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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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Räume, getränkt mit den Erinnerungen an die Familie, an ihre Großmutter, an Liebe, Tod und Freude. Es schien so viel mehr Zeit vergangen zu sein als die wenigen Wochen, seit sie zuletzt hier gewesen war, seit sie Anthony das letzte Mal gesehen, ihr Heimatland verlassen, einen neuen Bruder gefunden und wieder verloren hatte. Und jetzt lag ihr Großvater im Krankenhaus. Er war fast siebenundachtzig, und sie bezweifelte, dass er wieder ganz gesund werden würde.
    In ihrem Zimmer begrüßte sie der alte Packkisten-Schreibtisch mit den Baumwollgriffen. Das Holz wies zwar einen großen Riss quer über die Platte auf, war aber ansonsten in bemerkenswert gutem Zustand. Die rechte Kante war glatt von den Armbewegungen beim Schreiben. Die hellblaue Farbe war beinahe verblichen, aber die kleinen Schubladen oben auf dem Schreibtisch ließen sich noch öffnen, und die beiden großen Schubläden darunter voller Briefe, Fotos, getrockneter Blumen, Steine; kostbare Erinnerungen an das Leben vor dem Tod ihres Bruders. Es war ein alter Schreibtisch, ziemlich hässlich und unhandlich. Früher einmal hatte ihn ihr Urgroßvater Hamish benutzt, dann ihr Großvater, und als ihre Eltern aus West Wangallon weggezogen waren, hatte sie Anspruch darauf erhoben. Wo war jetzt die Familie, an die sie ihn weitergeben konnte?
    Der Wind ließ nach, und auch der Staub der Dürre legte sich. Sarah brauchte kein Tageslicht, um die zerfallende Welt zu sehen, die sie erwartete: gebrochene Dämme, festgebackener Schlamm, zum Skelett abgemagerte Tiere. Ob es dunkel war oder hell, der endlose Kampf ums Überleben umgab sie und ihr Heim. Doch der Unfall ihres Großvaters ging über das erträgliche Maß hinaus und traf sie mitten ins Herz.
    Als Anthony sie fand, saß sie auf der Bettkante. Er klopfte an ihre Tür, stellte ihren Koffer ins Zimmer und vergewisserte sich, dass die Verandatüren fest verschlossen waren.
    » Morgen fangen wir mit dem Scheren an.«
    » Alles unter Kontrolle?« Die Sätze kamen automatisch aus ihrem Mund. Warum konnte sie ihm nicht sagen, wie verzweifelt traurig und besorgt sie war? Er lehnte schwer am Türrahmen, eine Hand in der Tasche seiner Jeans. Seine braun gebrannten Unterarme wirkten noch dunkler gegen die hochgeschobenen Ärmel seines cremefarbenen Pullovers.
    » Dein Vater war letzte Woche hier, dann ist er wieder an die Küste zurückgefahren. Er versucht, Sue in so einer Art Hospiz unterzubringen, und hofft, bis Samstag wieder hier sein zu können. Na gut, ich lasse dich jetzt schlafen.« Sarah saß immer noch auf der Bettkante und rührte sich nicht. » Dein Großvater hat mich als Familienmitglied behandelt. Ich habe nicht damit gerechnet, aber es war so, und es hat mir viel bedeutet.« Er zögerte. » Ich wollte dir nur sagen, wie dankbar ich dafür bin.«
    » Ich weiß.«
    Nun, wenigstens hörte sie zu. » Brauchst du noch etwas?«
    » Nein, danke.« Sie musste unbedingt etwas sagen. » Anthony?«
    » Ja?«
    » Danke für alles.«
    Er lächelte.
    Sarah überlegte, wie sie das Gespräch ausdehnen könnte.
    » Ich, äh, ich wollte dir sagen, dass ich Angus mit zweimonatiger Frist gekündigt habe. Das war kurz vor dem Unfall, aber jetzt bleibe ich natürlich, bis er wieder auf den Beinen ist und ich Ersatz gefunden habe.«
    » Warum hast du das denn gemacht?« Sarah erhob sich mühsam. » Ich dachte, du bist gerne hier.« Sie trat einen Schritt auf ihn zu. » Ich weiß, dass alles ein bisschen schwierig war, und dass wir Probleme miteinander hatten, aber…« Sarah überlegte krampfhaft, wie sie ihren Satz formulieren sollte. » Das Geschäftliche kommt immer an erster Stelle«, schloss sie lahm.
    Anthony blickte sie an und dachte daran, dass sie Angus Gordons Enkelin war. » Es ist nie ums Geschäft gegangen, Sarah, das ist mir jetzt klar. Wangallon packt dich. Es geht dir ins Blut, und du wirst es nicht mehr los. Na klar liebe ich die Farm, natürlich möchte ich hierbleiben, aber die Dinge haben sich für mich geändert. Im Grunde hat Angus mir den Unterschied zwischen dem richtigen und dem falschen Weg, sein Leben zu leben, gezeigt, und ich möchte letztendlich lieber Freunde als Feinde haben.«
    » Aber du kannst nicht gehen, Anthony.«
    » Niemand ist unersetzlich, Sarah.« Er wandte sich zum Gehen. » Wir sehen uns dann morgen früh im Schuppen.«
    » Anthony?«
    Er schloss leise die Tür hinter sich.
    Sarah starrte auf die geschlossene Tür. Was sollte sie nur tun, wenn Angus nicht überlebte und Anthony

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