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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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doch nicht etwa verkuppeln!«, entsetzte sich Alice.
    »Ich? Wie kannst du mir so etwas unterstellen?« Die Mädchen fingen wieder einmal an, einander freundschaftlich zu necken. Die Wangen von der Kälte gerötet, liefen sie zurück zum Haus, um Tee zu trinken.
    Als Alice wieder in London war, stürzte sie sich gleich mit Feuereifer in ihre Arbeit bei Professor Dixson. Bei jedem winzigen Schritt des Experiments teilte sie Begeisterung und Enttäuschung mit ihm, als er sich bemühte, den Blutzuckerspiegel der Versuchstiere zu kontrollieren. Die Zeit verging wie im Fluge. Bald würde es Juni sein, der Monat, für den Alice Bea ihre Rückkehr angekündigt hatte, und dann würde sie in einem Flugzeug nach Australien sitzen. Immer wieder sagte sie sich, dass es schön sein würde, wieder nach Hause zu kommen. Ihren Schmerz verdrängte sie. Schließlich hatte sie eine Menge Pläne. Mit einer Empfehlung von Professor Dixson konnte sie in jedem beliebigen Labor eine Stelle bekommen. Und endlich würde sie sich wieder eine dauerhafte Sonnenbräune zulegen können. Tief in ihrem Herzen war sie jedoch unsicher, ob sie schon bereit war, nach Hause zu fliegen.
    An einem späten Abend Ende April stattete Alice Harry einen Besuch in ihrer Wohnung in South Kensington ab. Sie war erschöpft, aber guter Dinge. Gerade hatte sie erfahren, dass Professor Dixson bei einem großen Medizinerkongress an der Universität Cambridge zwei Vorträge halten sollte, und er hatte darauf bestanden, dass sie ihn begleitete.
    »So eine tolle Nachricht musste ich dir persönlich überbringen«, verkündete Alice. Müde von der Spätschicht, lümmelte sie sich auf dem großen geblümten Sofa. Harry wurde ganz aufgeregt.
    »Hast du gerade Cambridge gesagt, Känga? Das ist genau der Vorwand, den ich brauche. Ich habe mich im letzten Monat förmlich kaputtgeschuftet und einen kleinen Urlaub verdient. Wir können uns so richtig amüsieren.«
    »Wirklich?«, fragte Alice, die für jeden verrückten Vorschlag von Harry aufgeschlossen war.
    »Ich nehme mir das Wochenende frei. Und wenn du dich für einen Abend von deinem Kongress loseisen kannst, trommle ich ein paar Freunde in Cambridge zusammen und wir ziehen mit dir durch die Kneipen. Was hältst du vom King’s Run? Sieben oder acht Pubs in einer Straße. Ich habe es einmal versucht, aber nach dem vierten habe ich den Überblick verloren.« Mit einem lauten Lachen ließ sich sich wieder aufs Sofa fallen und suchte zwischen den Polstern, Kuchenkrümeln und alten Zeitschriften nach ihrem Telefonverzeichnis. Nachdem sie es durchgeblättert hatte, ratterte sie ein paar Namen herunter und grinste Alice spitzbübisch zu. »Vielleicht triffst du dann endlich den Mann deiner Träume. Wer weiß. Cambridge. Frühling. Die Osterglocken am Flussufer. Romantik.« Sie seufzte auf.
    »Wehe«, gab Alice mit einem gefährlichen Glitzern in den Augen zurück. »Ende Juni sitze ich in einer Qantas-Maschine nach Hause. Alles ist schon gebucht.«
    »Das Leben schlägt manchmal seltsame Kapriolen«, meinte Harry sinnierend.
    »Vergiss es, Harry«, entgegnete Alice mit Nachdruck. Sie lächelte ihrer Freundin zu und hob die Kaffeetasse. »Trinken wir auf ein tolles Wochenende in Cambridge.«
    An einem milden Maiabend um kurz vor sieben schlenderten Alice und Harry durch eine der schmalen Seitenstraßen hinter dem Trinity College in Cambridge, als plötzlich drei Gestalten, die in ihren flatternden schwarzen Gewändern aussahen wie überlebensgroße Fledermäuse, auf Fahrrädern auf sie zugesaust kamen. Zu spät erkannten die drei Radfahrer, dass der Platz nicht zum Vorbeifahren reichte. Einer trat auf die Bremse und blieb ruckartig stehen. Alice und Harry schrien gleichzeitig und wussten nicht, in welche Richtung sie ausweichen sollten, als die zweite Gestalt an ihnen vorbeischlingerte. Das dritte Ungeheuer bremste kräftig, aber vergeblich, und geriet bei seinen Versuchen, nicht mit den Mädchen zusammenzustoßen, heftig ins Trudeln. Als er bemerkte, dass ihm nichts anderes übrig blieb, um eine Kollision mit Alice zu vermeiden, wendete er sein Rad und landete an der Mauer, wo er umkippte, sodass sein Gefährt aufs Pflaster fiel.
    »Teddy!«, schrie Harry auf, stürzte sich auf den Unglücksraben und gab ihm einen schmatzenden Kuss. Der Mann schwankte unter ihrem Ansturm.
    »Harry! Was zum Teufel machst du denn hier?«, rief er aus. Nachdem er sich so würdevoll wie möglich aufgerappelt hatte, ordnete er seinen Talar und löste

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