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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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kauend, zur Tür hereinzuspazieren.
    »Hallo, Mum! Was gibt’s denn zum Tee?«, fragte er.
    Katie sah erst Stewart, dann die Brotscheibe in seiner Hand und zu guter Letzt den verunstalteten Laib auf der Anrichte an, und zog sofort ihre Schlüsse daraus. Im nächsten Moment stolperte sie über einen Stapel Zeitschriften, die sie auf dem Boden liegen gelassen hatte, sodass der Eierkarton, den sie oben auf ihren Einkäufen balancierte, mit einem dumpfen Geräusch zu Boden stürzte. Als sich das Eigelb auf dem Fußboden verteilte, war für Katie das Maß endgültig voll, und ihr Hass auf die ganze Welt entlud sich gegen ihren Sohn.
    »Es reicht!«, kreischte sie. »Du gehst jetzt sofort ins Bett! Du hast das Brot ruiniert, und jetzt kriegst du nichts mehr zu essen!«
    In diesem Augenblick betrat Robert die Küche.
    »Aber, Katie, findest du das nicht ein bisschen übertrieben«, meinte er, als er Stewarts schicksalsergebene Miene sah. »Es ist doch nur ein Laib Brot.«
    Katie wirbelte zu ihrem Mann herum. »Das ist wieder mal typisch für dich. Immer ergreifst du Partie für ihn, und es ist dir völlig egal, wie ich mich dabei fühle. Niemanden interessiert es, dass meine Haare aussehen wie Stroh, dass ich Hände habe wie eine Waschfrau und dass ich mich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten kann …« Das gellende Läuten des Telefons unterbrach ihre Tirade. Katie riss den Hörer von der Gabel, bevor sonst jemand Gelegenheit dazu hatte. »Hallo!«, schrie sie in die Sprechmuschel.
    Doch schon im nächsten Augenblick veränderte sich ihr Verhalten schlagartig, während sie darauf wartete, dass die Telefonistin die Verbindung herstellte. Ihre Schultern lockerten sich, und ihre Miene wurde tückisch.
    »Nein, Elizabeth, alles ist bestens. Du hast mich nur in einem schlechten Moment erwischt.« Ihre Stimme war allerdings ein wenig zu schrill. »Tja, es ist manchmal ein bisschen schwierig, aber wir schaffen das schon. Ich gebe dir Robbo. Einen Moment.« Sie reichte Robert das Telefon und ging, um sich Kopfschmerztabletten zu holen.
    »Katie kommt gerade vom Einkaufen. Es ist schrecklich heiß, und sie fühlt sich nicht ganz wohl, Mum«, erklärte er. »Stewwy geht es prima.« Als er ihr von der toten Ratte erzählte, musste Stewart grinsen.
    »Weißt du noch, dass ich in seinem Alter mit dir dasselbe gemacht habe? Katie war gar nicht erfreut darüber. Ich verstehe gar nicht, was Mütter immer gegen Ratten haben.« Er lauschte kurz und fragte dann: »Warum rufst du an, Mum? Ich weiß doch, dass du das nur tust, wenn dich etwas bedrückt.« Als Robert weiter zuhörte, verfinsterte sich seine Miene sichtlich. Nachdem er aufgelegt hatte, kratzte er sich am Kopf.
    Katie kehrte zurück und stieg über die zerbrochenen Eier hinweg, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. Sie schluckte die Tabletten, ließ sich auf einen Stuhl sinken, schlug die einen Monat alte Zeitung auf, die sie aus dem Poststapel genommen hatte, und schleuderte sie schon im nächsten Moment angewidert zu Boden.
    »Blöde Kuh! Wenn Alice hier zuständig wäre, wäre alles natürlich in bester Ordnung. Du wärst glücklich, die Socken wären gestopft, und auf dem Herd würde eine Suppe köcheln.«
    »Warum redest du so dummes Zeug?«, erkundigte sich Robert gereizt, während er das sich immer weiter ausbreitende Eigelb aufwischte. Dabei hatte er ein schlechtes Gewissen, denn er hatte vorhin genau dasselbe gedacht.
    Er hob die Zeitung auf, die nur knapp neben der Eierpfütze gelandet war. Sein Herz machte einen Satz, als er in Alices fröhlich lächelndes Gesicht blickte. Sie war von ihrem neuesten preisgekrönten Widder, dem »Kaiser«, lachenden Schafhirten, zwei reizenden Kindern und Marigold umringt und sah aus wie das Ebenbild der erfolgreichen Schafzüchterin. MERRYMAID MACHT FORTSCHRITTE, lautete die Schlagzeile.
    Katie schlug die Hände vors Gesicht und brach in Tränen aus. »Ich halte das nicht mehr aus. Ich bin so unglücklich. Ich will nach Hause«, stieß sie, von Schluchzern geschüttelt, hervor.
    Stewart, der immer noch in der Tür stand, pirschte sich herein und warf einen Blick auf das Foto. Er mochte seine Tante Alice. Währenddessen betrachtete Robert seine weinende Frau. Vielleicht war es zu viel verlangt gewesen, von ihr zu erwarten, dass sie monatelang auf dieser einsamen Farm ausharrte. Schließlich war er viel unterwegs, und sie hatte keine weibliche Gesellschaft, sodass sich ihre Kontakte auf die Schafhirten und hin und wieder

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