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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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brauchst du mir nicht zu beantworten.« Sie scheuchte Alice aus der Küche und begann, das Abendessen vorzubereiten. Alice, die lieber Beas Zorn riskieren und zu spät zum Abendessen kommen wollte, als sich einem Tobsuchtsanfall von Katie auszusetzen, nahm sich ein paar Äpfel und eine Bürste und lief auf die Koppel zu Sherry. Zufrieden striegelte sie das Pferd, verspeiste dabei ihren Apfel und war so in ihre Arbeit versunken, dass sie zusammenzuckte, als ihre Cousine sie an der Schulter berührte.
    »Du hast mich verpetzt, richtig?«, zischte Katie ihr ins Ohr. Alice wirbelte herum und blickte Katie in die Augen, aus denen blanker Hass sprach. »Ich wusste, dass du den Mund nicht halten kannst, du miese kleine Verräterin.« Sherry wich erschrocken zurück.
    »Brrr, mein Mädchen. Nein, habe ich nicht. Sie hat es von alleine rausgekriegt«, beteuerte Alice und versuchte, das Pferd zu beruhigen. »Jedenfalls geschieht es dir recht. Ich habe dich gewarnt, dass sie dich irgendwann erwischen werden. Und jetzt geh mir aus dem Weg.« Sie schob Katie beiseite und machte sich wieder daran, Sherrys schimmernde Flanken zu striegeln. »Was ist denn passiert?«
    »Schubs mich nicht rum«, gab Katie zurück. »Mum hat mich und Frank um zwei Uhr morgens dabei ertappt, wie wir uns geküsst haben. Sie hat mich ganz schön angebrüllt. Ich habe Hausarrest, bis ich aufs Internat muss.« Dass sie Frank nicht nur geküsst hatte, verschwieg sie Alice lieber. Die Enttäuschung und die Demütigung, die es bedeutet hatte, von der eigenen Mutter halb nackt angetroffen und abgekanzelt zu werden, steigerten ihren Hass auf Alice noch.
    »Du hast alles kaputtgemacht. Jetzt wird es bestimmt ganz schrecklich in der Schule«, fuhr Katie fort. »Mum wird den Nonnen einen Floh ins Ohr setzen, und sie werden mich schlimmer behandeln als im Gefängnis. Bestimmt werde ich das unbeliebteste Mädchen an der Schule sein und keine Freundinnen haben, und das ist dann nur deine Schuld.« Katie brach in Tränen aus. »Ich habe mich so auf St. Vincent gefreut, und jetzt hast du mir alles verdorben.«
    »Du machst dir unnötig Gedanken, Katie«, widersprach Alice, der ihre Cousine plötzlich Leid tat. »Bis du dort ankommst, ist längst Gras über die Sache gewachsen. Tante Bea liebt dich und will nicht, dass du unglücklich wirst. Sie hat nur eine Todesangst, dass eine von uns beiden schwanger werden könnte.« Katie stieß sie weg und verzog die Lippen zu einem hämischen Grinsen.
    »Also hast du dich wieder bei Mum eingeschmeichelt, du kleine Schleimerin. Tja, auch wenn du meinen Ruf an der Schule kaputtgemacht hast, bin ich hier immer noch die Älteste und Daddys Liebling. Vergiss das bloß nicht und glaube nicht, dass du meinen Platz einnehmen kannst, wenn ich weggehe.«
    Jegliches Mitleid, das Alice je für Katie empfunden hatte, war mit einem Mal wie weggeblasen.
    »Ich schleime nicht, und ich stehle nicht«, erwiderte sie ganz ruhig. Die beiden Mädchen blickten einander starr vor Wut an. Schließlich brach Katie das Schweigen und sagte mit zitternder Stimme:
    »Du kannst viel reden, wenn der Tag lang ist. Was mich betrifft, mein süßes kleines Unschuldslamm, bedeutet das Krieg.« Sie versetzte Sherry einen heftigen Schlag auf die Flanke, machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte zum Haus. Alice blieb, bebend vor Zorn, zurück.
    Sie fuhr fort, Sherry zu striegeln, bis sie sich wieder ein wenig beruhigt hatte, und kehrte dann zum Haus zurück, um sich vor dem Essen die Hände zu waschen. In ihrem Schlafzimmer warf sie, einer plötzlichen Eingebung folgend, einen Blick unter ihr Kopfkissen, um nach der Dose zu sehen, in der sie ihre kostbaren Ersparnisse aufbewahrte. Zu ihrer Erleichterung war alles noch vorhanden. Erst letzte Nacht hatte Katie sie beim Zählen beobachtet und sie verspottet, weil sie etwas so Unweibliches wie Fliegen lernen wollte. Natürlich hatte das einen weiteren Streit zur Folge gehabt. Sorgfältig zählte Alice das Geld noch einmal durch und versteckte dann die Hälfte davon in ihrer Unterwäscheschublade.
    Beim Abendessen wirkte Bea ziemlich bedrückt, erwähnte aber zur Erleichterung beider Mädchen weder ihren Streit mit Katie noch ihr Gespräch mit Alice.
    Ray hingegen lächelte Alice stolz zu. »Möchtest du uns nicht von deiner ersten Flugstunde erzählen, Kind?«, fragte er. »Hier geht es ja zu wie auf dem Hauptbahnhof. Du nimmst Flugstunden, und Katie zieht in ein paar Wochen in die große Stadt und lernt dort, wie man

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