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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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Versammlungsort der Schwarzen. Ein Initiationsplatz. Ich finde das sehr interessant, aber die Schwarzen auf unserer Farm machen einen großen Bogen darum.« »Warum?« fragte Sibell. »Das habe ich bis jetzt noch nicht in Erfahrung bringen können. Vor langer Zeit muß dort einmal ein Unglück geschehen sein. Viele dieser Leute gehören dem, wie sie sagen, Emu-Totem an. Aber Zack meint, er hat innerhalb der nächsten zwei Tagesmärsche im Umkreis der Farm noch nie einen Emu gesehen.« Bis mittags arbeiteten die beiden Frauen im Büro. Sie sortierten Charlottes Papiere und ordneten die Bücher. Sibell schrieb die Briefe, die Charlotte ihr diktierte. Diese waren zum Großteil an ihren Anwalt und ihren Börsenmakler in Adelaide gerichtet. »Das ist mein Steckenpferd«, erzählte Charlotte. »Ich möchte, daß Sie sich in dieses Gebiet einarbeiten und sich für mich darum kümmern.« »Aber ich verstehe nichts von Aktien und Beteiligungen«, sagte Sibell. »Es wird Ihnen nicht schaden, meine Liebe, wenn Sie es lernen. Ich habe viel Geld in den Bergbau und die Schiffsbauindustrie investiert. Und in Schatzbriefe.« Das entsprach den Tatsachen. Mit der Zeit stellte Sibell fest, daß Charlotte eine sehr wohlhabende Frau war. Sie besaß die Farm und ein Haus in Palmerston, das sie »das Strandhaus« nannte. Ihre Investitionen beliefen sich, wie Sibell herausfand, auf rund zweihunderttausend Pfund. Kein Wunder, daß sie es sich leisten konnte, so viel Geld für die Einrichtung des Hauses auszugeben. Ständig studierte sie Kataloge und gab Bestellungen auf, die allerdings erst sechs Monate später geliefert wurden. Allein die Kosten für die Lieferung waren unglaublich. Aber Charlotte kümmerte das nicht. »Ich habe in Queensland viele Farmen gesehen«, sagte sie, »und es war schon immer mein Ehrgeiz, Hausherrin in einem wirklichen Gutshaus zu sein. Jetzt ist es endlich soweit. Black Wattle wird so prunkvoll sein wie eines dieser Anwesen. Fast hätte ich es vergessen, ich brauche noch ein Klavier.« »Ein Klavier?« Sibell schnappte nach Luft und fragte sich, wie um alles in der Welt man ein Klavier hier hinausschaffen wollte. »Es heißt, die von Steinway sind die besten. Jede Familie sollte ein Klavier besitzen.« »Ja, selbstverständlich«, pflichtete Sibell bei. Zack und Lütt meldeten sich jeden Abend nach ihrer Rückkehr im Büro, um Charlotte über die Ereignisse des Tages zu berichten – die Anzahl der Rinder und wohin die Herde gezogen war, Personalangelegenheiten und noch vieles mehr, sogar die tägliche Temperatur und den Wasserstand der verschiedenen Bäche. Erstaunt bemerkte Sibell, wie viele Einzelheiten ins Journal der Farm eingetragen wurden. »Ehe ich hierher zog, haben sie das alles selbst machen müssen«, sagte Charlotte. »Aber sie fanden, daß sie nie genug Zeit haben, um das ordentlich zu erledigen, also habe ich es übernommen. Das Journal ist wichtig, es enthält die Geschichte der Farm und Aufzeichnungen über den Viehbestand – wobei letzteres das einzige ist, was sie wissen wollen.« Sibell sah Zack, Cliff und Maudie tagsüber nur selten, da sie schon bei Morgengrauen aufstanden und fortritten. Aber abends versammelten sich alle zum Abendessen. Zack war kühl, wortkarg und hatte einen trockenen Witz, Cliff hingegen war temperamentvoller. Ständig scherzte und spottete er, worin er, wie Sibell meinte, sehr seiner Mutter glich, die lebhaft war und ein lautes, ansteckendes Lachen hatte. Noch nie war sie einer Frau in Charlottes Alter begegnet, die so amüsant war. Allerdings nahm sie sich auch kein Blatt vor den Mund. Bei Tisch nahm Cliff seine Mutter auf den Arm, weil sei »mit den Händen redete«. Es kam nicht selten vor, daß Charlotte dabei ein Weinglas umstieß. »Wenn deine Augen noch schlechter werden Ma, müssen wir dir die Hände festbinden, sonst haben wir bald keine Gläser mehr.« Sibell empfand diese Bemerkung als ziemlich unverschämt, aber Charlotte amüsierte sich. »Ich werde schon genug damit zu tun haben, das Essen auf meinem Teller zu finden.« Maudie plauderte ungezwungen mit der Familie, und sie lächelte Sibell zu. Aber Sibell kam dieses Lächeln ziemlich säuerlich vor. Abgesehen von ihrem Eindruck, daß Maudie sie nicht leiden konnte, fühlte sich Sibell bei den Hamiltons wohl. Sie beneidete sie um ihr Selbstbewußtsein, das ihre eigene Schüchternheit nur noch mehr hervorzuheben schien. Immer noch war sie in Gegenwart der Männer gehemmt, und sie wußte, daß diese sie

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