Welch langen Weg die Toten gehen
Klostererzieherinnen, in deren Büchern mangelnde römisch-katholische Doktrin durch ebensolchen Mangel an Sex, Gewalt, Körperfunktionen und männlicher Internalisierung mehr als ausgeglichen wurde. Für die junge Novello hatten diese langweiligen Frauen anscheinend nichts anderes zu tun gehabt, als andere langweilige Frauen zu besuchen und mit ihnen langweilige Gespräche zu führen. Als sie dagegen die Brontës entdeckte, war es, als würde ein pubertierender Junge über Vaters
Playboy
stolpern. Gut, die Bücher waren stellenweise ein wenig langatmig, aber wenn man durchhielt, bemerkte man schnell, dass Heathcliff und Rochester sicherlich Haare auf der Brust hatten, auch wenn dies explizit nie erwähnt wurde, während bei Mr. Darcy jegliche Form der Körperbehaarung kaum vorstellbar schien.
Ihr nachlassendes Interesse am Fall wurde enorm wiederbelebt, als sie am Haus der Dunns ankamen und sie den Brocken von Mann sah, der ihnen die Tür öffnete. Ein wandelndes Sexpaket, über eins neunzig groß, fabelhaft anzusehen, mit einem Körper, der von den breiten Schultern zur schnuckeligen Taille zusammenlief, um sich dann gerade so weit zu verbreitern, um einen köstlich kompakten Arsch erahnen zu lassen. Obwohl ihre Vorlieben eher auf den massiven Gewichthebertypen abzielten, hatte sie nichts dagegen, bei einem griechischen Diskuswerfer eine Ausnahme zu machen, wenn er ihr über den Weg laufen sollte. Noch dazu, wenn er unrasiert war und aussah, als hätte er in den Klamotten geschlafen, die er am Leib trug.
Sein Blick schweifte über sie, wie er es wohl bei jeder neuen Frau machte. Und, schätzte sie, er ließ sich auch nicht von ihrer langweiligen Kleidung abschrecken. Dass der andere den Schokoriegel wahrnahm und nicht die Verpackung, war eines ihrer Talente. Aber er entschied für sich, heute nicht weiter auf das Angebot einzugehen. Sein Hauptinteresse galt dem DCI .
»Mr. Dunn«, sagte Pascoe. » DCI Pascoe. Wir haben uns schon im Moscow House kennen gelernt. Meine Glückwünsche.«
»Danke«, sagte Dunn und erwiderte das Lächeln.
»Ich würde mit Ihnen gern ein paar Worte wechseln.«
Das Lächeln erlosch.
»Wollte gerade noch ein wenig aufräumen und dann wieder ins Krankenhaus«, sagte er.
»Dauert nicht lange«, sagte Pascoe und schob sich sacht, aber unerbittlich ins Haus. »Wie geht es allen?«
»Gut. Es geht ihnen gut.«
»Schön. Und Sie genießen die Stille vor dem Sturm.«
»Sturm?«
»Wenn Sie sie nach Hause bringen. Ich weiß noch, wie es mit einem war, und Sie haben zwei. Es ist großartig, klar, aber Sie werden ihnen nicht entkommen, am Anfang wird es ein wenig hektisch werden. Haben Sie jemanden, der Ihnen hilft? Ihre Familie? Die von Helen?«
Sie befanden sich mittlerweile in einem großen Wohnzimmer. Novello gefielen die Farben. Wunderbar tiefe, weiche Möbel und ein Veloursteppich, in dem tief die Füße einsanken. O ja. Nicht nur die Füße.
»Meine Mutter ist schon tot«, sagte er. »Und zu Helens Familie hatten wir in den letzten Jahren kein unbedingt enges Verhältnis. Bis auf Kay. Mrs. Kafka, Helens Stiefmutter. Sie meint, sie würde kommen und aushelfen, wann immer sie kann.«
»Ah, das ist schön. Also keine böse Schwiegermutter?«
»Nein, sie ist großartig. Worüber wollen Sie mit mir reden, Mr. Pascoe?«
»Will nur die Abfolge der Ereignisse der vergangenen Nacht klarstellen. Coroner sind beckmesserische Erbsenzähler. Wenn Sie also nichts dagegen haben. Lieber jetzt, bevor die Familie nach Hause kommt und Sie keine Minute mehr Zeit haben!«
Pascoe war froh, dass Ellie nicht sein joviales, erfahrenes Vatergetue mit anhören musste, aber Dunn schien sich dabei zu entspannen.
»Okay, schießen Sie los.«
»Ihre Squash-Partie war für sieben angesetzt, stimmt das?«
»Ja.«
»Und gewöhnlich haben Sie sich mit ihm wann getroffen?«
»Zwanzig Minuten, eine Viertelstunde vorher.«
»In den Umkleideräumen?«
»Ja.«
»Und ab wann haben Sie sich Sorgen gemacht?«
»Als es sieben wurde, nehme ich an.«
»Mr. Maciver war sonst immer sehr pünktlich?«
»Ziemlich.«
»Was haben Sie dann getan?«
»Ich hab versucht, ihn auf seinem Handy zu erreichen. Aber es war abgeschaltet. Dann rief ich in seinem Laden an. Ging niemand ran. Schließlich Sue-Lynn, das ist Mrs. Maciver, um zu erfahren, ob sie was gehört hat.«
»Das war dann so fünf nach sieben?«
»Fünf nach, zehn nach. Und etwas später rief ich hier an, um zu sehen, ob er dort eine Nachricht
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