Weizenwampe
den ersten sechs Monaten ihres Weizenentzugs 12,5 Kilo abnahmen. 21 In der bereits erwähnten Studie der Universität Columbia konnte Weizenverzicht die Zahl der stark Übergewichtigen innerhalb eines Jahres halbieren, und über die Hälfte der Teilnehmer mit einem anfänglichen BMI von 25 bis 29,9 verloren durchschnittlich knapp zwölf Kilo. 22 Der federführende Gastroenterologe der Studie, Professor Dr. Peter Green, hält es allerdings für »unklar, ob die reduzierte Kalorienzufuhr oder ein anderer ernährungsbedingter Faktor« für den Gewichtsverlust bei der glutenfreien Ernährung verantwortlich ist. Liegt es denn nach allem, was wir bisher erfahren haben, wirklich nicht auf der Hand, dass dieser auffällige Gewichtsabbau auf dem Weizenverzicht beruht?
An Kindern wurden ähnliche Beobachtungen gemacht. Kinder mit Zöliakie entwickeln nach der Umstellung auf glutenfreie Kost wieder Muskeln und wachsen normal, setzen aber im Vergleich zu Kindern ohne Zöliakie weniger Fett an. 23 (Gewichtsveränderungen bei Kindern lassen sich schlechter vergleichen, weil diese noch im Wachstum sind.) Eine andere Studie zeigte, dass bei adipösen Kindern mit Zöliakie die Hälfte einen normalen BMI erreichte, nachdem diese Kinder keinen Weizen mehr aßen. 24
Das Spannende daran ist, dass Zöliakiepatienten keine sonstigen Ernährungsvorschriften auferlegt werden. Sie müssen nur auf Gluten (und damit Weizen) verzichten. Keine weitere Diät, kein Kalorienzählen, keine Mengenbeschränkung, kein Sport oder sonstige Methoden zum Abnehmen – nur kein Weizen mehr. Sie erhalten keinerlei Vorgaben für die Kohlenhydrat- oder Kalorienzufuhr, sondern essen einfach kein Weizengluten mehr. Das bedeutet natürlich auch, dass manche Menschen nun massenweise »glutenfreie« Nahrungsmittel wie Brot, Kuchen oder Kekse essen und davon ganz erheblich zunehmen. (In Teil 3 dieses Buches werde ich darauf eingehen, wie wichtig es ist, dass jemand, der abnehmen möchte, nicht einfach ein gewichtsförderndes Lebensmittel – Weizen – durch ein vergleichbares, glutenfreies Produkt ersetzt.) Bei vielen glutenfreien Ernährungsprogrammen wird man sogar ausdrücklich ermuntert, glutenfreie Nahrungsmittel zu kaufen. Trotz dieser zweifelhaften Empfehlungen bleibt unleugbar: Übergewichtige Zöliakiepatienten können durch Verzicht auf Weizengluten deutlich abnehmen.
Die Wissenschaftler, die diese Studien durchführten, vermuteten zwar, dass es »andere Faktoren« geben könnte, erwähnten jedoch nie, dass der Gewichtsverlust durch das Streichen eines gewichtsfördernden Lebensmittels zustande kommen könnte, nämlich den Weizen.
Interessanterweise nehmen diese Patienten im Vergleich zu anderen merklich weniger Kalorien zu sich, sobald sie sich glutenfrei ernähren, obwohl sie unbegrenzt andere Nahrungsmittel essen dürften. Bei glutenfreier Ernährung wurde eine um 14 Prozent geringere Kalorienzufuhr ermittelt. 25 Eine weitere Studie ergab, dass Zöliakiepatienten, die sich streng an die Glutenvermeidung hielten, täglich 418 Kalorien weniger aßen als nicht ganz so therapietreue Patienten, die weiter Weizen zuließen. 26 Bei einer täglichen Kalorienzufuhr von 2500 Kalorien entspricht dies einem Rückgang um 16,7 Prozent. Was meinen Sie, wie das Gewicht darauf reagiert?
Aufgrund ihrer Voreingenommenheit bezüglich gesunder Ernährung bezeichneten die Urheber der ersten Studie die Ernährungsweise, zu der die Teilnehmer nach der Diagnose Zöliakie übergingen, als »unausgewogen«, weil sie weder Nudeln noch Brot noch Pizza enthielt, sondern mehr »falsche natürliche Lebensmittel« (ja, das ist ein Zitat!) wie Fleisch, Eier und Käse. Das heißt, hier wurde ganz unbeabsichtigt und unbewusst bewiesen, dass eine weizenfreie Diät den Appetit mindert und die Kalorien durch echte Lebensmittel ersetzt werden. Eine neuere, gründliche Untersuchung zu Zöliakie von zwei sehr angesehenen Experten erwähnt beispielsweise keinen Gewichtsverlust durch Glutenverzicht. 27 Dabei ist er den Daten klar zu entnehmen: weg mit dem Weizen, runter mit dem Gewicht. Der Gewichtsverlust infolge einer weizen- und glutenfreien Diät wird eher nebenbei erwähnt und auf die mangelnde Vielfalt des Angebots geschoben, nicht auf den Weizenverzicht selbst. (Wie Sie später sehen werden, leidet die Vielfalt keineswegs unter dem Verzicht auf Weizen. Auch ohne Weizen gibt es noch jede Menge schmackhafter Nahrung.)
Es mag an den fehlenden Exorphinen liegen, am Ausstieg aus dem
Weitere Kostenlose Bücher