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Weit weg ... nach Hause

Titel: Weit weg ... nach Hause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Turnier. Mit dem Kino, das können wir nachholen.«
    »Ja, klar! Machen wir! Willst du meinen selbst gebackenen Schokoladenkuchen probieren?« Plötzlich redet Luisa wie aufgezogen
     und beginnt in einem enormen Tempo den Kuchen anzuschneiden und die Servietten von den Tellern zu nehmen.
    »Also, ein Glas Saft nehme ich gern, aber vor dem Training kann ich nichts essen, sonst sind meine Leistungen gleich null.«
    »Okay! Dann pack ich jetzt mal dein Geschenk aus.« Härter kann es doch nicht mehr kommen.Luisa knotet das Bändchen auf. Eine CD, welche Überraschung!
    »Ich hoffe, sie gefällt dir«, bemerkt Nathalie. »Die hatte ich doppelt.«
    Wollte sie das hören? Überflüssige Information. Luisa betrachtet das Cover: Bravo-Hits 2000.   Das hört kein Mensch mehr. Bevor sie sich aus Höflichkeit bedanken kann, steht Nathalie auf, trinkt einen letzten Schluck,
     zieht ihre Jacke an und gibt Luisa die Hand.
    Um Luisas Blick auszuweichen, schaut Nathalie auf den überladenen Geburtstagstisch mit den unberührten Kuchen und den brennenden
     Kerzen.
    Luisa versucht, ganz normal zu sprechen, aber die Stimme kratzt in ihrem Hals.
    »Ist schon okay!«, sagt sie. »Training ist wichtig. Das weiß ich selber. Danke für das Geschenk.«
    Mit den versöhnlich klingenden Worten begleitet Luisa die Schulkameradin angestrengt zur Wohnungstür. Nathalie verschwindet
     im Regen. Dann läuft Luisa in ihr Zimmer, die Tür fällt ins Schloss und sie dreht zweimal den Schlüssel herum. So schnell
     wie die Tränen aus ihren Augen schießen, so schnell kann sie sich gar nicht auf das Bett werfen. Und ihr Kissen an sich drücken,
     um das Schluchzen zu ersticken.

Alarmstufe Dunkelorange!
    Luisa wacht am nächsten Morgen auf und fühlt sich elend. Bauchschmerzen! Zusammengekrümmt liegt sie unter ihrem Daunenbett,
     ihre Augen brennen. Sie kann unmöglich in die Schule gehen. Keinem der Mädchen möchte sie heute begegnen, auch nicht Nathalie.
     Vielleicht ist sie nur aus Mitleid gekommen! Oder weil sie Klassensprecherin ist? Luisas Bauch wird bei dem Gedanken an den
     Geburtstag steinhart: Sie will kein Mitleid. Von niemandem, auch nicht von Nathalie.
    Der Kloß in ihrem Hals schwillt merklich an und sie dreht das Gesicht zur Wand. Gerade als die Tränen wieder in die Augen
     schießen, reißt ihre Mutter die Tür auf. Eine kalte Brise weht ins Zimmer.
    »Luisa, bitte, nicht jeden Morgen das Stressprogramm!«, sagt sie mit einem genervten Unterton.
    Luisa dreht langsam den Kopf. In diesem Moment nähert sich Katja bereits fertig angezogen mit energischem Schritt, um ihr
     das Oberbett wegzuziehen.
    »Nein!«, schreit Luisa entsetzt, »mir ist schlecht. Ich kann nicht aufstehen!«
    Katja stöhnt auf: »Auch das noch! Mir bleibt nichts erspart. Ich habe doch heute ein wirklich wichtiges Casting. Die Oberschwester
     in der Vorabendserie.«
    »Dann kannst du ja an mir mal kurz üben!«, lächelt Luisa müde.
    Katja verzieht keine Miene, sie findet das nicht witzig und betrachtet ernst die Tochter: »Ich mach dir einen Kamillentee.
     Ist Zwieback okay? Und kannst du alleine bleiben?«
    Luisa nickt nur schwach. Eigentlich ist sie froh, wenn die Mutter die Tür von außen schließt.
    Kurze Zeit später bringt Katja Zwieback und Tee, streichelt Luisa nachlässig über den Kopf und verschwindet wieder. Die Absätze
     klackern auf den Terrazzofliesen. Es ist wie immer, denkt Luisa, ob ich krank bin oder gesund, Katja ist ständig mit den Gedanken
     bei wichtigen Produktionen und berühmten Leuten und an solchen Tagen weiter entfernt als der Mond. Wenn doch bloß Thomasda wäre. Sie würde so gern mit ihrem Vater sprechen. Vielleicht würde er ihr wie früher eine Geschichte vorlesen. Außerdem
     muss sie mit Thomas unbedingt über die Klassenfahrt reden: Sie kann nicht mitfahren, nicht nach dieser üblen Geburtstagsnummer.
    Seitdem Oma Adele tot ist und Mamas Schwester, Freya, nicht mehr anruft, bleibt Thomas als einziger Erwachsener übrig, den
     man mal um Rat fragen kann. Luisa findet, dass man
einen
Erwachsenen braucht, zu dem man Vertrauen hat.
    Sie drückt das rosa Kuschelkissen auf ihren Bauch, hört auf die Geräusche in der Wohnung. In der Küche rattert die Espressomaschine,
     ein Flummi hüpft über den Boden. Gleich werden sie weg sein, ihre Mutter und ihr Bruder. Luisa liegt ganz still: Ein Unterteller
     scheppert, wieder die Stöckelschuhe im Flur, Katja steckt hektisch den Kopf durch die Tür: »Tschüss, meine Kleine, bleib im
    

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