Weites wildes Land
fallenden grauen Regen beschloß er, daß die Bergwerksbehörde noch warten konnte. Das Bijou war in einem lang gestreckten, flachen Steinhaus untergebracht, das, so vermutete er, früher einmal ein Lagerhaus gewesen war, jetzt aber weitaus angenehmeren Zwecken diente. Er lief über die Straße und stellte schmunzelnd fest, daß das Etablissement einer hübschen Kirche gegenüberlag, die von einem verschwiegenen Gärtchen umgeben war. Dann drehte er am Türknopf und trat ein.
* * *
Josie war entsetzt. Nachdem sie in der Zeitung gelesen hatte, daß fünf Männer festgenommen waren, weil sie einen Aborigine namens Jaljurra gehängt hatten, war ihr wenige Minuten später eingefallen, daß so Jimmy Moons Stammesname lautete. Das konnte doch nicht wahr sein! Sie eilte auf die Polizeiwache, wo sie einen netten Polizeiinspektor, einen gewissen Colonel Puckering antraf. »Ich fürchte, das stimmt«, erklärte er ihr. »Dieser Mann war der schwarze Spurenleser in Katherine.« »Aber er hätte niemals jemanden erschossen. Er war kein Verbrecher.« »Bin informiert, Madam. Eine unangenehme Sache.« Neugierig blickte er sie an. »Mrs. Conal, haben Sie gesagt?« »Ja. Ich wohne in der Shepherd Street.« »Ist Ihr Gatte vielleicht der Geschäftsführer der Gilbert-Minen?« »ja.« »Wundert mich, daß er Ihnen nichts erzählt hat. Er war einer der drei, die überfallen wurden. Augenzeugen des Mordes an Constable Jackson.« Josie wurden die Knie schwach. Logan hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihr davon zu berichten. Seine drei Briefe hatten ausschließlich von seinem Scheidungsbegehren gehandelt. Dann hatte er noch seiner Wut Ausdruck verliehen, daß sie eigenmächtig ein Haus gekauft hatte. »Er schreibt nicht oft«, murmelte Josie, um ihre Verlegenheit zu überspielen. »Wenn er in die Stadt kommt, wird er mir sicher alles erzählen.« »Sicher wird er das«, sagte Puckering. »Vielleicht wollte er Sie nicht unnötig ängstigen. Wann erwarten Sie ihn?« »Ach!« Josie war verdutzt. »Er muß jeden Tag hier sein«, meinte sie ausweichend. Dieses Gespräch mußte so schnell wie möglich beendet werden. »Hätten Sie wohl die Güte, ihn zu bitten, baldmöglichst bei mir vorzusprechen, Mrs. Conal? Ich brauche seine Aussage. Von äußerster Wichtigkeit.« »Ja, das werde ich tun«, erklärte Josie, die sich anschickte, die Flucht zu ergreifen. »Das mit Jimmy tut mir sehr leid. Eine schreckliche Sache. Wir mochten ihn sehr gern.« »Jimmy?« hakte Puckering nach. »Ja. Sein englischer Name war Jimmy Moon. Wir haben ihn schon in Perth gekannt.« Puckering strich sich über das Kinn. »War das etwa dieser Bursche? Sprach ziemlich gut englisch. Groß, kräftig, mit einem strahlenden Lachen?« »Ja, das war Jimmy. Wie kann man einen so lieben Menschen nur umbringen. Diese Männer müssen wahre Ungeheuer sein.« »Jimmy Moon«, wiederholte der Colonel. »Was machte er so weit weg von zu Hause?« Josie überlegte. »Genau weiß ich es nicht. Aber ich glaube, er wollte wandern, das Land kennenlernen. Er hat den Kontinent überquert, von Perth, durch die Wüste und dann nach Norden. Er war ein kluger Bursche. Er hat sich auf seinem Weg von den anderen Eingeborenenstämmen helfen lassen.« »Ja, wirklich ein cleverer Bursche, würde ich sagen«, stimmte der Colonel ihr zu. Er geleitete sie zur Tür, spannte ihr den Regenschirm auf und verabschiedete sich. »Cleverer Bursche«, murmelte er. »Seltsame Geschichten hier in dieser Gegend. Sie weiß nicht, daß ihr Ehemann ausgeraubt wurde und beinahe im Busch ums Leben gekommen wäre. Und warum hatte sich Jimmy Moon so weit von seinem Volk entfernt?«
* * *
Zwar verspürte Josie große Trauer um Jimmy, doch gleichzeitig wäre sie am liebsten im Erdboden versunken, weil sie sich so zum Narren gemacht hatte. Seit Logan ihr diesen Schlag versetzt hatte, bemühte sie sich, ruhig zu bleiben, und redete sich ein, daß er wohl nur ein wenig die Nerven verloren hatte. Wenn er das Haus sah und wenigstens vorübergehend ein ordentliches Familienleben führen konnte, würde alles wieder in Ordnung kommen. Doch was war mit dem Überfall? Was ging da vor? Es hatte eine Weile gedauert, bis sie sich wieder an ein normales Leben gewöhnt hatte, und da sie eine Freundin brauchte, hatte sie sich nach Charlotte Hamilton erkundigt – nur um zu erfahren, daß sie gestorben war. Entmutigt war sie in die kleine, in der Nähe des Hafens gelegene Kirche gegangen, um Trost zu finden. Es
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