Weites Land der Träume
»Nein«, schrie sie beinahe heraus. Doch schon im nächsten Moment hatte sie sich wieder gefasst. »Ich hätte wirklich nichts dagegen, wenn du bleibst.« Aber Robert achtete nicht auf ihr Flehen. Auf dem Bett sitzend, sah sie schweigend und bedrückt zu, wie er sich fertig anzog, seine Brieftasche einsteckte und nach dem Autoschlüssel griff. So unbeschreiblich anziehend sie ihn auch fand, wusste sie, dass es keine Möglichkeit gab, ihn am Gehen zu hindern.
Schließlich drehte er sich, die Hand schon am Türknauf, zu ihr um. »Katie, es tut mir wirklich Leid, wenn ich deine Freundschaft missbraucht habe. Ich verspreche dir, es nie wieder zu tun, und ich werde dich nicht in Verlegenheit bringen, indem ich darauf anspiele.«
Seine Worte hingen noch im Raum, als er längst fort war.
Endlich war der große Tag da. Seit einem Monat wurde in ganz Bathurst nur über dieses Ereignis gesprochen. Bea, die wusste, dass es schwierig werden würde, eine Bleibe zu finden, hatte schon vor langem für sie alle Zimmer in einem Hotel neben der katholischen Kirche reserviert. Mit den Müttern der übrigen Debütantinnen verbrachte sie den ganzen Tag damit, die Tische zu dekorieren und den Saal mit Blumen zu schmücken.
Um halb sechs war alles vollbracht. Große Blumenarrangements standen in jeder Ecke des Raums, und ein großes Gesteck zierte den Platz vor der Bühne, wo das Orchester spielen würde. Weiße und aprikosenfarbene Luftschlangen hingen an den Wänden. Steifer weißer Tüll fiel wellenförmig von den Kanten der Tische, die mit gestärkten weißen Tischtüchern gedeckt waren. An jeder Raffung prangte ein winziges Sträußchen aus apricotfarbenen Moosröschen. In der Mitte der Tafeln wurde das aprikosenfarbene und weiße Thema durch kleine Blumenschalen fortgesetzt. Besteck blitzte, und Gläser funkelten. Am Tisch der Downings hatte Bea sich selbst übertroffen und eine aprikosenfarbene Rosenknospe vor jeden ordentlich mit einer Tischkarte versehenen Platz gelegt. In der Mitte des Saals hatte man für die Debütantinnen einen roten Teppich ausgelegt, und elf winzige Sträuße lagen bereit, um sie den Mädchen zu überreichen. Die Mütter atmeten erleichtert auf, beglückwünschten einander, rechtzeitig fertig geworden zu sein, und eilten zurück in ihre Hotels, um sich selbst und ihre Töchter für den Ball vorzubereiten.
Alice und Katie zogen sich aufgeregt um, während Bea ihnen dabei zur Hand ging. Katie war als Erste fertig. Nachdem sie sich einen letzten Spritzer Femme auf die Handgelenke und hinter die Ohren gegeben hatte, musterte sie sich nervös im Spiegel. Schließlich musste sie für Robert unwiderstehlich aussehen. Sie drehte sich und bewunderte sich von allen Seiten. Der weite weiße Taftrock mit dem Überrock aus Chiffon bauschte sich wie eine Wolke. Das gefährlich tief ausgeschnittene Mieder, war an der Taille sehr eng geschnitten, sodass es Katies Figur umspielte und ihre vollen Brüste zur Geltung brachte. Über ihre rechte Schulter fiel eine breite, locker an der Hüfte geknotete Schärpe im Schottenkaro bis hinunter auf den Rock. In ihrem kornblonden Haar, das sie in weichen Locken aufgesteckt trug, funkelte ein winziges Diadem. An ihrem Hals prangte ein kleines herzförmiges Medaillon mit einem grünen Stein in der Mitte, der ihre gelbgrün leuchtenden Augen betonte. Kette und Parfüm waren Geschenke von ihrem Vater. Ein Täschchen aus passendem Taft baumelte an ihrem Handgelenk. Das soll Alice mir erst einmal nachmachen , dachte sie, als sie die Treppe hinunterrauschte.
Alice ahnte gar nicht, wie sie in ihrem weißen Kleid aus Tüll und Spitze wirkte. Das eng anliegende Mieder hatte einen schmeichelnd geschnittenen Halsausschnitt, und die kleinen Puffärmel und der aus mehreren Schichten bestehende bauschige Rock ließen sie wie ein Mädchen aus einer vergangenen Epoche aussehen. Winzige Pailetten aus Perlmutt, jede einzelne von Mrs. Garvin liebevoll angenäht, umrandeten die in die Spitze eingearbeiteten Blumen, sodass das Kleid bei jeder Bewegung funkelte. Alices pechschwarzes Haar war zu einer ähnlichen Hochfrisur aufgesteckt wie Katies, und auch sie trug eine Schärpe im Schottenkaromuster, sodass die beiden Mädchen aussahen wie Schneeweißchen und Rosenrot. Die hübschen tropfenförmigen Ohrringe, die zu den Steinen in ihrem Diadem passten, leuchteten auf ihrer olivfarbenen Haut. Alices Augen blitzten saphirblau, und ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet, als sie ihrer Cousine nach unten
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