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Wellenzauber

Wellenzauber

Titel: Wellenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johann
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vielfältig. Es gibt Täler, Hochebenen, Laubwälder, Wiesen, Felsküsten, Berge, Strände und Buchten. Apropos Felsküsten. Da könnten wir uns vor lauter Liebeskummer ins Meer zu stürzen, wenn uns nichts anderes mehr einfällt.«
    Sina stöhnte laut auf. »Wo nimmst du bloß diese ganze Energie her? Wir sind gestern kurz vor Mitternacht angekommen.Seitdem sind keine elf Stunden vergangen. Ich bin müde.«
    Sie erinnerte sich daran, wie sie beide gestaunt hatten, als sie das Hotel betraten. So viel Luxus hatten sie nicht erwartet. Das moderne zweistöckige Gebäude empfing sie mit einer marmornen Eingangshalle, edlen Ledergarnituren und zuvorkommendem Personal. Den Garten konnten die beiden jungen Hebammen nicht richtig erkennen, aber der beleuchtete randlose Pool sah aus, als würde er direkt ins Meer übergehen. Die Suite, die für Professor Haber reserviert gewesen war, überraschte sie mit zwei großen Betten im Schlafzimmer, einem Salon, einer weitläufigen Terrasse und einem Badezimmer mit Whirlpool.
    Sina und Kerstin waren dann ziemlich kleinlaut in ihre Betten gefallen und hatten bis spät in den Vormittag durchgeschlafen.
    »Von wegen«, sagte Kerstin energisch und ließ sich in einen zweiten Korbstuhl fallen, der ein beängstigend lautes Knacken von sich gab, aber standhielt. »Ich glaub dir kein Wort. Du hast bloß eine Heidenangst, deinem Gespenst zu begegnen, sobald du die sicheren Mauern hier hinter dir lässt.«
    »Federico ist kein Gespenst«, gab Sina zurück.
    »In deinem Kopf schon. Wer weiß, vielleicht ist er dir heute Nacht sogar spukend erschienen? Du hast dich ständig hin und her gewälzt. Ach nein, geht ja nicht. Soweit wir wissen, können lebendige Frauenärzte nicht durch die Gegend spuken und hilflose Jungfrauen erschrecken.«
    Wider Willen musste Sina lachen. »Hilflose Jungfrauen, klar!« Insgeheim aber musste sie ihrer Freundin recht geben. Sie spürte, wie die alten Wunden wieder aufbrachen.
    »Ich hätte nicht herkommen dürfen«, sagte sie leise.
    »Das ist Bullshit«, erwiderte Kerstin laut, und zwei englische Ladys in ihrer Nähe drehten sich mit pikierter Miene zu ihnen um.
    »Wir hatten doch gar keine Wahl«, fuhr sie etwas leiser fort. »Man lehnt ein Geschenk des allmächtigen Klinikchefs nicht ab. Es sei denn, man will in den nächsten Jahren nur noch Nachttöpfe schrubben. Aber mal ganz davon abgesehen: Sardinien ist nicht die kleine Insel aus der Augsburger Puppenkiste. Wir können ganz entspannt einige Besichtigungstouren unternehmen. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass du deinem Gespenst rein zufällig begegnest.«
    Das war Sina natürlich auch klar, und dennoch: Was würde geschehen, wenn sie Federico doch plötzlich gegenüberstehen würde? Allein bei dem Gedanken geriet sie in Panik.
    Kerstin bewegte sich in ihrem Korbstuhl und entlockte ihm ein paar neue Töne. »Ich schlage vor, du rufst Federico an und bittest ihn um ein Treffen. Die Nummer seiner Praxis steht mit Sicherheit im Telefonbuch. Wo du schon mal hier bist, kannst du den Typen doch ein für alle Mal aus dem Reich deiner persönlichen Dämonen entlassen. Ihr könntet euch wie zwei zivilisierte Leute die Hände reichen und für den Rest eures Lebens Freunde bleiben.« Sie machte eine Pause und trank einen Schluck eisgekühlte Zitronenlimonade. »Wo wir gerade von zivilisiert reden.« Kerstin sah sich um und runzelte die Stirn. »Mir ist das hier alles eine Nummer zu fein. Kommst du endlich mit raus ins richtige Leben? Wenn ich noch ein paar von diesen steifen Pinguin-Dienern sehe, kriege ich einen fürchterlichen Schreikrampf. Da sind mir die echten Sarden mit ihrem Hass auf die feinen Pinkel dieser Welt echt lieber.«
    »Was?« Sina hatte nicht richtig zugehört, aber in den nächsten drei Minuten staunte sie schon wieder über das umfangreiche Wissen, das Kerstin sich in kürzester Zeit über Sardinien angeeignet hatte. Gleichzeitig war sie über jedes Thema froh, das sie von ihren Grübeleien über Federico ablenkte.
    Kerstin richtete sich auf. »Na, dieses ganze Brimborium von wegen Costa Smeralda und so haben sich vor vierzig oder fünfzig Jahren so ein paar Werbefuzzis ausgedacht.«
    »Echt?« Jetzt war Sinas Interesse geweckt.
    Kerstin nickte. »Früher hieß die Küste einfach Monti di Mola, was so viel bedeutete wie Mühlenstein-Berge, und sie war eines der isoliertesten Gebiete Sardiniens. Die wenigen Einwohner waren armen Bauern und Hirten. Als dann Prinz Karim Aga Khan und seine

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