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Wellentänze: Roman (German Edition)

Wellentänze: Roman (German Edition)

Titel: Wellentänze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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war Oscar tagsüber praktisch nie an Bord. Er bediente die Schleusen und manövrierte die Boote hindurch. Außerdem konnte er das hintere Boot steuern, und obwohl Sooty durch nichts dazu zu bewegen war, mit ihm zu steuern, sondern lieber neben dem Boot herschwamm oder den Treidelpfad entlanglief, so blieb der Hund doch wenigstens den Booten fern. Oscar selbst hatte eine aufrichtige Neigung zu den Kanälen gefasst.
    »Hätte ich doch Wayne nie darum gebeten, dieses Video zu drehen«, beklagte Suzy sich bei Julia, als sie am nächsten Morgen vor einer Schleuse warteten. »Mit diesem Camcorder vor der Nase hat er überhaupt keine Zeit mehr, irgendetwas anderes zu tun.«
    Das entsprach den Tatsachen. Julia hatte er stundenlang gefilmt, wie sie das hintere Boot steuerte oder in die Sonne blickte und sich alle Mühe gab, nicht zu blinzeln. Und damit nicht genug. Etliche Mühe hatte er auch darauf verwendet, sie in Szene zu setzen, wie sie sich vorbeugte, um in den Herd zu spähen, oder wie sie mit rotem Gesicht wieder auftauchte. Die Gäste waren mehr als einmal mit offenem Mund gefilmt worden, weil sie die Kamera bemerkt hatten und mitten im Satz abbrachen, und Suzy hatte so oft in Shorts die Boote mit dem Schrubber sauber gemacht, dass die Farbe langsam dünn wurde.
    »Er sagt, er sei fast fertig, und du hast ihn wirklich darum gebeten, diesen Film zu machen.« Julia lehnte sich an den Ausgleichsbalken und genoss diesen Augenblick erzwungener Muße.
    »Aber doch nicht pausenlos! Ich habe nicht geahnt, dass er keine Zeit mehr haben würde, auf dem Boot auch nur einen Handschlag zu tun. Wenn wir Oscar nicht hätten, säßen wir total in der Patsche.«
    Julia verkniff sich eine Antwort. Ihr Gefühl für Fairness zwang sie einzusehen, dass Oscar sich wirklich nützlich machte, aber das konnte sie unmöglich offen zugeben.
    Bis Banbury hatten die Passagiere sich zu einer homogenen Gruppe entwickelt – abgesehen von Mrs. Anstruther –, aber Julia, Suzy und Wayne waren extrem nervös, was sich in ihrem Verhalten untereinander und den Passagieren gegenüber niederschlug. Deshalb sorgten sie dafür, dass die Passagiere den Vormittag in der Stadt verbrachten und das Mittagessen in einem hoffentlich geziemend ruhigen Gasthaus einnahmen. Für Mrs. Anstruther würde es wahrscheinlich das erste Mal im Leben sein, dass sie einen Pub betrat.
    Hinter diesem Plan steckte die Absicht, Julia Zeit zu verschaffen, ihren Bruder anzurufen und herauszufinden, ob sich die verschwundenen Unterlagen bei Strange’s wieder eingefunden hatten. Sie hatten nicht, und Rupert war voller böser Ahnungen bezüglich möglicher weiterer Schritte der Gegenseite. Aber Julia war nicht in der Stimmung für einen Vortrag und fertigte ihren Bruder ziemlich kurz ab, damit sie die Kombüse aufräumen konnte, etwas, das sie schon seit einer Ewigkeit hatte tun wollen. Suzy und Wayne füllten die Wassertanks nach, pumpten die Toiletten aus und taten etwas, das sie in die Tiefen ihrer Kajüte im hinteren Boot entführte; Julia zog es vor, das nicht zur Kenntnis zu nehmen. Nicht etwa, weil sie eifersüchtig war, versuchte sie sich einzureden. Sex, das hatte sie über irgendjemandes Schulter hinweg beim Tischabräumen in einer Sonntagszeitung gelesen, gehörte nicht zu den primären Bedürfnissen. Aber sie fand trotzdem, dass die beiden eine nützlichere Beschäftigung hätten finden können, während sie darauf warteten, dass sich die Tanks füllten.
    Julia kniete auf dem Boden, den gesamten Inhalt des Kühlschranks um sich herum verteilt, und sortierte Gemüse aus, das als solches nicht länger zu erkennen war, kleine Schälchen mit Soße, die nie in Suppe verwandelt worden waren, und andere, zu drei Vierteln kompostierte Reste, als sie ein Klopfen hörte. Dieses Klopfen sagte erstens: »Es gibt Ärger« und zweitens: »Diese Arbeit wirst du nie zu Ende bringen.«
    Widerstrebend stand Julia auf und ging zum Nebeneingang des Salons. »Ja? Kann ich Ihnen helfen?«
    Ein relativ junger, blonder, mittelgroßer Mann, der mit einem Leinenjackett bekleidet war, stand vor ihr und zeigte ihr einen Ausweis. »Hab ich Sie endlich aufgespürt! Ron Jones, Gesundheitsbehörde.«
    Julia stieß ein leises Quieken aus, das ein ausgewachsener Schrei gewesen wäre, hätte sie nicht so viel Selbstbeherrschung besessen.
    »Darf ich hereinkommen?«, fragte Ron Jones.
    »Darf ich Nein sagen?«, erwiderte Julia.
    Und zu ihrer großen Überraschung lachte er. »Ja, aber warum sollten Sie?« Er

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