Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)
ein paar Dutzend Meter unter der Erdoberfläche, an anderen Orten liegt die Reserve Hunderte Meter tief. Das Becken soll 65 000 Kubikkilometer Wasser halten. Das entspricht 130 000 Mal der Größe des Hafens von Sydney, der als der größte Naturhafen der Welt gilt.
Die Aborigines nutzten natürliche Quellen, aus denen artesisches Wasser dringt, seit Jahrtausenden als Orte, an denen sie auch in Dürrezeiten überleben konnten. Mit der weißen Besiedelung des Kontinents begannen Menschen, dieses Vorkommen anzubohren und zum Bewässern von Ackerland und zum Tränken von Rindern und Schafen zu nutzen. Die großen Viehtriebe, die noch bis vor ein paar Jahrzehnten durchs Land zogen, folgten einer Reihe von sogenannten »Bores« – Tiefbrunnen. Der Birdsville-Track etwa, eine der ikonischen Viehtreiberrouten im Land, der von der südlichen Grenze des Bundesstaates Queensland nach Südaustralien führt. An einigen Stellen schießt das Wasser kochend heiß an die Oberfläche, an anderen ist es salzig oder voller Mineralien. Es schmeckt nach Eisen. Trotzdem kann das Wasser genutzt werden. Nichts freut den müden Reisenden in der Einsamkeit der australischen Wüste so wie der unerwartete Anblick einer rostigen Röhre, aus der jede Minute Tausende von Litern Wasser schießen. Obwohl sich der Großteil des Körpers des Artesischen Beckens eher im Nordosten des Landes befindet, profitieren Landwirtschaft und Industrie auch im Süden des Kontinents von seinen unterirdischen Auslegern.
Wir stehen auf einem kleinen Hügel, als sich die beiden Drähte in Svens Fäusten bewegen. Sie schlagen nach außen aus. »Hier ist was«, murmelt er. Er scheint uns längst vergessen zu haben. »Nicht gut«, sagt er, »zu schwach.« Und geht langsam weiter. Er spaziert entlang einer Linie, die, wenn man genau hinschaut, wie eine Art flaches Bachbett aussieht. Nur ohne Wasser eben. Zweihundert Meter weiter, etwa auf halbem Weg zu unserem Wombat Creek, schlagen Svens Drähte plötzlich heftig aus. Er geht zehn Meter nach links, dann nach rechts. Dann kommt er wieder zurück. »Hier«, sagt er und kratzt mit der Spitze seines schweren Lederstiefels ein Kreuz in den Boden. »Hier musst du bohren. Macht 100 Dollar.«
Ich gebe ihm das Geld, und ich bleibe skeptisch.
Zwei Tage später, als ich in meiner kleinen Büroecke im Shed die Zeitung durchblättere, trifft mich beinahe der Schlag. Die Greentown Post hat meinen Vortrag abgedruckt, Wort für Wort, eine ganze Zeitungsseite. Ich habe keine Ahnung, weshalb. Offenbar habe ich Emma-Kate beeindruckt. Oder es ist sonst nichts los im Dorf diese Woche. Ich mache mich auf eine Welle von bösen Leserbriefen gefasst. In jeder Ausgabe hat die Post Zuschriften von Klimawandelleugnern, die ihre absurden Ideen als Weisheit verbreiten und jeden, der andere Argumente bringt, als Grüntee schlürfenden Kommunisten denunzieren.
Dabei bin ich doch alles andere als ein Träumer, sondern ein Freund von Fakten, von Forschung und kritischem Hinterfragen. Vor allem, wenn es um mein Land geht. Obwohl der Wünschelrutengänger Sven einen kompetenten Eindruck gemacht hat, traue ich der Sache nicht. Ich lasse John Taylor kommen, einen Bore-Experten mit 30 Jahren Erfahrung in der Suche nach Wasser. Eine Röhre in den Boden zu drehen, Dutzende von Metern tief, kostet viel Geld. Da ist man besser sicher, dass man am Ende auch etwas findet.
John ist mir empfohlen worden, wie bisher jeder Handwerker, jeder Spezialist, der seinen Fuß auf unser Grundstück gesetzt hat. Der Experte hat einen ganz anderen Zugang zum Problem als Sven. John schaut auf die Geologie unseres Grundstücks, um herauszufinden, ob es darunter Wasser gibt und wo. Erhebungen, Senkungen, Hügel, Aufschüttungen und vor allem Steine. Alle paar Meter bückt er sich, hebt einen Steinbrocken auf und untersucht ihn. Er dreht ihn, wendet ihn, riecht dran, sucht mit einer kleinen Lupe nach bestimmten Mineralien. »Dein Grundstück ist ein erloschener Vulkan«, sagt er. Das ist ja beruhigend.
Auch John wandert stundenlang auf unserem Land herum, mit Mick und mir im Schlepptau. Auch John spricht kaum. Aber er hat eindeutig einen wissenschaftlichen Zugang zur Wassersuche. »Die Geologie eines Grundstücks ist für mich wie ein offenes Buch«, sagt er. »Man muss es nur lesen können.«
Nach drei Stunden bleibt er plötzlich stehen. »Hier«, sagt er und lässt einen Stein auf den Boden fallen. »Hier müssen wir bohren.« Ich bin sprachlos. Wir stehen genau an
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