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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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an die Brust.
    »Fühlst du dich nicht wohl, Mum?«
    »Es ist nichts. Nur Übermüdung.«
    Aber Robert gefiel ihr deprimiertes und geradezu krankes Aussehen gar nicht. Am Weihnachtstag war es heiß und trocken. Die Temperaturen überstiegen die Vierzig-Grad-Marke, alle waren gereizt, und niemand hatte große Lust, das übliche warme Weihnachtsessen vorzubereiten, geschweige denn, es zu verspeisen. Elizabeth, die sehr an den Traditionen hing, wirkte erschöpft. Das einzig Angenehme war, dass Andrew das Weihnachtsfest bei der Familie seiner Mutter in Melbourne verbrachte. Doch da er befürchtete, Robert könnte während seiner Abwesenheit Einfluss auf seine Brüder nehmen, war er schon am zweiten Weihnachtstag wieder in Wangianna.
    Trotz der andauernden Hitze rief Robert einen Familienrat zusammen und bestand darauf, dass Elizabeth und Katie auch dabei waren. Katie saß da, feilte sich die Nägel und wedelte mit ihrem Kleid unter dem Ventilator herum, um sich ein wenig abzukühlen. Da sie sich an Roberts Bemerkung über Andrews düstere Zukunftsaussichten erinnerte, beschloss sie, den Mund zu halten.
    Als Erstes forderte Robert Andrew auf, ihnen allen ein Bild von der finanziellen Situation zu vermitteln und die wichtigsten Gewinne und Verluste aufzulisten. Nachdem Andrew, herablassend wie immer, zwanzig Minuten lang geredet hatte, legte er die Zahlen bis Ende Oktober vor. Für die Monate November und Dezember hatte er nichts vorzuweisen, und seine Schätzungen für das nächste halbe Jahr klangen Roberts Meinung nach ziemlich an den Haaren herbeigezogen und eher beunruhigend, wenn man sie realistisch betrachtete. Doch er schluckte seinen Ärger hinunter und erklärte stattdessen, wo die Schwierigkeiten seiner Ansicht nach lagen und wie sie sich beseitigen ließen. Aber Ian sprang sofort für Andrew in die Bresche.
    »Es ist ja schön und gut, dass du hier reinspaziert kommst, um uns Vorschriften zu machen. Du arbeitest schon seit einem knappen Jahr nicht mehr auf dieser Farm, und ich lasse es mir nicht bieten, dass du Regeln aufstellst und an unserer Betriebsführung herummäkelst.« Er trank einen großen Schluck Bier.
    »Ich mache niemandem Vorschriften«, entgegnete Robert bemüht ruhig. »Sondern versuche nur zu verstehen, warum unsere finanzielle Situation auf einmal nicht mehr so rosig aussieht.«
    »Wir haben entschieden, die Farm auf Baumwolle und Lämmermast umzustellen. Darauf haben wir uns vor Weihnachten geeinigt, vorausgesetzt, dass Andrew den nötigen Kredit bekommt«, gab Ian zurück. »Ich habe bereits ein neues Bewässerungssystem und eine Baumwoll-Erntemaschine bestellt, und wir werden im Laufe der nächsten beiden Monate die Herde von Wollschafen um drei Viertel verkleinern.«
    Nachdem er diese Bombe hatte platzen lassen, lehnte er sich zurück und weidete sich an Roberts Entsetzen.
    »Stimmt das, Jordie? Andrew?« Robert musterte die Gesichter seiner Brüder und erbleichte. »Wusstest du das, Mum?« Elizabeth hatte die Lippen fest zusammengepresst. Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. Robert schob trotzig den Kiefer vor. »Habe ich auch noch ein Wörtchen mitzureden, oder ist es beschlossene Sache?«
    »Wir fanden, dass es nichts bringt, weiter abzuwarten«, fuhr Ian triumphierend fort. Zum ersten Mal im Leben konnte er seinem großen Bruder so richtig eins auswischen. »Da wir drei fünfundsiebzig Prozent von Wangianna besitzen, zählt deine Stimme nicht.«
    Robert war wie vor den Kopf geschlagen. Er hatte zwar mit einer Auseinandersetzung gerechnet, hätte aber nie gedacht, dass er so wenig Einfluss besaß.
    »Das ist doch Wahnsinn.« Wütend stand er auf. »Mum hat diese Farm bereits geführt, als wir noch gar nicht geboren waren. Wenn ihr mir schon nicht glaubt, hört wenigstens auf sie. Ich garantiere euch, dass die Wollpreise in drei bis fünf Jahren wieder steigen werden. Wenn wir jetzt keinen Fehler machen, werden wir über die Probleme von heute bald lachen.«
    »Der Markt ändert sich, Bluey«, wandte Andrew ein. Robert hasste es, wenn er ihn Bluey nannte.
    »Ach, tatsächlich, Andy? Wie viel hat die Bank dir denn geliehen?« Die beiden Männer sahen einander finster an. Schließlich räusperte sich Andrew.
    »Das war der nächste Punkt, den ich ansprechen wollte.« Er errötete unter Roberts eisigem Blick und wandte sich an die anderen. »Am besten bringe ich es gleich hinter mich.« Andrew stand auf und entfernte sich ein paar Schritte vom Tisch.
    Plötzlich waren alle Augen auf ihn

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