Weites Land der Träume
unterwegs nach Walgett und fliege eine viersitzige Cessna Skylane. Vermutliche Ankunftszeit in zwanzig Minuten, derzeitige Position sechzig Kilometer südwestlich von Walgett. Ich habe einen Passagier an Bord, der dringend ärztliche Hilfe braucht. Wir haben starken Wind und Probleme mit dem Motor. Erbitte Rettungsteam und Krankenwagen bei Landung. Ende.« Zunehmend bestürzt lauschte sie dem Knistern, das, unterbrochen von lautem Knattern, aus ihren Kopfhörern drang.
»Flugplatz Walgett, Flugplatz Walgett, hier spricht X-Ray Delta X-Ray. Das ist ein Notruf. Notfall! Notfall!« Weiterhin nichts als Knistern. Immer noch hustete und keuchte der Motor. Und dabei hatte sie bei Landung und Start jedes Mal alles vorschriftsgemäß überprüft. Ihr blieb nichts anderes übrig, als weiter in die Dämmerung hineinzufliegen und entgegen aller Wahrscheinlichkeit zu hoffen, um eine Notlandung herumzukommen. Immer wieder gingen ihr die Worte ihres Fluglehrers im Kopf herum: »Fliege, navigiere, kommuniziere. Und wenn das Letzte nicht klappt, musst du dich eben mit den ersten beiden begnügen.«
Ihr Herz machte vor Freude einen Satz, als sie im Funk Bens Stimme hörte.
»Alice, Alice, hier spricht Ben. Ich habe deinen Funkspruch aufgefangen und werde dem Tower in Walgett sagen, dass du kommst.«
Alice konnte die Tränen der Erleichterung nicht unterdrücken. »Ben, Gott sei Dank!«, überschrie sie das Knistern. Ihre Gefühle drohten, sie zu übermannen. »Oh, Ben, ich habe Robert hier im Flugzeug. Er ist schwer verletzt.« Der Empfang war sehr schlecht. Alices Unterlippe zitterte. »Richte dem Tower in Walgett aus, dass ich ein Rettungsteam und einen Krankenwagen brauche.«
Ben saß im Auto und hatte Mühe, Alice zu verstehen. Wegen des Gewitters war der Empfang katastrophal. Zum Glück ließ der Platzregen noch auf sich warten, aber der Wind frischte zunehmend auf.
»Ich funke den Tower in Walgett an, Alice. Der Empfang ist miserabel. Wiederhole deine Position und die voraussichtliche Ankunftszeit.« Er kannte die Bestimmungen für den Funkverkehr in Notfällen ebenso gut wie Alice, denn er hatte mit ihr gebüffelt, als sie für ihren Pilotenschein gelernt hatte.
»… Kilometer südwestlich der Bundaberg Farm. Voraussichtliche Ankunftszeit …«
»Wiederhole deine Position.« Der Funkkontakt brach ab. Ein lauter Donnerknall ließ Ben zusammenzucken. Mit wild klopfendem Herzen drehte er am Funkgerät herum, aber vergeblich. Allerdings hatte er verstanden, dass es Probleme mit dem Motor gab. »Jetzt denk vernünftig nach«, sagte er laut, um sich zu beruhigen. »Wenn sie die Bundaberg Farm erwähnt, muss sie etwa eine halbe Flugstunde von Walgett entfernt sein.« Wieder versuchte er, sie anzufunken, aber er bekam keine Verbindung. Laut fluchend ließ er den Motor an und raste so schnell er konnte über die buschige Ebene nach Billabrin. Inzwischen zerrte der Wind an den kleineren Bäumen. Der Wagen schlingerte über die steinige Piste, und Ben musste immer wieder großen Felsstücken ausweichen. Da das Gelände bretteben war, hielt nichts die zu Knäueln zusammengeballten dünnen Gräser auf, die der Wind vor sich hertrieb.
Als Ben an Alices liebster Windmühle vorbeikam, hörte er plötzlich einen lauten Knall, und der Wagen kippte leicht zur Seite. Ben stoppte das Fahrzeug, stieg aus und stellte fest, dass der rechte Vorderreifen geplatzt war. Verzweifelt raufte er sich die Haare.
»Das hat mir gerade noch gefehlt, verdammt!« Ben versetzte dem Reifen einen Tritt, knallte die Wagentür zu und rannte so schnell er konnte nach Hause, wo er, mit hochrotem Gesicht und nach Luft schnappend, zum Telefon griff. Die Leitung war tot. Offenbar hatte der Sturm die Masten umgerissen. Das geschah häufig bei Unwettern, und wenn sein Telefon nicht funktionierte, ging es dem Rest von Billabrin vermutlich genauso. Was sollte er jetzt tun? Als er an Alice dachte, die sich schutzlos in der Luft befand, wäre er beinahe in Panik geraten. Da hörte er ein verängstigtes Wiehern. Sherry! Natürlich! Er schnappte sich einen Apfel und Zaumzeug, rannte aus dem Haus über die Weide und rief Sherry mit einem Pfiff zu sich. Der Wind verwehte zwar das Geräusch, doch das Tier hatte ihn bemerkt. Ben hielt der verängstigten Stute den Apfel hin und ging langsam auf sie zu. Aber das Pferd warf den Kopf zurück und musterte ihn nervös und mit angelegten Ohren. Als er Sherry erreichte, wäre sie beinahe davongelaufen, doch dann überlegte sie es
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