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Wellentänze: Roman (German Edition)

Wellentänze: Roman (German Edition)

Titel: Wellentänze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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jetzt wieder an die Arbeit. Ich habe wirklich keine Zeit zu plaudern.«
    Rupert plauderte niemals und nahm diese Andeutung übel. »Ich versuche, dir zu helfen, Julia. Bist du dir ganz sicher, dass du die Papiere nicht versehentlich mitgenommen hast?«
    »Rupert! Ich schwöre, ich habe nichts mitgenommen als die Babyfotos der Kinder und eine Topfpflanze!«
    »Bist du dir absolut sicher?«
    Julia schluckte ihren Ärger hinunter. »Ich denke, es wäre mir aufgefallen, wenn ich einen Aktenordner unterm Arm getragen hätte. Und jetzt entschuldige mich bitte. Wir sind in einer Flucht von zweiundvierzig Schleusen, und ich bin allein für das Schleppboot zuständig.«
    »Kannst du wirklich einer Person trauen, die dir die Verantwortung über ein Boot überlässt?«
    Julia konnte ihren Bruder noch ungläubig und missbilligend schnauben hören, lange nachdem sie beide aufgelegt hatten.
    Jetzt, mehrere Stunden und etliche tausend Schleusen später, war sie nicht in der Laune, Mitleid mit kerngesunden jungen Männern zu haben, die an Klaustrophobie litten. »Und wenn ich dir jetzt erzähle, dass ich auch Platzangst habe?«
    »Das kannst du nicht machen!«, jammerte Suzy, die nichts von dem Telefongespräch wusste. »Wayne ist in allen anderen Dingen so verlässlich. Ich möchte ihn nicht aufregen.«
    »Aber es macht dir nichts aus, mich aufzuregen?« Dann sah sie den besorgten Ausdruck auf Suzys Gesicht und fügte hinzu: »Das war nur ein Witz.« Sie lächelte beruhigend. »Ich werde das Bulty durch diese verdammten Tunnel steuern. Doch was will Wayne denn machen? Will er zu Fuß über den Berg gehen?«
    Suzy nickte. »Aber er hat versprochen, dafür den Rest der Woche den Abwasch nach dem Abendessen zu übernehmen. Als Buße, weil er so ein Waschlappen ist.«
    Die Fahrt durch lange, dunkle, tropfende Tunnel, über vierzig Meter entfernt vom Topplicht und den gutgelaunten Passagieren im Vorschiff des Schleppboots, war alles andere als ein Spaß, aber Julia entdeckte, dass Singen half. Erst hinterher, als das Boot wieder im Sonnenlicht auftauchte und alle ihr applaudierten, begriff sie, dass die Fahrgäste jeden einzelnen falschen Ton gehört hatten.
    Sie hatte flüchtig über die verschwundenen Unterlagen nachgedacht, aber der Brief des Rechtsanwalts war einfach zu vage gewesen. Ohne zu wissen, um welche Papiere es sich handelte, konnte sie auch keine Vermutungen darüber anstellen, wo sie sich vielleicht befanden.
    Etwas Ähnliches sagte sie einige Tage später am Telefon zu Rupert, als sie einmal gerade nicht am Ruder stand. »Du musst sie dazu bewegen, mir zu verraten, um welche Papiere es sich handelt.«
    »Es muss um eine Art Kundenliste gehen«, erwiderte ihr Bruder. »Sonst würde man nicht andeuten, du hättest die Papiere an eine Konkurrenzfirma weitergegeben.«
    »Ich habe nie eine richtige Kundenliste besessen. Ich hatte lediglich Akten, die meines Wissens nach immer noch an Ort und Stelle sind.«
    Bevor ihr Bruder antworten konnte, geriet sie in ein Funkloch und die Verbindung brach ab. Handys, so ging es Julia durch den Kopf, hatten unbedingt ihre Vorteile.
    Die Woche schien im Flug zu vergehen, und während einer fröhlichen Feier am Freitagabend war man sich allenthalben einig, dass die zweite Tour genauso erfolgreich verlaufen war wie die erste. Alle Passagiere bekundeten die Entschlossenheit wiederzukommen. Selbst Delphine hatte festgestellt, dass sie im Urlaub doch nicht nur trinken und rauchen wollte, und obwohl sie nie ganz dahinter gekommen war, wie Schleusen funktionierten oder in welche Richtung sie den Ausgleichsbalken einer Zugbrücke schieben musste, hatte sie das Geschehen doch mit aufmunternden Kommentaren versehen und einmal, als Wayne hinter ihr gestanden und die Hände auf der Winde gehabt hatte, hatte sie es sogar geschafft, ein Schütz hochzukurbeln. Ich habe mich noch nie im Leben so viel bewegt, schrieb sie ins Gästebuch.
    John und seine Frau Betty versicherten, dass sie auf alle Fälle noch einmal wiederkommen wollten, wahrscheinlich noch in derselben Saison. »Mir sind Kanalboote viel lieber als diese schmutzigen Dampfloks, auf die er so versessen ist«, erzählte Betty. »Da muss ich zu Hause wenigstens nicht wochenlang schrubben, um die Kohle aus seinem Overall zu bekommen.«
    Julia, Suzy und Wayne waren allesamt erschöpft, aber zufrieden. Wayne gehörte inzwischen wirklich dazu und füllte mit der gleichen Begeisterung Wasser in die Tanks, mit der er das Auspumpen erledigte. »Es sind

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