Weites wildes Land
Mädchen schnappt Ihnen Ihren Angebeteten noch vor der Nase weg.« »So leicht geht das nicht«, entgegnete Sibell. »Zack ist ein sehr schwieriger Mensch. Ich muß vorsichtig an die Sache herangehen.« »Papperlapapp! Gehen Sie mit ihm ins Bett.« »In einem Haus voller Leute?« Doch ihr Gespräch wurde von den Klängen eines Walzers unterbrochen. Sibell erwartete, daß Zack sie holen kommen würde, da sie ihm diesen Tanz versprochen hatte, aber Stattdessen mußte sie zusehen, wie ihn ein rothaariges Mädchen in einem elfenbeinfarbenen Taftkleid entführte. »Sehen Sie, was ich meine?« bemerkte Lorelei.
* * *
In nur wenigen Minuten war der Zyklon vom Meer aus hereingebrochen und hatte das Strandhaus der Hamiltons dem Erdboden gleichgemacht. Er hob das Dach hoch und schleuderte es quer über die Straße, wo es zerbarst. Die Eisenträger klapperten bedrohlich im Wind. Dann stürzten die Wände des Hauses ein, und das gesamte Gebäude brach in sich zusammen. Die anderen Häuser am Strand fielen dem gleichen Schicksal zum Opfer, doch das Telegraphenamt, das von Sträflingen aus solidem Stein gemauert worden war, hielt dem Sturm stand und büßte nur einige Fenster ein. Auch die Kirche, das Bijou und das Gerichtsgebäude, errichtet von den gleichen Maurern, blieben unbeschädigt. Der Sturm zertrümmerte Wang Lees Haus mit einem einzigen Windstoß. Die Familie und die Gäste blieben schreiend vor Angst in der Dunkelheit zurück. Dann drang der Zyklon in den kleinen offenen Tempel ein, der sofort in sich zusammenstürzte, noch ehe Sam Lim seinem Onkel zur Hilfe eilen konnte. Josie war schon zu Bett gegangen, doch Logan war noch auf und widmete sich gerade dem restlichen Whisky, als der Wind das Haus traf. Schnell wie der Blitz ging Logan in Deckung. Ein Heulen und Krachen zerriß die Luft, während das Gebäude zusammensank. Inzwischen hatte das Zentrum des Zyklons die Stadt erreicht. Der Sturm entwurzelte Bäume, zerstörte alles, was sich ihm in den Weg stellte. Trümmer wirbelten durch die Luft. Hilda Clarke, die Oberschwester im Krankenhaus, unterhielt sich gerade mit Maudie: »Mein Gott, dieser Wind da draußen könnte einen Hund von der Kette blasen.« Im nächsten Moment schon wurden die Fenster eingedrückt, und sintflutartige Regenfälle verwandelten den Raum in einen Scherbenhaufen. Die Männer versuchten sich gegen den Sturm zu stemmen, der die Kerzen ausblies und Lampen durchs Zimmer schleuderte. Die Frauen suchten schreiend unter den Tischen Schutz, da ihnen Gläser und Bestecke um die Ohren flogen. Man hörte, wie sich das Vordach aus seiner Verankerung löste, und als das ganze Gebäude erzitterte, brach Panik aus. Von ihrem Platz unter einem Tisch aus sah Sibell, daß die anderen flohen. Alles kämpfte sich, über zerborstene Möbel stolpernd, nach draußen, und sie wollte es ihnen schon gleichtun. Doch eine Frau hielt sie fest. Sie erkannte die dröhnende Stimme von Hilda, Maudies Freundin. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Da draußen ist es noch viel schlimmer.« »Nein!« schrie Sibell. »Lassen Sie mich los!« Wieder befand sie sich im finsteren Bauch des Schiffes. Schon einmal war sie entkommen, und das würde ihr auch jetzt gelingen. »Halten Sie den Mund, oder ich haue Ihnen eine runter«, zischte Hilda und umklammerte fast Sibells Arm. »Wie geht es Ihnen, Maudie?« rief sie in die Dunkelheit. »Meine Nase blutet«, wimmerte Maudie, die sich irgendwo ganz in der Nähe befinden mußte. Es sah aus, als würde der Wind das Hotel Stück für Stück auseinander nehmen. »Wo ist Zack?« schrie Sibell, doch ihre Stimme verlor sich im wilden Heulen des Windes, der von Minute zu Minute zuzunehmen schien. Sie konnten nichts weiter tun als warten und beten, während das Dach zersplitterte und verschwand, die Wände um sie herum fortgerissen wurden und Menschen vor Schmerzen schrien. Viele waren unter schweren Balken eingeklemmt, doch niemand konnte ihnen zu Hilfe kommen. Sibell schnappte nach Luft. Die Welt um sie herum schien in tausend Stücke zu zerspringen. Sie erwartete, daß der Sturm jeden Moment vorbei sein, irgendwann erlahmen würde, aber er tobte weiter und weiter, und das Gebäude, das sie schützen sollte, wurde vom Regen durchweicht, als die Elemente über Palmerston rasten. Boote wurden an den Strand geschleudert, das Meer trat schäumend über die Strandpromenade, mehr und mehr Bäume stürzten um, und der Zyklon fuhr fort, die Stadt dem Erdboden gleichzumachen. Zack und der Colonel
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