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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Erleichterung, sein Büro erreicht zu haben, ohne abgefangen worden zu sein, verflüchtigte sich, als er mitten auf seinem Schreibtisch ein von einem Brieföffner aufgespießtes Blatt Papier entdeckte, auf dem ZU MIR ! gekritzelt war.
    Eine natürliche Empörung darüber, wie ein unartiger Schuljunge ins Büro des Rektors zitiert zu werden, gärte in ihm. Sein Stolz verlangte, dass er sich nicht schleunigst auf dem Weg machte, weshalb er sich erst einmal mit der Ablage für die Eingänge beschäftigte. Ein Beweisbeutel war dort abgelegt worden, er enthielt eine Schlangenleder-Brieftasche, etikettiert als
Brieftasche aus der Jacke des Verschiedenen, Moscow House. Untersucht und zu den Akten gegeben. Ergebnis: keines.
Was bedeutete, dass sie aus Sicht der Spurensicherung der trauernden Witwe ausgehändigt werden konnte.
    Er öffnete sie und schüttelte den Inhalt auf den Schreibtisch. Viel war es nicht. Achtzig Pfund in Scheinen. Drei Kreditkarten. Einige Visitenkarten mit der Aufschrift
Archimagus Antiques
, dazu Telefon- und Faxnummern und die E-Mail-Adresse. Und eine weitere Karte, in auffallendem Gold, darauf in Rot eingeprägt der Name
JAKE GALLIPOT
und eine Telefonnummer aus Harrogate. Kurz dachte er daran, sie anzurufen, aber wozu? Es würde die Sache nur noch weiter verzögern. Seine Empörung hatte sich zu einem flauen Gefühl im Magen abgemildert. Zeit, sich dem Donnerwetter zu stellen. Er sah sich nach einem Talisman um, der ihn gegen die geschleuderten Blitze schützen könnte. Schließlich öffnete er die Schreibtischschublade und holte die Tonbandkassette heraus, die ihm Novello diesen Morgen gebracht hatte. Er ließ sie in seine Tasche gleiten und machte sich auf den Weg zum Rektorenbüro.
    Edgar Wield stand bereits davor, die Faust erhoben, als wollte er soeben an die Tür klopfen, erstarrte mitten in der Bewegung, als er Pascoe kommen sah, und formte lautlos die Worte
zu mir?
    Pascoe nickte und deutete mit einer Handbewegung an, dass er ihm den Vortritt lasse.
    Doch bevor sie sich darauf geeinigt hatten, wem der Vorrang gebührte, wurde die Tür aufgerissen, und der Erzfeind erschien leibhaftig.
    »Da seid ihr ja – der Schöne und das Biest! Hängt nicht rum und raubt mir das Licht, kommt rein!«
    Sie schritten voran, hinter ihnen krachte die Tür zu. Der Dicke ging um seinen Schreibtisch herum und ließ sich schwer dahinter nieder.
    Pascoe erwog, sich ebenfalls zu setzen, nur um deutlich zu machen, dass höherrangige Beamte nicht wie unartige Kinder behandelt werden konnten, doch dann hätte Wield als Einziger stehen müssen.
    Es war immer schön, einen guten Grund zu finden, um nicht das zu tun, wovor man Angst hatte.
    »Gut«, sagte der Dicke und fixierte Wield mit seinem Medusenblick, »fangen wir mit dir an. Was hattest du heute Mittag im Goldenen Vlies herumzuschleichen?«
    »Ich bin nicht herumgeschlichen. Ich war zum Mittagessen dort«, sagte Wield.
    »Nicht herumgeschlichen? Du kommst vom Parkplatz, glupschst mich im Wintergarten an, verziehst dich, damit du mir durch die Hecke nachspionieren kannst, und das nennst du nicht Herumschleichen? Dann möchte ich aber mal erleben, wenn du wirklich herumschleichst! Wer hat dich geschickt?«
    Sein Blick streifte Pascoe.
    Der neurotische alte Furzer, dachte Pascoe verwundert, glaubte, ich hätte ihn beschatten lassen!
    »Niemand. Im Vlies findet ein Antiquarentreffen statt. Edwin ist für die Organisation zuständig, und ich hab mich mit ihm dort zum Mittagessen getroffen«, sagte Wield. Zum ersten Mal spürte Pascoe, dass er den Sergeant um sein Gesicht beneidete. Wie der mit Kopfsteinen gepflasterte Vorplatz eines Bauernhofs blieb sein Gesichtsausdruck immer gleich, egal, welchen Mist man auf ihm ablud.
    »Oh aye?«, sagte Dalziel. »Du schleichst nicht herum, du kommst nur auf ein literarisches Mittagessen vorbei. Sehr einleuchtend.«
    Er klang wie ein Richter, der einen Freispruch mangels Beweisen verkünden musste.
    Sein Blick wanderte zu Pascoe.
    »Chief Inspector, ich bin gerade Paddy Ireland begegnet. Als ich ihn frage, wie’s mit dem Maciver-Selbstmord vorangeht, sagt er, so weit er weiß, kümmern wir uns noch darum. Ich prüf es nach und finde heraus, dass du Novello alle Akten über Pals Selbstmord vor zehn Jahren hast ausgraben lassen, und dann seist du mit ihr zu einem Rundgang aufgebrochen. Also, spuck’s aus, Bursche. Was verdammt noch mal hat sich ereignet, was ich nicht weiß?«
    Was würde sich schon zu ereignen wagen, ohne dass

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