Wellenbrecher
so lange gebraucht, um mir die Hände zu waschen und den Gestank loszuwerden, daß wir gar nicht mehr gefahren sind.«
»Also nachdem Sie mit Steven Harding geschlafen hatten?«
»Ja.«
»Danke. Die letzte Frage. Wo war Tony Bridges während dieser Ferien im Mai?«
»Ach, am Ende der Welt«, sagte sie mit Betonung. »Seine Eltern haben einen Wohnwagen an der Bucht von Lulworth, da fährt Tony immer mal allein hin, wenn er Energie tanken muß. Ich habe ihm schon hundertmal gesagt, er soll in der Schule aufhören, er haßt Kinder nämlich. Er sagt immer, wenn er mal einen Nervenzusammenbruch kriegen sollte, dann wär’s ihre Schuld, auch wenn alle anderen wahrscheinlich behaupten, er hätte zuviel Gras geraucht.«
Die Vernehmung Steven Hardings gestaltete sich schwieriger. Man teilte ihm mit, daß Marie Freemantle vor der Polizei eine Aussage über ihre Beziehung zu ihm gemacht hatte, und wies ihn darauf hin, daß er wegen ihres Alters mit einer Anzeige rechnen müsse. Dennoch lehnte er es ab, einen Anwalt hinzuzuziehen. Er habe nichts zu verbergen, erklärte er. Er schien anzunehmen, man habe Marie Freemantle aufgrund seines inoffiziellen Gesprächs mit Nick Ingram am vergangenen Abend befragt, und weder Carpenter noch Galbraith belehrten ihn eines Besseren.
»Sie haben derzeit eine Beziehung zu einem fünfzehnjährigen Mädchen namens Marie Freemantle?« begann Carpenter.
»Ja.«
»Und Sie wußten, als Sie das erstemal Geschlechtsverkehr mit ihr ausübten, daß sie minderjährig war?«
»Ja.«
»Wo ist Marie Freemantle wohnhaft?«
»In Lymington, Dancer Road 54.«
»Wieso hat Ihr Agent uns erzählt, Sie hätten eine Freundin namens Marie, die in London lebt?«
»Weil er glaubt, daß sie dort lebt. Er hat ihr ein paar Fototermine verschafft, und da sie nicht wollte, daß ihre Eltern was davon erfahren, haben wir eine Adresse in London angegeben.«
»Was waren das für Fototermine?«
»Für Nacktaufnahmen.«
»Pornographie?«
Harding fühlte sich sichtlich unbehaglich. »Nur Softporno.«
»Videos oder Standaufnahmen?«
»Standaufnahmen.«
»Waren Sie auch auf diesen Fotos?«
»Auf einigen«, gab er zu.
»Wo sind die Aufnahmen jetzt?«
»Ich habe sie von meinem Boot aus über Bord geworfen.«
»Weil sie Sie bei unsittlichen Handlungen mit einer Minderjährigen zeigten?«
»Sie sieht nicht wie eine Minderjährige aus.«
»Beantworten Sie die Frage, Mr. Harding. Haben Sie die Aufnahmen über Bord geworfen, weil sie Sie bei unsittlichen Handlungen mit einer Minderjährigen zeigten?«
Harding nickte.
»Steven Harding beantwortet die Frage mit Kopfnicken«, diktierte Carpenter ins Mikrofon und fuhr dann fort: »Wußte Tony Bridges, daß Sie mit Marie Freemantle ein Verhältnis hatten?«
»Was hat Tony damit zu tun?«
»Beantworten Sie die Frage, Mr. Harding.«
»Ich glaube nicht. Ich hab’s ihm nie erzählt.«
»Hat er die Fotos von ihr gesehen?«
»Ja. Er kam am Montag zu mir aufs Boot, und da lagen sie auf dem Tisch.«
»Hatte er sie vorher schon einmal gesehen?«
»Ich habe keine Ahnung. Er hat vor vier Monaten mal mein Boot völlig auseinandergenommen.« Er fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen. »Kann sein, daß er sie da gefunden hat.«
Carpenter lehnte sich zurück und spielte mit seinem Füller. »Was ihn sicher wütend machte«, sagte er. »Sie ist eine Schülerin von ihm, und er hatte offenbar selbst etwas für sie übrig, durfte sich ihr aber seiner Stellung wegen natürlich nicht nähern.«
»Ich - ja, kann schon sein.«
»Unseren Informationen zufolge haben Sie Marie Freemantle am vierzehnten Februar kennengelernt. Hatten Sie zu dieser Zeit intime Beziehungen zu Kate Sumner?«
»Ich hatte keine Beziehung zu Kate.« Er zwinkerte nervös, während er, wie Bridges am Abend zuvor, zu erahnen versuchte, wohin diese Fragen führen würden. »Ich war ein einziges Mal bei ihr zu Hause, und sie - na ja - sie hat sich mir förmlich an den Hals geworfen. Es war ganz okay, aber ich habe nie besonders auf ältere Frauen gestanden. Ich habe ihr klar und deutlich zu verstehen gegeben, daß ich kein Interesse an etwas Längerfristigem hätte, und ich dachte, das hätte sie begriffen. Es war nichts weiter als eine schnelle Nummer in der Küche - weiß Gott nichts Weltbewegendes.«
»Dann lügt Mr. Bridges also, wenn er behauptet, daß die Beziehung drei oder vier Monate dauerte?«
»Ach, Herrgott noch mal!« Harding wurde zusehends nervöser. »Hören Sie, es kann sein,
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