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Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Wälterlin
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David und ich entschieden uns, dass der »Oh-wie-süß«-Faktor Christines Widerstand brechen würde, und kauften Susi, ein schwarz-weißes Minischwein. Als wir sie nach Hause brachten, war Christine wie erwartet nicht begeistert. Das änderte sich, als wir Susi auspackten und sie Christine mit ihrem kleinen Schnäuzchen angrunzte. Seither ist Susi, wie Max, ein Mitglied der Familie und Davids bester Kumpel. Wann immer er Zeit hat, holt er sie aus ihrem großen Gehege, das wir ihr gebaut haben, und spielt mit ihr. Ein »Miniaturschwein« ist Susi allerdings nicht. Schon nach drei Monaten war sie größer als ein Pitbull-Terrier. Wann immer wir draußen sind, läuft auch Susi frei herum. Und sie hat dabei nur eines im Kopf: Fressen. Auch heute. Susi schleicht sich von hinten an und schnappt sich die halbvolle Schachtel Kekse, die auf dem Kaffeetisch liegt. In gestrecktem Galopp rennt sie davon. Ich hatte keine Ahnung, dass Schweine so schnell laufen können.
    Nach Jahren auf immer enger werdendem Raum in unserem Shed sitzen Christine und ich auf der Veranda unseres neuen Hauses, trinken Kaffee und essen Kekse. Bob und Bob haben unser Heim in Rekordzeit fertiggebaut. Es hat uns ein Drittel mehr gekostet als geplant. Völlig normal, sagt inzwischen jeder Bauherr, den wir treffen. In unserem Fall ist die Hälfte der zusätzlichen Dollars wohl für Schrauben draufgegangen. Doch die Investition hat sich gelohnt. Das Haus ist um einiges besser konstruiert als das australische Durchschnittsheim. Die Veranda, die Bob ohne Plan praktisch von Hand gebaut hatte, nur mit Hammer, Schraubenzieher und Säge, ist ein Meisterstück der Zimmermannskunst. Warnungen bezüglich minderwertiger Qualität und mangelnder Zuverlässigkeit australischer Handwerker haben sich in unserem Fall nicht bewahrheitet. Bob hat sich um keinen Millimeter vertan. Nicht schlecht für einen Mann, der nur ein Auge hat.
    Ich denke an meine Reportage zurück, damals, als ich über die Monsterhäuser berichtete, die sich Australier gerne bauen. Nun haben wir selbst ein Haus mit fünf Zimmern, gebaut im klassischen australischen »Farmhausstil« – langgezogen und mit einer drei Meter breiten Veranda. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied zu den meisten »Project Homes« in Suburbia: Unser Haus ist komplett isoliert. Im Dach, in den Wänden, wo es eben geht. Dank der Solaranlage stellen wir auch fast allen Strom, den wir verbrauchen, selbst her. Wir sind zwar keineswegs »kohlenstoffneutral«, aber ich kann mein schlechtes Gewissen wenigstens etwas beruhigen.
    Selbstverständlich brauchen wir kein so großes Haus. Niemand, außer vielleicht eine Großfamilie mit drei Generationen unter einem Dach, braucht so ein großes Haus. Trotzdem haben wir uns richtig entschieden. Fast jeden Monat beherbergen wir Besucher aus Europa, die bei uns ein paar Nächte wohnen wollen. Wir mögen Gäste. Die Jungs kommen in Kontakt mit Vertretern anderer Kulturen, mit anderem Denken. Das ist eine wichtige und willkommene Ergänzung zum doch sehr introvertierten Leben, das man in einer australischen Kleinstadt in der Regel führt, in Australien überhaupt.
    Christine und ich beobachten von der Veranda aus, wie in hundert Metern Entfernung unsere beiden »Woofer« im Gras Steine zusammenlesen. Lisa und Agatha sind zwei neunzehnjährige Mädchen aus Norddeutschland. Sie werden die Steine später benutzen, um mit mir hinter dem Haus eine Mauer zu bauen. Auch ein paar Gartenbeete haben wir geplant.
    Vor ein paar Jahren haben wir das Programm entdeckt: »Willing Workers on Organic Farms« heißt es, oder kurz »Woof«. Reisende, die für ein paar Tage, Wochen oder sogar Monate auf Farmen leben. »Woofer« arbeiten zwischen vier und sechs Stunden pro Tag und erhalten dafür Unterkunft und Verpflegung. Das System ist simpel: Ein Reisender, der nach Australien kommt, meldet sich bei der Organisation an, bezahlt eine kleine Gebühr und erhält dafür ein Buch mit der Beschreibung Hunderter von Mitgliederfarmen im ganzen Land. Eine kurze Mail an uns genügt, und sie erhalten die Einladung oder eine Absage, falls wir gerade keinen Bedarf haben.
    »Woofing« ist ein Gewinn für alle Beteiligten: Die Reisenden erleben das »echte« Leben in Australien, fernab der Touristenrouten. Und die Gastgeber haben Hilfe bei der Arbeit. Vor allem aber lernen sie Menschen kennen, mit denen sie sonst wohl kaum je in Kontakt kommen würden. Überraschungen gibt es immer mal wieder. Denn wir wissen ja

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