Wellentraum
gesprochen.«
»Warum nicht?«
»Sie sagt, dass sie sich an den Überfall nicht erinnern kann.«
War es nur Einbildung, oder hatte er das Wort »sagt« ein wenig über Gebühr betont?
»Glaubst du ihr?«
»Ich glaube«, gab Caleb bedacht zurück, »dass sie sich vielleicht nicht erinnern will.«
»Weil sie jemanden schützt«, riet Regina.
Sein Blick war ernst. »Oder vor etwas davonläuft.«
»Glückwunsch.« Caleb ließ sich Margred gegenüber nieder und streckte sein Bein mit einem Seufzer der Erleichterung aus. »Du hast einen Job.«
»Geld«, sagte sie zufrieden.
»Erst wenn du auch arbeitest, aber ja, das ist der Plan.«
»Wann fange ich an?«
»Regina will, dass du erst mal zur Mittagsschicht kommst, vielleicht könnt ihr um diese Zeit herum deinen Arbeitsplan erstellen. Ich setze dich morgen auf dem Weg ins Büro ab.«
»Morgen«, wiederholte sie.
»Ja. Heute Nacht« – er atmete tief ein, selbst überrascht vom Flattern seiner Nerven – »könntest du bei mir bleiben, dachte ich.«
»In deinem Bett.«
Seine Worte vorhin am Strand standen wieder im Raum:
»Außerdem werde ich dich das nächste Mal in einem Bett lieben. Und ich ziehe die Hose dabei aus.«
»Es sei denn, das ist ein Problem für dich«, sagte er vorsichtig.
»Warum sollte es ein Problem sein?«
Er war ein guter Polizist, aber er konnte ihr Gesicht, ihre Stimme nicht deuten. War sie amüsiert? Oder verärgert?
»Ich will, dass du bei mir bleibst. Aber du bist nicht verpflichtet …« Er hielt inne und versuchte es noch einmal. »Du schuldest mir nichts.«
»Du bist schon wieder in deinem Kopf«, bemerkte sie.
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
»Du machst dir Sorgen, dass ich, wenn ich bei dir bleibe, nur aus Pflichtgefühl Sex mit dir haben könnte. Dass ich abhängig von dir bin und dir das übelnehmen könnte.«
Er war nun schon fast sechsunddreißig Stunden auf den Beinen. Er hatte keine Energie – oder keinen Sinn – mehr für Mann-Frau-Spielchen. »So was in der Richtung.«
Margred schnippte mit den Fingern, und der große Kater spazierte neugierig herbei. »Siehst du diesen Kater?«
»Ja. Und?«
»Die Leute hier füttern ihn, oder?«
»Wenn Antonia nicht hinschaut.«
»Sie lassen ihn hereinkommen.« Margred kraulte Hercules am Kinn. Schnurrend rieb er sich an ihren Fingern. »Er lässt es sich gefallen, dass ich ihn berühre, dass ich ihn streichle. Aber dieser Kater gehört ihnen nicht.« Ihr Blick suchte den seinen. »Genauso wenig würde ich dir gehören, wenn ich mich entschließen sollte, bei dir zu bleiben.«
Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht. »Das bedeutet, dass du mit mir schläfst, richtig?«
Ihre vollen Lippen wölbten sich. »O ja.«
»Schön.« Er war auf einmal weniger müde. »Lass uns etwas essen und dann heimgehen.«
Nachdem sie das Restaurant verlassen hatten, fuhr er trotzdem erst einmal mit ihr los, um das Wichtigste zu besorgen: T-Shirts, Toilettenartikel und Schuhe. Die Geschäfte auf der Insel führten keine große Auswahl an Frauenkleidung, aber in den Regalen von Lighthouse Gifts fanden sie einen fließenden Rock und eine Hose mit Tunnelzug, die Maggie durch die nächsten Tage bringen würden.
Caleb trug ihre Einkäufe zur Kasse.
Jane Ivey tippte die Preise ein, wobei ihre braune Dauerwelle vor Aufregung bebte. Sie hatte schon dieselben strammen braunen Locken – und vielleicht auch denselben Pullover – vor zwanzig Jahren getragen, als Caleb auf seinem Heimweg nach der Schule immer vorbeigeschaut hatte. Das war der Grund, weshalb er nach Hause zurückgekehrt war. Dieses Gefühl der Kontinuität. Der Gemeinschaft. Der Verbundenheit.
»Schreckliche Sache letzte Nacht, Chief«, begrüßte sie ihn.
»Caleb, bitte.«
»Ich weiß nicht, was aus dem Geschäft wird, wenn die Leute sich im Urlaub hier nicht mehr sicher fühlen können.«
Er versuchte, sie zu beruhigen. »Ich glaube nicht, dass Sie sich Sorgen machen müssen.«
»Die meisten Touristen kommen nach World’s End, um alldem zu entfliehen.«
»Alldem?«
»Der Gewalt.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Natürlich nehme ich an, dass Sie von Portland daran gewöhnt sind.«
Bei ihr klang der Name der Stadt jenseits der Bucht wie Las Vegas. Oder Sodom und Gomorrha.
»Die Leute sind sich überall ziemlich gleich, egal, wo man hingeht«, gab Caleb zurück. »Und die Verbrechen auch.«
»Und trotzdem … es ist nie etwas Derartiges passiert, als Roy Miller noch Chief war.« Ihre Hand verweilte
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