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Wellenzauber

Wellenzauber

Titel: Wellenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johann
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unter Wasser, machte ein paar kräftige Schwimmzüge und hoffte, sie könnte sich so von jedem Gedanken, von jeder Sehnsucht reinwaschen.
    Als sie endlich zurück zum Strand schwamm, hatte sich die vorhin noch spiegelglatte Oberfläche des Meeres verändert. Mit dem aufkommenden Wind bildeten sich Wellen auf dem Wasser und wiegten Sina hin und her. Teils zogen sie in Richtung Festland, teils drängten sie zurück. Es war, als spielten sie mit der Schwimmerin, und als Sina kräftiger ausholte und schließlich den Strand erreichte, umspülten sie nur noch ihre Füße, wie um ihr zu sagen: Du kommst ja doch wieder.
    In all den Jahren seit dem Tod ihrer Eltern hatte Sina noch keinen Moment reinen Glücks wie diesen erlebt. Sie fühlte sich eins mit der Sonne, dem Meer, mit dem Inbegriff von traumhaft schöner Natur.
    Als sie beim Mittagessen neben Kerstin auf der Hotelterrasse saß, suchte Sina eine Zeitlang nach den richtigen Worten, bis sie schließlich sagte: »Ich habe heute Nacht beschlossen, dass ich Federico nicht wiedersehen will.«
    »Feigling.« Kerstin gab den Versuch auf, ihre Spaghetti aufzurollen, und machte sich zum Entsetzen des Kellners mit einem Messer daran zu schaffen. Dann schaufelte sie sich mit einem Löffel die klein geschnittenen Nudeln samt Meeresfrüchten in den Mund und kaute mit sichtlichemGenuss. Erst als sie sie heruntergeschluckt hatte, sagte sie noch einmal laut und deutlich: »Feigling.«
    Sina zuckte unter dem einen klaren Wort zusammen, aber sie war ja noch nicht fertig. »Heute früh war ich schwimmen«, fuhr sie fort. »Und da habe ich meine Meinung geändert.«
    »Hä? Wieso das denn plötzlich? Bist du irgendeinem antiken Meeresgott begegnet?« Kerstins Augen waren vor Überraschung weit aufgerissen. Sie vergaß sogar ihre Nudeln.
    Sina zögerte. »Ich kann es nicht erklären«, sagte sie nach einer Weile. »Aber ich habe mich auf einmal glücklich gefühlt, und ich will versuchen, dieses Gefühl wiederzufinden.«
    »Dann los!«, sagte Kerstin. »Erzähl mir erst mal, wie es gestern war, und dann sehen wir weiter.« Gleichzeitig wedelte sie mit einer Hand den Kellner fort, der es wagen wollte, die misshandelten Spaghetti frutti di mare abzuräumen, und führte den nächsten Löffel zum Mund.
    Noch am selben Abend unternahm Sina den nächsten Versuch, Federico zu sehen. Von Martha hatte sie erfahren, dass er mit ein paar Freunden in einem Fischlokal an der Hafenmole essen würde. Sie hatte Angst davor, ihn inmitten vieler Menschen zu treffen, aber ihr blieb keine Wahl. Ihn einfach nur anzurufen wäre noch schlimmer gewesen. Aber noch bevor sie den Hafen erreichte, war sie ein Nervenbündel.
    »Den Stress hättest du dir sparen können«, sagte Kerstin, die zu ihrer Unterstützung mitgekommen war. Sie standen in einiger Entfernung von dem Ristorante und erkannten trotz der Entfernung die Gruppe um einen großen Tisch. Sina verstand nicht gleich, was Kerstin meinte. Zu sehr war sie in den Anblick von Federico vertieft. Er war noch immerso schlank, wie sie ihn in Erinnerung hatte, und sein Haar wirkte genauso voll wie damals.
    »Von wegen Bierbauch und Halbglatze«, murmelte sie vor sich hin.
    Kerstin stieß sie unsanft in die Rippen. »Jetzt krieg dich mal wieder ein und guck ganz genau hin. Siehst du dieses blonde Gift neben ihm? Ich wette, das ist die Sprechstundenhilfe.«
    »Ja.« Sina erstarrte, als sie jetzt sah, wie die Frau sich zu Federico beugte und ihn anstrahlte.
    Instinktiv machte sie kehrt und lief davon.
    Federico verstand nicht, was plötzlich in Lorella gefahren war. Schlagartig schien die Eiszeit beendet, und sie benahm sich überaus freundlich. Ja, sogar liebevoll. Sogar zu dem Essen heute Abend hatte sie mitkommen wollen. »Es sind doch auch meine Freunde«, hatte sie gesagt.
    Nun saß sie neben ihm, umgarnte ihn, und er fühlte sich immer unwohler. Am Tisch wurden schon vielsagende Blicke getauscht.
    »Lorella«, sagte er plötzlich so laut, dass alle ihn hören konnten. »Was soll das?«
    Sie sah ihn aus unschuldigen Augen an. »Carissimo, es tut mir so leid, dass ich so unfreundlich zu dir war. Das wollte ich dir heute Abend vor allen Freunden sagen. Ich möchte, dass wir wieder nett zueinander sind, aber keine Angst, mehr will ich nicht. Ich mag dich sehr, aber nur noch wie einen Freund.«
    Anerkennender Applaus wurde laut, und Federico lächelte erleichtert. Trotzdem, irgendetwas stimmte hier nicht. Lorellas Verwandlung kam doch allzu plötzlich. Einen Moment

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