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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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folgte.
    Bei Alices Anblick blieb Billy der Mund offen stehen, so zart sah sie aus – was für ein Unterschied zu der burschikosen Reiterin, als die er sie sonst kannte. Selbst Paddy wurde angesichts von so viel Schönheit verlegen.
    »Hör auf zu glotzen und lass uns gehen, sonst kommen wir noch zu spät«, schimpfte Katie, die es wurmte, dass ihr eigener Bruder derart für Alice schwärmte. Aus Bequemlichkeit hatte sie mit Robert vereinbart, er solle mit den übrigen Tanzpartnern in der Stadthalle warten. Allerdings fühlte sie sich ziemlich unbehaglich bei der Vorstellung, wie er sich wohl in Alices Gegenwart verhalten würde.
    Aufregung lag über dem winzigen Raum neben der Vorhalle, als die Mutter, die für den Einzug der Debütantinnen verantwortlich war, in einem auffälligen violettgoldenen Kleid hereinrauschte und den Blumenmädchen befahl, sich in einer Reihe aufzustellen. Die vier zierlichen Neunjährigen trugen weiße Rüschenkleider und frische Blumen im Haar. Sie alle erhielten die letzten Anweisungen.
    »Vergessen Sie nicht, meine Damen«, meinte sie abschließend, »dass heute Ihr Abend ist, und dass Sie sich vorbildlich betragen müssen. Sämtliche Augen werden auf Ihnen ruhen, und alle wissen, wer Sie sind. Also, meine Damen, sind Sie bereit?« Sie zupfte das Kleid eines Blumenmädchens zurecht und nahm einem anderen, das nervös an seinen Nägeln kaute, den Finger aus dem Mund.
    Ein lauter Tusch aus dem Saal kündigte die Ankunft der Würdenträger an: der Bürgermeister von Bathurst und seine Gattin, die Meister aller Logen des Bezirks mit ihren Frauen und der Meister der veranstaltenden Loge mit seiner Gemahlin, die den Ehrenvorsitz führen und den Mädchen die Sträuße überreichen würde. Alice klopfte das Herz bis zum Halse, als sie den Freimaurer begrüßte, der sie in den Saal geleiten würde. Trotz aller Hindernisse und Tiefen, die ihr bisheriges Leben geprägt hatten, sollte sie nun tatsächlich in die Gesellschaft eingeführt werden. Sie wurde von Dankbarkeit und Liebe für Bea und Ray überwältigt und wünschte sich kurz, ihr Vater möge auch dabei sein.
    Die Saalbeleuchtung war gedämpft worden, sodass man die Mädchen in ihren bauschigen weißen Kleidern und mit ihren funkelnden Diademen gerade noch erkennen konnte. Gespannt sahen die dreihundert Gäste zu, wie die Prozession langsam hereinkam. Plötzlich befangen, blickte sich Alice über Katies Schulter hinweg nach Billys vertrautem Gesicht um. Doch zu ihrem Entsetzen sah sie, wie ein makellos in die Farben der McIains gekleideter Robert Katie den Arm bot. Der dunkelgrün und blau karierte Kilt, das leuchtend weiße Hemd und die dunkle Samtjacke betonten seine kräftige Figur und bildeten einen starken Kontrast zu Katies Kleid und dem roten Teppich. Seine Aufmachung wurde von dem Dolch abgerundet, der in einem seiner Kniestrümpfe steckte. In dieser Kleidung wirkte er sogar noch männlicher. Als er sich umwandte, um die triumphierend grinsende Katie durch den Bogen zu führen, trafen sich kurz ihre Blicke, und Alice befürchtete schon, sie würde gleich in Ohnmacht fallen.
    Rasch griff sie nach Billys Arm, drängte entschlossen jeden Gedanken an Robert und an Katie beiseite und wandte sich stattdessen ihrem Cousin zu.
    »Alles in Ordnung?«, flüsterte Billy, der bemerkt hatte, dass sie erbleicht war. Alice drückte mit einem Nicken seinen Arm. Dann war sie an der Reihe, und Billy führte sie durch den Bogen und vor den Großmeister.
    Nachdem die Vorstellungen beendet und alle Blumensträuße an die Debütantinnen verteilt waren, wurde der Teppich aufgerollt. Dann forderte der Conferencier den Großmeister, begleitet von einem Trommelwirbel, auf, den Ball zu eröffnen. Der Großmeister wandte sich an die Gäste.
    »Es ist mir in der Tat eine Ehre, heute hier zu sein, und es macht mich froh, diese jungen reizenden Debütantinnen und ihre Tanzpartner zu bitten, zum Auftakt dieses Abends den Debütantinnenwalzer zu tanzen. Also …« Der Großmeister verstummte kurz, und alle hielten den Atem an. Dann erhob er die Stimme. »Der Ball ist eröffnet«, verkündete er.
    Sofort stimmte die Kapelle, schneidig in aprikosenfarbene Hemden und schwarze Hosen gekleidet, die ersten Takte von »Pride of Erin« an. Die elf Debütantinnen schwebten, wie so sorgfältig geprobt, in den Armen ihrer Partner in die Mitte des Saals, während die Musik lauter wurde. Bald hatte sich die gerade noch leere Tanzfläche in ein Meer aus wirbelndem Weiß und

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