit dem Rest des Baumaterials in genau drei Monaten auf unser Land liefern. Das Material für ein ganzes Haus, komplett mit Klo und Bad und 180 000 Backsteinen, alles auf drei Lastwagen. Jetzt müssen wir nur noch jemanden finden, der es zusammenbaut. »Nehmt Bob«, sagt Shaun. »Der Mann ist gut, sein Aussehen täuscht.«
    Als ich Bob zum ersten Mal sehe, habe ich den Eindruck, er könne einen Piraten spielen im Film »Fluch der Karibik«. Eine wilde, blondgraue Mähne, ein leichter Buckel, Fluppe im Mund und auf einem Auge blind. Einzig der Papagei auf der Schulter fehlt. Dafür hat Bob einen kleinen Hund, Molly. Sie sieht aus wie ein geplatztes Sofakissen. Molly weicht nicht von seiner Seite.
    »Okay, wie soll das Haus stehen?«, murmelt Bob. Ohne auf die Antwort zu warten, holt er ein Maßband aus der Werkzeugkiste seines Kleinlasters und schreitet den Platz ab. Nach wenigen Minuten gibt er Anweisungen: »Hier musst du einen Meter in den Berg reingraben. Da unten musst du zehn Zentimeter ausflachen.« Der Mann ist ein Experte. »Ich mache das jetzt schon 30 Jahre«, sagt Bob, »ich weiß, wie es geht.« Handschlag, Bob hat den Auftrag. Wir sind die Bauherren, tragen die Verantwortung, wir beschaffen die notwendigen Bewilligungen von der Gemeindeverwaltung, Bob macht die Arbeit. Wir sagen ihm, er solle sich jene spezialisierten Handwerker suchen, die er kenne, denen er vertraue: Elektriker, Klempner, Maurer. Wie immer in solchen Situationen ist eine persönliche Empfehlung zehnmal mehr wert als jeder Berufsausweis. Wir haben jedenfalls keinen Zweifel, dass Bob seinen Job gut machen wird. Molly trottet neben ihm her, als er mit vier Holzpflöcken und einer Schnur markiert, wo unser Haus stehen soll. »Hier ist das Schlafzimmer, hier ist die Küche, hier ist das Bad«, sage ich zu Christine. Sie weiß nicht, ob sie lachen oder weinen soll. Wir denken zurück. Dieser Tag damals, als wir zum ersten Mal auf das Grundstück kamen. Liebe auf den ersten Blick. Erst ein kleiner Wohnwagen, dann ein großer. Dann das Shed. Jetzt das Haus. »That’s it«, sagt Christine, »ich glaube, für uns gibt es kein Zurück mehr.«
    Einmal mehr kann sie meine Gedanken lesen.
    Gemessen an den Problemen, die andere Leute mit dem Bau ihres Hauses haben, genießen wir geradezu paradiesische Zustände. Bob bringt seinen gleichnamigen Kumpel mit. Bob und Bob sind harte Arbeiter. Aber Bobs Warnung war berechtigt: »Das Haus kaufen ist das eine. Dass ich es baue, das andere. Dazu werden aber noch unzählige andere Kosten kommen, viele unerwartet. Leg mal besser noch etwas Geld zur Seite.« Hier mal schnell ein paar Tausender, weil der Bagger doch etwas länger baggern muss, als geplant war. Da noch ein paar hundert Dollar für eine Schachtel Schrauben. Ja, Schrauben. Die waren nämlich nicht Bestandteil des »Haus-Pakets«, das uns der nette Shaun verkauft hatte. Immer dann, wenn ich es am wenigsten erwarte oder wenn ich gerade unter höchstem Zeitdruck bin, um einen Artikel fertigzuschreiben, kommt Bob wieder mit dem Hinweis, er benötige eine besondere Art von Schraube. »Kannst du sie mir bitte schnell holen?« Schnell? Das bedeutet in unserem Fall 15 Kilometer Fahrt nach Greentown, dann zum Schraubenladen – jawohl, den gibt’s – und dann wieder 15 Kilometer zurück. Ein, zwei Stunden gehen dafür jedes Mal drauf. Ich hatte keine Ahnung, was für verschiedene Schrauben es gibt. Inzwischen bin ich Spezialist. Schrauben für dicken Stahl, Schrauben für dünnen Stahl, Zinkschrauben, sogar Schrauben, die sich das Loch in der Wand gleich selbst bohren. Mike, der junge Mann im Schraubenladen, immer in sauber gebügeltem weißen Hemd und mit schnurgeradem Seitenscheitel, erzählt mir alles, was ich über Schrauben wissen muss – und noch viel mehr. Als eines Tages Bob selbst Schrauben holen geht – auf meine Rechnung natürlich –, kehrt er fast ein wenig verstört zurück. Mike habe ihn harsch zurechtgewiesen, nachdem er beiläufig »Jesus« gesagt habe, erzählt mir Bob – im Sinne von »Jesus, ist das teuer!«. »Nehmen Sie den Namen des Sohnes unseres Herrn und Erlösers nicht so in den Mund«, habe ihn Mike belehrt. Erst jetzt wird mir klar, dass Mike ein Mitglied der Sekte der »Brüder« ist, der »Bretheren«. Ultrakonservativ, ultraanständig – Seitenscheitel und weißes Hemd sind Vorschrift –, aber ohne Verständnis jeglichem liberalen Denken und Verhalten gegenüber.

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