Wellentänze: Roman (German Edition)
nicht weiter in den Bug des ersten Hotelbootes stach, das ihnen bisher begegnet war.
»Tut mir Leid, dass das passiert ist«, meinte Suzy. »Das ist unsere erste Saison – und das erste Mal, dass wir diesen Teil des Kanals befahren.«
Suzy hatte der jungen Frau auf dem Nachbarschiff mit ihrer Entschuldigung den Wind aus den Segeln genommen. »Oh. Wo ist Jason?«
Inzwischen hatte Suzy Wayne eine Leine zugeworfen. Er war ans Ufer gesprungen und zog die Pyramus jetzt behutsam zur Seite. »Er hat uns sitzen lassen, kurz bevor die ersten Passagiere kamen.«
»Ach du Scheiße! Dieser Bastard! Warum hat er das getan?«
Suzy zuckte mit den Schultern. »Weil er angeblich nicht für eine Frau arbeiten konnte.«
Diese Bemerkung brachte auch den letzten Rest von Ärger auf der Gegenseite zum Schmelzen. »Das ist mal wieder typisch für diese verdammten Männer. Aber wo ist denn Ralph?«
Bevor Suzy jedoch diese Frage beantworten konnte, erschien ein sehr großer, hagerer junger Mann auf der Bildfläche. »Hätten Sie was dagegen, Ihr verfluchtes Motorschiff aus dem Weg zu schaffen, bevor wir unser verdammtes Bulty aus der Schleuse ziehen können?«, fragte er, obwohl sein Tonfall weniger aggressiv war als seine Ausdrucksweise.
Julia, die bei der ersten Gelegenheit vom Boot gesprungen war, fragte sich, ob er wohl in Gegenwart der Passagiere auch so redete, und hoffte, dass keiner ihrer Gäste in Hörweite war. Nicht dass sie nicht selbst über einen hoch spezialisierten Wortschatz für Stresssituationen verfügt hätte, aber sie neigte dazu, diese Ausdrücke nur dann zu verwenden, wenn sie allein war.
Irgendwie gelang es ihnen, die Boote zu entwirren, und trotz des wenig vielversprechenden Anfangs waren beide Mannschaften erpicht auf ein Gespräch unter Schicksalsgenossen und kamen überein, dass eine Kaffeepause angebracht sei. Als Julia die Porzellansplitter aus der Spüle gefischt, neue Becher hervorgekramt, den Passagieren Kaffee und Kekse serviert und den anderen ein Tablett nach oben gebracht hatte, unterhielten sich Suzy, Wayne und die vier Leute von der Otter und der Beaver miteinander, als wären sie alte Freunde.
»Komm zu uns rüber«, rief Suzy ihr zu. »Die Leute von der Otter und der Beaver erzählen uns gerade, wie man die kleinen Haken an den Kanalwänden benutzt, um das Bulty aus einer Schleuse zu ziehen. Das ist Jed ...«, Sie wies auf den Mann, der das Mädchen beschimpft hatte. »... und das ist Jade.« Das war das Mädchen, das Wayne beschimpft hatte. »Und Nellie und Annie.« Sie zeigte auf zwei langbeinige Schönheiten, die Julia das Gefühl gaben, mit ihren über dreißig Jahren und in ihrer Jeans Größe vierzig uralt und fett zu sein.
»Hi!« Sie streckte den Gästen ein Päckchen mit Keksen hin, die für Notfälle reserviert waren. »Kekse?«
»Ich kann es einfach nicht fassen, dass ihr mit nur drei Leuten als Besatzung zurechtkommt«, meinte Nellie, während die Kekspackung in Julias Hand dahinschrumpfte. »Wir haben schon zu viert unsere liebe Not. Wer außer dir ist denn noch für die Küche zuständig, Julia?«
»Niemand«, antwortete Suzy an ihrer Stelle. »Julia ist eine Heilige.«
»Wohl eher doof«, murmelte Nellie.
»Also«, sagte Jade, »was ist mit Ralph los?«
»Ich habe euch doch erzählt, dass er mein Onkel ist? Nun, er musste das Geschäft mit den Hotelbooten aufgeben. Ich sollte die Boote dieses Jahr mit Jason zusammen betreiben, nur dass der Mistkerl sich verpisst hat. Er ist wirklich ein Schwein.«
»Er hat doch nicht etwa auf diesem neuen Paar angeheuert?«, erkundigte sich Jed.
»Was für ein neues Paar?«, fragte Julia.
»Wir wissen nicht, ob es ein neues Paar ist«, antwortete Annie. »Wir haben nur angenommen, dass ein neues Paar gebaut wurde, weil vor einiger Zeit jemand bei der Werft rumhing, der nach einer Mannschaft suchte. Vielleicht brauchte er aber auch nur Leute für ein bereits existierendes Paar.«
»Und dieser Schleusenwärter oben bei Birmingham war ziemlich knurrig, als wir durchfuhren«, pflichtete Jade ihr bei. »Hat er nicht gesagt, seine Freundin sei zu dem Bastard zurückgekehrt, vor dem er sie gerettet habe? Er klang ziemlich verbittert.«
»Du meinst also, sie hat ihn verlassen, um zu Jason zurückzugehen?«, fragte Annie.
Jed zuckte mit den Schultern. »Hört sich so an. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Jason lange von den Kanälen weg bleibt.«
»Wieso wisst ihr eigentlich über Jason und Ralph Bescheid?«, erkundigte sich Julia,
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