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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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gehüllten Kurven gleiten. Noch nie zuvor war er so erregt gewesen und hatte gleichzeitig ein so schlechtes Gewissen gehabt. Er sah ihr wieder ins Gesicht. Tiefe Trauer stand in ihren Augen. Was bildete er sich eigentlich ein? Sie war mit seinem Bruder verheiratet. Doch es konnte ja nicht schaden, sie im Arm zu halten. Die Frau sehnte sich nach Liebe, und dieser Idiot nahm ihre Existenz kaum zur Kenntnis. Ian betätigte den Lichtschalter, sodass nur noch der Schein des Feuers den Raum erhellte. Dann nahm er Katie mit klopfendem Herzen in die Arme. Sie spürte sein Zögern. Der Durst nach Rache pulsierte aufregend durch ihre Adern, während sie es genoss, seinen Körper an ihrem zu spüren, und dabei die flackernden Schatten an der Wand beobachtete. Sie würde ihn reizen bis zum Äußersten, sodass er sein Verlangen nicht mehr würde beherrschen können. Dann würde er sie anflehen, sich ihm hinzugeben …

Kapitel einundzwanzig
    Alice trug eine alte Pepitahose aus Wolle und dazu einen roten Pulli mit Polokragen. Sie saß im gemütlichen Wohnzimmer von Mill House auf dem Sofa und summte leise ein australisches Volkslied vor sich hin. Unter den Augen hatte sie dunkle Ringe, und aus ihrem Gesicht sprach Besorgnis. Vicky lag in ihren Armen. Ihre langen blonden Wimpern berührten engelsgleiche Wangen, die noch immer vom Fieber gerötet waren. Zum ersten Mal seit Stunden schien ihr Atem wieder ruhiger zu gehen. Als Alice sah, dass ihre dreijährige Tochter endlich schlief, sank sie vorsichtig zurück in die Chintzpolster. Auf dem antiken Mahagonitisch stand eine Tasse mit kaltem Kaffee neben einer Flasche Hustensaft und einem Löffel. Alice zog Vickys Flanellnachthemd hinunter und wickelte die Decke fester um sie beide. Vickys Lider flatterten, und das kleine Mädchen seufzte leise auf. Alice erschauderte leicht und überlegte, ob sie die Vorhänge zuziehen und noch ein Scheit ins ersterbende Kaminfeuer hinter dem Kaminschirm aus Messing legen sollte. Aber sie wagte noch nicht, sich zu bewegen.
    Sie ließ den Kopf gegen die Sofalehne sinken und musterte die niedrige weiße Decke mit den schwarzen Holzbalken, bevor sie die Augen schloss. Es war der Abend eines bitterkalten Tages. In den frühen Morgenstunden war Vicky wieder von einem heftigen Hustenanfall geweckt worden, der ihren kleinen Körper erschüttert hatte. Monica hatte Alice versichert, sie brauche sich keine Sorgen zu machen. Die Medikamente würden den Infekt vertreiben, und den Rest könne man getrost der Natur überlassen. Vicky, so beteuerte sie, sei ein gesundes kleines Mädchen, doch es zerriss Alice das Herz, mit ansehen zu müssen, wie ihre Tochter bis zur Erschöpfung hustete. Es war schon die dritte Erkrankung in kurzer Zeit. Allerdings war ihnen diesmal wenigstens der schreckliche Keuchhusten erspart geblieben.
    »Arme kleine Ruh«, flüsterte sie liebevoll. Vicky war gleich nach ihrer Geburt »Ruh« genannt worden, und zwar wegen Alices Spitznamen und ihrer Liebe zu dem Kinderbuchklassiker Pu der Bär von A.A. Milne. Inzwischen waren Alices eigene Abwehrkräfte durch den ständigen Schlafmangel während der letzten beiden Monate ebenfalls geschwächt, und zu allem Überfluss war das dänische Aupair-Mädchen an diesem Vormittag einfach ohne Vorwarnung gegangen. Alice verzog das Gesicht. Sie war schon die Dritte gewesen. Offenbar waren wirklich aller guten Dinge drei. Doch Teddy bestand auf einem Kindermädchen, obwohl das bis jetzt nur zu Schwierigkeiten geführt hatte. Vielleicht fehlte ihr ja das richtige Händchen bei der Auswahl oder das nötige Verständnis. In Wahrheit jedoch wollte Alice gar kein Kindermädchen und fand sich nur damit ab, weil Teddy darauf beharrte. Schließlich hatte Tante Bea ja auch sechs Kinder ohne fremde Hilfe großgezogen. Plötzlich wurde Alice von Heimweh ergriffen. Tränen brannten hinter ihren geschlossenen Lidern, und eine davon rann ihr die Wange hinunter. Rasch wischte sie sie weg, um Vicky nicht zu stören.
    Die Großvateruhr in der Vorhalle schlug sechs. Müde dachte Alice ans Abendessen. Heute hätte sie sich tatsächlich ein wenig Unterstützung gewünscht. Vorsichtig nahm sie Vicky auf die Arme und trug sie in ihr Zimmer. Nachdem sie sie in ihr Bettchen gelegt hatte, vergewisserte sie sich, dass die Abdeckung am Heizkörper richtig befestigt war, für den Fall, dass Vicky aufwachen sollte. Sie und Teddy hatten viel Spaß dabei gehabt, das kleine Zimmer einzurichten. Bunt geblümte Vorhänge schmückten das

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