Weites wildes Land
Schwarzen aufgeregt rufen, und nachdem sie sie eingeholt hatte, sah sie sie auf ein reiterloses Pferd zulaufen, das zielstrebig seinem heimatlichen Stall zueilte. »Du meine Güte«, rief sie aus. »Das ist Maudies Pferd. Wo ist sie?« Doch die Frage an die beiden Schwarzen hätte sie sich sparen können. Aufmerksam betrachteten sie die Hufe des Tieres. Nachdem einer der beiden das Pferd nach Hause geschickt hatte, machten sich die Aborigines auf die Suche. Sie kamen nur mühselig voran. Einige Meilen konnten sie der Spur folgen, doch dann verlor sie sich im Busch: Tief über den Boden gebeugt, suchten die Burschen nach den Hufspuren. Sibell folgte ihnen gehorsam. Allmählich machte sie sich ernstliche Sorgen, denn inzwischen gab es keinen Zweifel mehr, daß Maudie in Schwierigkeiten geraten war. Sibell versuchte, nicht an die wilden Schwarzen zu denken, und bedauerte, daß sie in der Hast des Aufbruchs ihr Gewehr auf der Farm zurückgelassen hatte. Immer weiter drang der kleine Trupp in die Wildnis vor. Sibell beobachtete, wie die beiden Aborigines mit dem Finger in eine Richtung zeigten, sich besprachen und dann weiterzogen. Hoffentlich würde ihre Suche Erfolg haben, denn inzwischen waren sie schon stundenlang unterwegs. Außerdem zehrte das dauernde Schrittempo an Sibells Nerven. Das war anstrengender als ein ordentlicher Galopp. Plötzlich stellte Merry die Ohren auf und ließ sich kaum noch zügeln. Sie näherten sich einem Wasserloch, und kurze Zeit später konnten sie sich in dem brackigen Wasser abkühlen. Sibell erinnerte sich daran, daß Maudie die Wasserlöcher inspizieren wollte. Als sie es den beiden Spurensuchern sagte, nickten sie lebhaft und setzten dann ihren Weg im Laufschritt fort. Nach etwa einer halben Stunde hörten sie einen schwachen Ruf, und die Männer beschleunigten ihren Schritt. Sie fanden Maudie gegen einen Baum gelehnt, ausgesprochen lebendig. »Das wurde aber auch Zeit!« rief sie ihnen wütend entgegen. »Ihr habt ziemlich lange gebraucht, um mich zu finden. Mir wäre schon fast das Wasser ausgegangen.« Sie stieß das Gewehr beiseite, das über ihrem Schoß gelegen hatte, und trank gierig ihre Wasserflasche leer. Sibell sprang von ihrem Pferd. »Maudie! Dem Himmel sei Dank, daß wir Sie gefunden haben. Ist alles in Ordnung?« »Du meine Güte, natürlich ist alles in Ordnung. Ich habe mir nur das Bein gebrochen.« »O Gott! Lassen Sie mal sehen!« »Rühren Sie es nicht an«, polterte Maudie. Mit schmerzverzerrtem Gesicht zeigte sie auf das verdreht daliegende Bein. »Ich habe schon versucht, es zu richten, aber alles nur noch schlimmer gemacht.« Sie blickte in die bedauernden Gesichter der Aborigines. »Jacky und Sol. Ihr seid wirklich ein paar kluge Jungs! Wenn wir nach Hause kommen, kriegt ihr einen Armvoll Geschenke.« Sie gab ihnen die Wasserflasche. »Sol, hol mir Wasser. Und du, Jacky, läufst nach Hause und sagst Casey, er soll den Einspänner bringen. Weißt du, welchen Wagen ich meine?« »Ja, Missus«, sagte Jacky. Gleich darauf war er im Busch verschwunden. »Ich warte hier mit Ihnen auf Casey«, erbot sich Sibell. Zähneknirschend erklärte Maudie sich einverstanden. »Wenn Sie wollen.« Sol kehrte mit dem Wasser zurück. Maudie trank in vorsichtigen Schlückchen. »Das ist zwar schlammig, aber trotzdem gut. Seit dem Gewitter gestern Nachmittag hocke ich hier.« Sibell nahm ihr Halstuch, tränkte es mit Wasser und wischte Maudie damit über das Gesicht. »Sie sind ganz erhitzt. Ich glaube, Sie haben Fieber.« »Ich bin froh, daß ich noch am Leben bin«, stöhnte Maudie. »Was ist geschehen?« »Ich bin selbst schuld«, sagte Maudie. »Kann immer noch nicht glauben, daß ich so dumm gewesen bin.« Sie blickte nach oben. »Sehen Sie diesen Baum?« Sibell betrachtete die mächtigen, alten Zweige. »Was ist damit?« »Man nennt sie die Witwenmacher. Es sind schon öfters Männer erschlagen worden, wenn sie unter einem dieser Bäume Schutz suchten. Da braucht nur ein mächtiger Ast abzubrechen, und peng – schon hat er dir das Genick gebrochen.« Sie zeigte auf den dicken Ast, der neben ihr lag. »Und der hier hat mich beinahe erledigt. Du kennst diese Bäume, nicht wahr, Sol?« Der Aborigine schob den Ast mit dem Fuß beiseite. »Hat Ihnen der Ast das Bein gebrochen?« »Nein. Er traf mich an der Schulter, und dadurch hat das Pferd gescheut und hat mich abgeworfen. Und dabei habe ich mir das Bein gebrochen. Dann blieb mir nichts anderes übrig, als hierher zu kriechen
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