Wellentänze: Roman (German Edition)
sollen wir denn nun ohne einen Ersatz für Jason zurechtkommen?«, fragte Suzy viele Minuten später, während sie sich mit leichten, kreisenden Bewegungen Nachtcreme ins Gesicht rieb. »Es ist schon schlimm genug, solange Fergus noch da ist. Ohne ihn wird es die reinste Hölle sein. Abgesehen von der Kocherei und der Arbeit mit dem Boot, brauchen die Passagiere so viel Aufmerksamkeit. Onkel Ralph hätte mich warnen müssen.«
»Ich nehme an, es wird im Laufe der Woche einfacher. Außerdem wissen die Gäste dann, was sie erwartet«, erwiderte Julia, die keine Energie mehr aufbrachte, um sich über Fältchen in den Augenwinkeln den Kopf zu zerbrechen. »Es ist unsere erste Fahrt, und nur deshalb ist alles so schwierig.« Sie kuschelte sich in ihren Schlafsack. »Die nächsten siebenundzwanzig Touren fallen uns bestimmt leichter.«
Unter Aufbietung all ihrer Willenskraft schaffte Julia es, fünf Minuten vor Norman in der Kombüse zu sein und den Kessel aufzusetzen. Es war zehn nach sieben. Sie konnte nur mit roher Gewalt die Augen öffnen. Warum musste jemand, der Urlaub hatte, so früh aufstehen?
»Guten Morgen! Und ich glaube, es wird wirklich ein schöner Morgen werden«, sagte er strahlend. »Ich habe gerade einen Spaziergang gemacht. Es ist wunderschön hier, nicht wahr? Ich meine, die Weiden, die am Fluss wachsen, und die Wiesen dahinter?«
Julia nickte. Sie wollte ihm nicht gern erzählen, dass sie von Stratford bisher nichts kannte als den Supermarkt und was man eben vom Boot aus sehen konnte, wenn man kochte oder putzte. Auch das Theater hatte sie nur deshalb gesehen, weil sie direkt gegenüber vor Anker lagen.
»Hmm, ja, das stimmt. Möchten Sie einen Zwieback zum Tee, Norman?«
»Nein, aber trotzdem vielen Dank. Ich bringe diese Tasse zu Florence rüber und lasse Sie dann weiterarbeiten. Sie haben wahrscheinlich eine Menge zu tun.«
Die restlichen Passagiere trudelten nach und nach ein, und sie wollten alle Tee, Kaffee oder nur ein paar freundliche Worte. Julia deckte den Tisch und bereitete das Frühstück so weit wie möglich vor; sie schnitt die Schwarte vom Speck ab und bereitete – eine etwas übereilte Aufmerksamkeit, die ihren amerikanischen Gästen galt – Scones zu, die wie amerikanische Pfannkuchen aussahen.
Suzy schlich auf dem Dach herum, begrüßte die Passagiere, die nach und nach oben auftauchten, und verschwand dann in deren Kabinen, während sie sich mit Julia unterhielten. Julia bezweifelte indes stark, dass Suzy Zeit hatte, mehr zu tun, als rasch die Waschbecken auszuwischen, die Papierkörbe zu leeren und die Federbetten aufzuschütteln.
Nachdem alle Gäste gefrühstückt hatten – jeder war bei der Bestellung eine Spur von der ausliegenden Speisekarte abgewichen –, traf Julia den Entschluss, in Zukunft für jeden Passagier erst dann zu kochen, wenn er in der Kombüse auftauchte. Auf diese Weise brauchte sie sich keine Sorgen um angetrocknete Spiegeleier oder Häutchen auf der Milch zu machen. Aber endlich hatten alle genug Tee, Kaffee und Aussprache gehabt, und Julia konnte den Tisch abräumen.
Während die Fahrgäste den Schwänen, die mit dem Schnabel ans Boot klopften, um gefüttert zu werden, Brotreste zuwarfen, erledigte Julia den Abwasch. Suzy hatte zwar irgendetwas vor sich hin gemurmelt, dass sie in einer Minute zurück sein werde, um diese Arbeit zu übernehmen, aber Julia war klar, dass ihre junge Freundin wahrscheinlich ein Dutzend anderer Dinge zu tun hatte, und machte sich daher selbst ans Werk. Sie hatte jede einzelne Tasse und jeden Unterteller abgetrocknet, eine Pastete zubereitet und schon die Zwiebeln für die Quiche Lorraine zum Mittagessen gehackt, als Suzy endlich auftauchte. Fergus war nirgends zu sehen.
Suzy kam in die Kombüse und musterte den Flussführer mit so finsterem Blick, als wollte sie ihn zwingen, mehr Geheimnisse preiszugeben, als auf der gedruckten Seite zu erkennen waren. »Wenn ich nur wüsste, welche Teile dieser Route wir im Päckchen fahren können, wäre alles so viel leichter. Wenn wir das Bulty hinter uns herschleppen«, fügte sie ungeduldig hinzu, »haben die Leute ein Problem, wenn sie irgendetwas aus ihren Kabinen holen wollen. Und selbst wenn wir an kurzer Leine schleppen, müssen wir alles holen, was die Gäste haben wollen, weil wir sie unmöglich während der Fahrt von einem Boot zum anderen klettern lassen können.«
»Natürlich nicht.« Julia war selbst nicht allzu versessen auf eine solche Kletterpartie, hätte dies
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