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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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aus Leibeskräften. Vor lauter Angst klopfte ihm das Herz bis zum Halse, als er Schutt beiseite räumte und weiter zur Mitte des zerstörten Hauses vordrang. Immer wieder sagte er sich, daß er sie finden würde, daß sie vielleicht in einer Nische unter den Trümmern noch lebten. Zuerst wußte er nicht, woher die Stimme kam. Er antwortete und war sich sicher, daß sie aus dem riesigen Loch vor ihm drang. Dann drehte er sich um und sah Sam Lim, der weinend hinter ihm stand. »Sam!« schrie er. »Hilf mir! Sie sind irgendwo da drunter!« »Nein, Boß«, schluchzte Sam. »Sie sind nicht da. Alle fort. Und mein Lieblingsonkel ist auch tot.« Zack hielt inne. »Wang Lee? Ist er umgekommen?« Sam sank auf die Knie, aber Zack zog ihn wieder hoch und hielt ihn fest, damit er nicht noch einmal umfiel. »Das mit deinem Onkel tut mir wirklich leid, aber du mußt mir helfen! Hast du gesagt, die Mädchen sind fort? Mit Wesley?« »Ja!« stieß Sam unter Tränen hervor. »Weg, sagte ich Ihnen. Das Kind, Netta, sie sind ertrunken.« »Was soll das heißen, ertrunken? Wie konnten sie ertrinken?« Entsetzt blickte Zack zum aufgewühlten Meer hinüber. Die Flut konnte doch nicht so weit gekommen sein! »Das ist nicht möglich!« Sam stieß aufgeregt einen chinesischen Wortschwall hervor. Zack versuchte, ihn zu beruhigen. »Nur ruhig Blut, alter Junge. Nicht aufregen. Beruhige dich doch. Hast du gesagt, Wesley wäre ertrunken?« Sam schluckte und nickte, aber er konnte nicht antworten. Zack blieb fast das Herz stehen. Er holte tief Luft und bemühte sich, die in ihm aufsteigende Angst zu zügeln. »Und woher weißt du das?« fragte er leise. »Die Zwillinge haben’s mir erzählt.« »Die Zwillinge? Wo, um Himmels willen, sind sie?« »Fortgelaufen. Sie haben das Gesicht verloren. Sie fürchten sich, daß Missus Maudie sie umbringt.« »Bei Gott, das wird sie auch, und dich ebenfalls, wenn du mich nicht zu ihnen bringst.« Wahrscheinlich hatten die beiden Mädchen auf ihrer Flucht vor dem Sturm Wesley mitgenommen, und wenn Polly und Pet noch lebten, dann mußte auch Wesley noch am Leben sein. Sie würden das Kind nie im Stich lassen. »Wo hast du sie gesehen?« »Da hinten.« Sam zeigte mit dem Finger. »Sie sind wie wild gerannt und haben geschrien, daß das Kind ertrunken ist. Ich bin gekommen, um es Missus Maudie zu sagen.« »Los.« Zack stieß ihn vorwärts. »Zeig mir, wo du sie gesehen hast.« Als sie durch das Chinesenviertel eilten, versuchte Zack seine Gedanken zu ordnen. Vor der Stadt gab es ein Lager der Schwarzen, aber wichtiger war die Frage, wovor die Mädchen flohen. Und warum war Wesley nicht bei ihnen? Warum? Warum? Atemlos preßte er die Hand gegen den unteren Rippenbogen, um die Schmerzen zu lindern. Wahrscheinlich hatte er sich verletzt, als das verdammte Hotel über ihm zusammengestürzt war. Das schien jetzt Ewigkeiten her zu sein. Er durfte keine wertvolle Zeit verlieren und die Verwüstung rund um ihn betrachten, denn er brauchte all seine Kraft, um Wesley zu finden. Cliffs Sohn, und bei Gott, er würde ihn finden. Er betete, sprach mit Cliff, bat ihn um Hilfe. Beim Laufen flossen ihm die Tränen übers Gesicht, und dann fing es wieder an zu regnen. Mit einem Zischen, das wie ein Seufzer klang, fielen die Tropfen auf die zerstörte Stadt hinab. »Sag mir, wo er ist! Zeig ihn mir!« rief er lautlos seinem jüngeren Bruder zu. »Du darfst nicht zulassen, daß ihm etwas zustößt.« Vor seinem geistigen Auge sah er das kleine Kind mit dem Gesicht nach unten im Fluß treiben, tot wie sein Vater, das rote Haar… und er rief aus: »Nein! Cliff! Wo, zum Teufel, bist du?« In der Hoffnung, die Zwillinge zu finden, wandte er sich zum Lager der Aborigines, während Sam hinter ihm herkeuchte. Zack rief einer Gruppe Schwarzer, die vor ihm den Weg überquerte, etwas zu, aber die Leute waren so verstört, daß sie ihn offenbar nicht gehört hatten. Sie liefen weiter, als ob Zack unsichtbar gewesen wäre. Vor lauter Angst wurde ihm übel; alles kam ihm so unwirklich vor. Da packte ihn eine kräftige Hand beim Arm. »Die Schwarzen suchen Sie, Boß«, sagte Bygolly. »Wir finden Netta und das Kind.« Netta! Ja, Netta! Netta war ja auch noch da. Wie hatte er das vergessen können? »Wo sind sie?« rief er. Bygolly rückte das zusammengerollte Seil zurecht, das er über der Schulter trug. »Weiß noch nicht. Aber wir finden sie.« Als sie sich umdrehten und auf das sonst ausgetrocknete Flußbett zu gingen, erklärte der

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