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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sagte, es würde ihr leid tut, und sie klang, als meinte sie es ehrlich. Sie mochte mich wirklich und glaubte, dass ich sie auch mochte, aber würde das reichen, damit ich den Mund hielt? Sie stellte sich diese Frage wirklich, und natürlich lautete die Antwort, nein, es würde verdammt noch mal nicht reichen. Ich fühlte mich also schon damals zumindest zum Teil verantwortlich für das, was geschehen war.
    Sie war gut in ihrem Job, diese Linda, das muss ich ihr lassen. In all ihren Jobs.
    Sie hoffte, dass wir Freunde blieben. Tatsächlich wäre sie gern meine liebende Freundin geblieben, so sehr hatte es ihr gefallen. Aber im Moment erschien es ihr als das Beste, eine kleine Pause einzulegen, damit ich Zeit hatte, über die Situation nachzudenken, so wie sie sich auf den mir vorliegenden Stillleben präsentierte.
    Von diesen Aufnahmen hatte ich nur eine kleine Auswahl gesehen, es gab da noch ein Video und Aufnahmen von mir bei der Geldübergabe an bekannte Dealer, außerdem hatten sie noch eine Blutprobe von mir, deren Analyse beweisen würde, dass ich bis über beide Ohren zugedröhnt war.
    Dann sagte sie, sie würde sich später wieder melden, und legte auf.
    Es klingelte an der Tür. Ich war noch immer so daneben, dass ich rausging, ohne auch nur einmal darüber nachzudenken.
    Es war Kay. Muss für sie ein Schock gewesen sein, mich so zu sehen, splitterfasernackt, Wasser tropfte runter auf den Flurläufer, aber sie zwinkerte noch nicht mal, sondern fragte nur, ob Linda da sei.
    Ich glaube, ich sagte ein paar unschöne Dinge über Linda. Kay fragte, ob sie reinkommen könnte. Erst jetzt wurde mir mein Zustand bewusst, und ich schoss davon, um mich abzutrocknen und angemessen anzuziehen. Als ich vom Bad in mein Schlafzimmer kam, war sie da drin und sah sich die Bilder an. Ich fragte sie nicht, was sie hier tat. Für mich war einzig von Bedeutung, dass sie nicht glaubte, was sie auf den Fotos sah. Also erzählte ich ihr alles.
    Sie schien nicht überrascht, sondern ging nach unten. Ich hörte sie am Telefon, als ich mich anzog.
    Als ich runterkam, reichte sie mir eine Tasse Kaffee, und dann machte sie mir einen großen Berg Toast und Rühreier und ein halbes Dutzend Speckstreifen. Nachdem ich alles verdrückt hatte, fühlte ich mich besser. Mir war nach einem Drink zumute, aber sie verweigerte mir jeden Alkohol, bevor sie mir nicht eine zweite Essensladung aufgetischt hatte. Dann schenkte sie zwei Gläser Malt ein, ein großes und ein kleines, und gab mir das kleine.
    Seitdem ich sie zum ersten Mal gesehen hatte, hielt ich sie für einen ganz besonderen Menschen, aber jetzt, nachdem sie mir den kleinen Highland Park gegeben und den großen für sich selbst behalten hatte, war ich mir dessen ganz sicher.
    Danach schürte sie den Kamin an, und wir unterhielten uns, nicht über Linda, sondern einfach über alltägliche Sachen, und schließlich musste ich weggedöst sein, denn plötzlich wurde ich von der Türklingel geweckt, und als ich die Augen öffnete, war es nach neun.
    Ich hörte Kay an der Tür, sie sprach mit jemandem, dann kam sie zu mir rein. Sie trug einen Pappkarton und stellte ihn vor den Kamin. Dann sagte sie, sie müsse jetzt gehen, würde aber am nächsten Morgen anrufen, um sich zu erkundigen, wie es mir ging.
    Sie war so schnell fort, dass ich mich noch nicht mal bedanken konnte.
    Die nächste halbe Stunde saß ich nur da und starrte auf den Karton. Es ging mir jetzt nämlich besser, und ich wollte nicht, dass sich diese Stimmung wieder verflüchtigte. Allein durch das Reden mit Kay hatte ich mich so weit beruhigt, dass es zwar noch immer düster aussah, schwarz wie die Mitternacht, aber irgendwie schien die Mitternacht nicht mehr so fürchterlich zu sein.
    Und dann, nur weil ich mich völlig kaputt fühlte und beschloss, dass es an der Zeit fürs Bett sei, warf ich einen Blick in den Karton.
    Ich war schlagartig munter.
    Ich konnte es nicht glauben. Ich dachte, ich müsste wieder halluzinieren. Es war alles da.
    Fotos, Negative, das Video, sogar die kleine Blutampulle.
    Alles.
    Ich blieb nicht untätig.
    Ich schürte das Feuer wieder an, bis es richtig loderte, und warf alles im Karton in die Flammen, ich saß mit meiner Flasche Malt davor und stocherte gelegentlich in den Kohlen, bis nichts mehr übrig war als ein Haufen heißer Asche.
    Dann ging ich ins Bett.
    Ende der Geschichte. Ende der Aussage.
    Mein Gott, von dem vielen Reden wird man durstig. Soll ich dir noch mal nachschenken,

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