Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)
die ihrerseits ihren Vater kopierten.
Der Mann mit dem Schnurrbart rauchte eine sehr lange, dunkle Zigarette und sagte mit ruhiger Stimme, sie seien von Melbourne nach Sydney gereist, wo sie Fracht für London überprüft und alle Vorbereitungen für den Wollversand von Wangallon getroffen hätten. Luke schnüffelte. Der Rauch der Zigarette roch nach zerstoßenen Blütenblättern.
Der jüngere der beiden Afghanen reichte seinem Vater einen Umschlag.
» Ich freue mich, Ihnen in dieser Angelegenheit zu Diensten sein zu können, Mr Hamish.«
Luke sah, dass sich die dunkelblauen Augen seines Vaters leicht weiteten, bevor der cremefarbene Umschlag in der Brusttasche seines Jacketts verschwand und sich bedankte.
Der jüngere Mann grinste. Luke gefielen sein glatt rasiertes Gesicht und seine hellere Haut. Er wollte aufpassen, dass er sich in seiner Gegenwart anständig benahm, zumal der Besucher seinem Vater anscheinend eine Freude gemacht hatte.
Auch Rose bemerkte den Austausch des Umschlags und murmelte ärgerlich vor sich hin. Über ihre Geschäfte konnten sie doch sicher auch drinnen sprechen, dazu mussten sie nicht draußen in der Sonne stehen. Die Gäste wollten drei Wochen bleiben, und in drei Wochen war noch Zeit genug für Geschäfte. Aber immer noch unterhielten sich die Männer an der Kutsche. Rose straffte ihre Schultern, ging langsam auf der Veranda auf und ab und stellte sich dann an die Haustür. Ein großer, dunkelhäutiger Mann führte seine Leute zur Veranda. Sie gingen gebeugt unter der Last der Truhen und der drei Packkisten. Die Männer sahen rau und wild aus, sie waren sehr dunkelhäutig und wirkten schmutzig. Sie brachten einen Geruch nach Schweiß und fremden Düften mit. Rose trat einen Schritt zurück und drückte ihr Taschentuch an Nase und Mund, als die Gepäckstücke keine zwei Meter von ihr entfernt abgestellt wurden. Als sie wieder alleine auf der Veranda war, beobachtete sie, wie ihr Mann dem Aufseher Anweisungen gab, woraufhin die Männer des Afghanen den Hof der Farm verließen und zu den neu errichteten Hütten gingen. Gelangweilt und müde wartete Rose noch ein paar Minuten, dann zog sie sich ins Haus zurück.
Abdul und sein Bruder bezauberten ihre Gastgeber vom ersten Moment an. Ihr Englisch hatte zwar einen schweren Akzent, aber es war dank eines englischen Priesters fehlerfrei, und sie kleideten und benahmen sie wie englische Adelige. Bald schon musste Mrs Cudlow ihren anfänglichen Eindruck revidieren. Vielleicht, so erklärte sie Rose ein paar Tage nach ihrer Ankunft, waren sie ja gar keine Heiden, sondern einfach nur reiche Kaufleute. Ja, natürlich Afghanen, aber nicht die geldgierigen, schmutzigen Männer, die sie erwartet hatte. Das sah man schon an ihren Händen, meinte sie: Sie hatten die weichen, gepflegten Hände von Männern, die an körperliche Arbeit nicht gewohnt waren. Und sie war auch dankbar für ihre Geschenke. In den Packkisten befanden sich kleine Gefäße mit eingelegten Zitronen und Orangen, Karotten und Kohl, Trockenfleisch und exotische Genüsse wie getrocknete Pflaumen und Feigen.
Wenn sie an dem großen Eichenesstisch saßen und im Kamin ein Feuer brannte, um die Kälte des Winters zu bannen, waren sie wirklich ganz annehmbar. Beide Brüder trugen feine Anzüge mit gestärkten weißen Hemden unter eleganten Westen mit doppelten goldenen Uhrketten. Der ältere, Abdul, hatte einen buschigen Schnurrbart, der seine mandelförmigen Augen, seine dichten Augenbrauen und sein dunkles Gesicht noch betonte. Abdullah jedoch war hellhäutiger, glatt rasiert, mit großen, hellen Augen und vollen Lippen. Rose fand, er sei der exotischste Mann, den sie je gesehen hätte. Sogar sein Turban passte zu ihm.
» Sehen Sie, Mrs Gordon, es gibt sicher Menschen, die lieber Geschäfte mit Ihresgleichen machen würden. Unsere Transportgesellschaft jedoch bietet die zuverlässigsten und kostengünstigsten Dienste, wie Ihr Mann sicher bestätigen wird.« Abdul plauderte äußerst liebenswürdig, benutzte Messer und Gabel auf die wohlerzogenste Art, nahm beim Essen nie die Hände zu Hilfe und schien überhaupt sehr intelligent zu sein.
» In der Tat.« Hamish nickte. » Kosten und Zuverlässigkeit sind für uns Landbesitzer in den entlegeneren Gegenden ungeheuer wichtig. Abdul hat bei meinem letzten Besuch in Sydney viele Männer im Klub überzeugt.«
» Und unsere Gesellschaft«, erwiderte der jüngere Bruder ernst und verneigte sich in Hamishs Richtung, » dankt Ihnen, dass
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