Weites wildes Land
Rechten sehen sollten, und da lag er – tot hinter den Stallungen. Ein Nachbar hat ihn identifiziert.« »Was sollen wir jetzt tun?« fragte Logan. »Und die Beerdigung. Wir müssen uns um seine Beerdigung kümmern.« »Das ist schon erledigt. In dem Brief hieß es, er wolle auf seiner Farm begraben werden, ohne großes Theater. Am Samstag ist er beerdigt worden.« Logan begleitete Josie zur Polizeiwache, wo sie einige Papiere unterzeichnen mußte, und dann in die Kanzlei des Rechtsanwalts. Immer noch wie betäubt vor Schrecken saß Josie stumm daneben, während Logan mit Spencer sprach. Der Anwalt war ein älterer Herr mit einem Schnurrbart und harten Augen, in denen der Vorwurf deutlich zu lesen war. »Ich werde Sie nicht lange aufhalten«, sagte er streng, »denn wie sie an diesem Brief erkennen können, sind Mr. Cambrays Anweisungen klar und deutlich.« Er reichte die beiden Seiten Josie hin, die sich jedoch abwandte. »Bitte, Mr. Spencer, ich kann nicht…« Logan las den Brief. »Wie Sie sehen«, fuhr Spencer fort, »besteht nicht die Möglichkeit eines Verbrechens. Es war Selbstmord. Und«, bei diesen Worten blickte er über den Rand seiner Brille, »der arme Mann hat seine Gründe deutlich erklärt.« »Das sehe ich«, erwiderte Logan wütend. Cambray hatte in einem ausufernden, vor Anschuldigungen strotzenden Schreiben seiner Frau die Schuld an seiner Tat gegeben. »Gibt es sonst noch etwas?« »Das Testament. Dieses befindet sich auch in meiner Hand. Zwar ist es nicht von Zeugen unterzeichnet, aber es ist in der Handschrift des Verstorbenen abgefaßt, also vor dem Gesetz gültig. Und unter den gegebenen Umständen kann ich Mrs. Cambray nur davor warnen, das Testament anzufechten; sie würde damit scheitern.« »Was?« fragte Josie verwirrt. »Nichts, worüber du dir Sorgen machen müßtest«, meinte Logan. Spencer räusperte sich. »Mr. Cambray hat bestimmt, daß all sein Vieh und die beweglichen und unbeweglichen Besitztümer verkauft werden sollen. Der gesamte Erlös soll in einen Treuhandfonds eingezahlt werden, dessen Verwalter ich bin, um für die Ausbildung und den Unterhalt seines Sohnes, Edward John Cambray, aufzukommen. Er äußerte ausdrücklich den Wunsch, daß Josephine Cambray keinen Penny erhalten soll, denn sie hat den Besitz verlassen, um sich in eine ehebrecherische…« »Verschonen Sie uns mit Ihrer Predigt«, fiel Logan ihm ins Wort. »Mrs. Cambray ist seine Witwe, und sie hat ein Recht auf die Farm. Es ist ihre Farm, verdammt noch mal!« »Ich will sie gar nicht«, sagte Josie. »Aber sie gehört dir doch«, widersprach Logan. »Das Testament ist nicht rechtsgültig.« »Mir ist es lieber, wenn Ned sie bekommt«, meinte sie nachdrücklich, und Spencer gab ein zufriedenes Grunzen von sich. Gegen Logans Rat bestand Josie darauf, Ned noch am gleichen Tag zu besuchen. Man ließ sie in der gebohnerten Vorhalle des Internats warten, bis schließlich der Direktor kam, um sie zu empfangen. »Es tut mir leid«, sagte er, wobei er allerdings eher streng als bedauernd dreinblickte. »Aber ich habe Anweisungen von Mr. Spencer. Nach dem Letzten Willen des Verstorbenen dürfen Sie den kleinen Edward nicht sehen. Er befindet sich in guten Händen, die Lehrer haben ihm den Tod seines Vaters mitgeteilt, und er trägt es recht tapfer.« »Seine Mutter hat das Recht, ihn zu sehen, ganz gleich, was in diesem Testament steht«, widersprach Logan, doch der Direktor blieb hart. »Mr. Spencer bezahlt die Rechnungen, also muß ich mich an seine Anweisungen halten. Ich habe selbst mit dem Knaben gesprochen, und ich muß Ihnen mitteilen, daß er seine Mutter nicht zu sehen wünscht. Darin läßt er sich nicht beirren, und deshalb meine ich, daß es das beste wäre, wenn Sie jetzt gehen.«
* * *
Logan brachte Josie zurück in seine Wohnung. Ihm schwante, daß noch weitere Schwierigkeiten ins Haus standen, da der Skandal inzwischen in aller Munde war. Deswegen war er auch nicht weiter überrascht, als er einen bedrückt aussehenden Büroboten entdeckte, der vor der Tür auf und ab ging. »Ein Brief für Sie, Mr. Conal. Den soll ich Ihnen persönlich übergeben.« Gleichzeitig warf er Josie einen frechen Blick zu, und da er zum ersten Mal eine Ehebrecherin zu Gesicht bekam, fielen ihm fast die Augen aus dem Kopf. Logan nahm das Schreiben entgegen und versetzte dem Burschen für seine Unverschämtheit eine kräftige Ohrfeige. »Von wem ist der Brief?« fragte sie, während sie vor ihm die Treppe
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