Weites Land der Träume
Sofa sinken. Die Flammen des aufflackernden Kaminfeuers spiegelten sich in ihren müden Augen.
»Das ist aber eine unerwartete Ehre, Liebling. Vielleicht trinke ich doch etwas«, sagte sie in dem verzweifelten Versuch, gute Laune zu verbreiten. »Wen sollen wir noch dazubitten?« Der Mann war ein weltweit anerkannter Wissenschaftler und konnte Teddy sehr nützlich sein. Außerdem galt das Ehepaar als sehr amüsant. Alice stürzte ihren Sherry zu schnell hinunter. Nachdem sie Teddys Brief noch einmal gelesen hatte, stand sie auf und küsste ihren Mann auf die Nase. »Ich finde dich sehr klug. Schauen wir, was sich mit dem kalten Rindfleisch noch machen lässt.« Ihr war leicht schwindelig.
Drei Tage vor der Abendeinladung kam Teddy wütend ins Haus gestürmt und knallte die Tür so fest zu, dass die Fensterscheiben klirrten.
»Dieser elende kleine Mistkerl!«, brüllte er und warf seinen Aktenkoffer auf den Tisch im Flur. Dann eilte er ins Wohnzimmer, wo er sich einen doppelten Gin einschenkte. Am liebsten hätte er sofort Catalina angerufen, um sich trösten zu lassen, doch das wäre zwecklos gewesen. Vor sechs Monaten hatte sie ihm nämlich mitgeteilt, sie habe Ersatz für ihn gefunden, da er sie nach Vickys Geburt zu lange mit Nichtachtung gestraft habe. Erschrocken über den Lärm kam Alice, den Arm voller Holzscheite, aus dem Garten herein. Ihre Wangen waren von der Kälte gerötet.
»Ich dachte schon, du wärst krank«, rief sie aus und fragte sich dabei, wann sie sich endlich an Teddys Stimmungsschwankungen gewöhnen würde.
»Jetzt reicht es mir endgültig mit diesem elenden Emporkömmling. Sie hätten den kleinen Stinker niemals nehmen dürfen«, tobte Teddy.
Alice legte das Holz in den großen Kupferbehälter neben dem offenen Kamin und klopfte sich den Pullover ab. »Was hat er denn jetzt schon wieder angestellt?«, fragte sie mit erzwungener Ruhe, wohl wissend, dass man nur so mit Teddy umgehen konnte, wenn er wütend war.
Insgeheim jedoch fand sie, dass Teddy und seine Freunde zu viel Aufhebens um Clives Herkunft machten. Ihr gegenüber war er stets die Höflichkeit in Person, auch wenn er den leichten Hauch eines nordenglischen Akzents hatte. Teddy hatte ihm allerdings nie verziehen, dass er über seinen Kopf hinweg befördert worden war.
»Bunty hat mir heute Morgen erzählt, der kleine Kriecher wolle mich wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung dem Ausschuss melden. Das ist doch völlig absurd. Natürlich wird ihm kein Mensch glauben.«
»Die Formulierungen in deinem letzten Vortrag kamen mir ziemlich bekannt vor, Liebling, und dasselbe galt auch für einige deiner Thesen. Ich habe dich eigens darauf hingewiesen. Ist so etwas denn kein Ideenklau?«
»Jetzt fang du nicht auch noch an!«, brüllte Teddy. »Ich habe nur ein paar Passagen übernommen, und Ideen kann man nicht stehlen. Welche Rolle spielt es für ihn, was ich denke?«
Er trank einen Schluck Gin, drehte sich zu Alice um und zeigte anklagend mit dem Finger auf sie. »Jedenfalls hast du geschworen, es wäre in Ordnung so.«
»Ich habe nichts dergleichen behauptet«, empörte sich Alice. »Ich habe nur gesagt, ich hätte irgendwo gelesen, man dürfe die Texte anderer Autoren bis zu einem gewissen Prozentsatz zitieren. Allerdings nur mit ihrer Erlaubnis, und ich wusste nicht, wie viel genau.«
Teddy leerte sein Glas und schenkte nach. »Du bist wegen der Türkeireise immer noch böse auf mich. Außerdem wird er wegen seiner Herkunft nur sich selbst damit schaden.«
Alice merkte Teddy an, dass ein neuerlicher Tobsuchtsanfall bevorstand. Doch zum Glück läutete das Telefon. »Ich gehe ran!«, schimpfte Teddy. »Wahrscheinlich irgendein Idiot, der mir sagen will, dass mit meinem Seminarplan etwas nicht stimmt.« Er stürmte hinaus in die Vorhalle.
Alice hörte, wie er schlagartig auf einen höflichen Ton umschwenkte. Sie zog den Kaminschirm weg, legte ein großes Scheit ins Feuer und sah zu, wie es zu brennen begann. Zwei Minuten später kehrte Teddy mit wutverzerrtem Gesicht zurück. »Verdammt noch mal! Kann denn in diesem Drecks-loch überhaupt nichts klappen?« Er ging zum Kamin und versetzte dem Kaminschirm einen ärgerlichen Tritt.
»Bitte, Teddy. Denk doch an Vicky«, wandte Alice ein und wies zur Decke. Doch Teddy achtete nicht auf sie und schrie immer weiter.
»Warum bin ich nur mit verblödeten Sekretärinnen geschlagen. Die hirnlose Schlampe hat die Wochenenden verwechselt. Jetzt können wir ein intelligentes und
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