Wellentänze: Roman (German Edition)
auch?«
Margot fühlte sich hin- und hergerissen. Im Kern ihres Wesens war sie zutiefst konservativ, und jahrelang hatte sie sich auch entsprechend zurechtgemacht. Aber ihre neue Persönlichkeit hatte entschieden etwas Freigeistiges; sie hatte sich nach dem Tod ihres Mannes und einigen prägenden Erfahrungen herausgebildet – Kursen in Radionik, Farbtherapie und über die Vorzüge kleinbäuerlicher Bewässerungsprojekte. Die Vorstellung, sich mit einer Frau und zwei Komma vier Kindern häuslich einzurichten, sollte eigentlich nur Verachtung in Margot wecken. Wo war in all dieser Häuslichkeit Raum für Selbstfindung, Raum, um mit der spirituellen Seite des eigenen Wesens in Kontakt zu treten?
Nach einem kurzen inneren Kampf landete Margot auf der konservativen Seite. Schließlich hatte sie erst seit relativ kurzer Zeit mit der New Age-Bewegung zu tun. Mehr als dreißig Jahre Eheleben hatten eine tiefere Narbe hinterlassen.
»Nicht langweilig, mein Kind. Nur verantwortungsbewusst. Und natürlich erzählte Lally mir neulich erst ...«
»Du scheinst in letzter Zeit ziemlich viel mit Lally zu reden.«
»Unser Leben hat mehr Berührungspunkte denn je, ja, aber was ich dir eigentlich sagen wollte ...« – und was Julia gerade nicht hören wollte –, »ist, dass sie sich wirklich wünscht, Fergus würde ein nettes Mädchen wie dich finden.« Margot hielt inne. »Genau genommen, sprach sie ganz konkret von dir.«
»Ich weiß. Ihr zwei wollt mich schon mit Fergus verkuppeln, seit ich auf der Welt bin.«
»O nein, das stimmt nicht, Liebes! Aber jetzt, nachdem du deine Verlobung gelöst hast ...«
»Du hast Lally doch nicht erzählt, dass ich meine Verlobung gelöst habe, oder?«
»Könnte sein, dass ich es einmal flüchtig erwähnt habe.«
»Oh, das ist schon in Ordnung. Dann wird sie mich wenigstens nicht mehr als Schwiegertochter haben wollen. Schließlich habe ich Oscar, nach allem was du berichtest, aus genau den gleichen Gründen den Laufpass gegeben wie Fergus’ Frau ihm. Lally möchte doch bestimmt nicht, dass er sich noch einmal mit so einer Frau einlässt, oder?«
»Aber du bist doch gar nicht so.«
»Und ob ich so bin! Ich will Freiheit, ich will die Chance, zu reisen und mir einen Job auszusuchen, der mir gefällt. Ich möchte Karriere machen oder wenigstens meinen Spaß haben! So, wie du es seit Daddys Tod hältst. Nur dass ich nicht verheiratet bin und deshalb nicht erst warten muss, bis ich Witwe werde.«
Ihre Mutter schwieg ziemlich lange. »Ich möchte dir nur eins sagen: So sehr ich Daddy geliebt habe und ihn noch immer liebe, waren meine Kinder doch der wunderbarste und schönste Teil meines Lebens, und das hätte ich für alle Freiheit der Welt nicht missen wollen.«
Julia musste abermals mit den Tränen kämpfen. »Oh, Mummy, das ist schön, dass du das sagst.«
»Also finde ich, du solltest heiraten und Kinder bekommen, bevor es zu spät ist ...«
Kapitel 15
Z wei Monate, nachdem Julias Mutter für eine Woche wie ein Wirbelwind über sie hinweggefegt war, saßen Julia und Suzy auf dem Dach des hinteren Bootes und genossen die heiße Augustsonne.
Suzy gähnte, reckte ein nacktes, sonnengebräuntes Bein und bewunderte seine Form und Farbe und die lackierten Zehennägel des dazugehörigen Fußes. »Die Dinge scheinen langsam eine Eigendynamik zu entwickeln«, sagte sie träumerisch. »Denk nur, wie anstrengend früher alles war. Seit Mel bei uns ist, kommt mir das Leben wie ein einziger glücklicher Traum vor. Und braun geworden bin ich obendrein.«
»Bevor sie da war, hatten wir jedenfalls nie Zeit, herumzuliegen und zu reden.« Julia schälte Kartoffeln. Die Passagiere – insgesamt nur vier Personen um die siebzig, aber dennoch ein munterer Verein – waren zusammen hergekommen, um Bridge zu spielen. Jetzt machten sie gerade einen Spaziergang und hatten Wayne und ihren Nachmittagstee mitgenommen. Suzy sollte eigentlich den Papierkram erledigen.
Suzy richtete sich auf und griff nach ihrem Kugelschreiber. »Ich liege nicht herum. Ich denke lediglich mit geschlossenen Augen nach. Aber Mel ist fabelhaft. Sie ist so willig und lernbegierig. Und Kochen kann sie auch. Das war wirklich klug von Fergus, uns ausgerechnet sie zu schicken.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass er wusste, was für ein Glücksfall sie ist«, meinte Julia. »Er hat wohl kaum ihre Kochkünste ausprobiert.«
»Warum geht es dir eigentlich so gegen den Strich, ein gutes Haar an Fergus zu lassen? Er hat uns
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