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Weller

Weller

Titel: Weller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit
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gewesen, als hätte sie mir eine Faust in den Magen gerammt.
    Seither gab es dieses Tabu zwischen uns. Wir waren nach wie vor freundlich und liebevoll zueinander, sprachen über gemeinsame Bekannte, alltägliche Begebenheiten und das Stadtgeschehen. Doch das Thema Foto-CD und deren Urhe-ber sowie der ungeklärte Frauenmord blieben ausgespart. Auch wenn ich mir sagte, sie habe Recht und ein Großteil ihrer Wut bestünde aus ihrer kanalisierten Furcht und Beunruhigung, die sie selbst hegte, machte das die Sache nicht einfacher. Ellen hatte Recht: Ich machte mich in dieser Sache selbst verrückt. Bevor ich mich weiter in wilde Verdächtigungen und Theorien verstrickte, sollte ich besser herausfinden, wie weit die Kripoleute mit ihren Ermittlungen gekommen waren.
    Ich hatte eine Viertelstunde zwischen dem vorherigen Termin mit Kalle Lubinkski und meiner Verabredung mit San-dra, meiner jungerwachsenen Klientin, die nach mehr als zehn Gesprächen mit mir noch immer nicht verstand, weshalb sie einer Rivalin um den schnuckeligsten Kerl nicht die Bierflasche auf den Schädel schlagen sollte.
    »Männer machen das doch auch. Wo ist da der Unterschied?«, war ihr Lieblingsargument, mit dem sie unsere Unterhaltung regelmäßig auf das Nebengleis der Frauenemanzipation zu befördern versuchte. Wir steckten in dieser Hinsicht anscheinend in einer Endlosschleife. Kalle Lubins-ki wiederum hatte vorhin berichtet, sein Kumpel Burkhard Kraus wäre nicht weiter von den Kripoleuten behelligt worden. »Die haben ihm wohl endlich geglaubt, dass er dieses Fotoding gefunden hat.«
    »Dietmar, hier Weller.«
    »Stets zu Diensten, Herr Bewährungshelfer.«
    »Wie lange bist du heute im Dienst, mein Lieber?«
    »Sag bloß, du lädst mich auf ein Feierabendbier ein? Das trifft sich gut, Lisa hat heute Vereinsabend.« Dietmars Frau war stellvertretende Vorsitzende des Poeler Karnevalvereins, der einmal pro Jahr hinreißend komische, wild kostümierte Playbackshows zu aktuellen Schlagern und Popevergreens auf die Bühne brachte. Damals vor sieben Jahren, als ich vom Rheinland nach Wismar umgesiedelt war, hatte mich völlig verblüfft, welche großartige Tradition hier in Mecklenburg das Karnevalfeiern hatte. An Spielfreude und Ausdrucksmöglichkeiten standen die Fischköppe in dieser Hinsicht den Rheinländern in nichts nach.
    Wir trafen uns auf der Außenterrasse des Gottfried’s, dessen Name mich immer wieder schmunzeln ließ. Noch immer schwankte ich zwischen den beiden Alternativen, dem Besitzer einen Tipp bezüglich seiner Verwendung des Deppenapostrophs zu geben oder ein Foto des Restaurantschilds an den deutschen Sprachpapst zur Verwendung in seiner Zwiebelfischkolumne zu schicken. War ich nun lieber Besserwisser oder schadenfroh? Dank des grau verhangenen Himmels, der frischen Brise und der mageren Temperaturen fanden wir einen freien Tisch direkt an der hölzernen Brüstung zum Hafenbecken, wo wir vor möglichen Regenschauern geschützt waren durch einen sich über unseren Köpfen spannenden, orangefarbenen XL-Sonnenschirm. Obwohl es mitten in der Woche war, quirlte unter unserer Terrasse das Leben auf dem gegenüberliegenden Kai und entlang der Wasserstraße. Von diversen Fischkuttern herunter wurde die letzte Ware für heute in ganzen Kisten verkauft, drüben vor dem italienischen Restaurant saßen wetterfest angezogene Gäste an den Tischen und auf dem Platz dazwischen startete gerade eine gut fünfzehnköpfige Motorradgruppe aus grauhaarigen, zum Teil recht beleibten Männern ihre chromblitzenden Harleys. Der Alte Hafen bewies sich als witterungsunabhängiger Touristenmagnet. Ich wäre in jenem Moment auch gerne jemand gewesen, der jederzeit seinen Aufenthalt hier beenden, der sich unbelastet aller Probleme von der Stadt abwenden konnte.
    Dietmar bestellte   Zarte Matjesfilets mit grünen Speckbohnen und gebutterten Kartoffeln   und ich schwankte eine Weile zwischen der   Trilogie von edlen Fischen – Filet von Rotbarsch, Wildlachs und Zander frisch gebraten, auf Sauce Hollandaise mit Basmatireis   und dem Kindermenü mit dem spannenden Namen   Dinoschnitzel mit Pommes Frites . Hatten Forscher aus dem genetischen Material fossiler Saurierknochen neue Tiere geklont? Gab es mittlerweile bereits lebendige Exemplare? In Zuchtfarmen gar? Ich entschied mich, da das Dinoschnitzel vermutlich doch irgendetwas zu Tode Paniertes vom Schwein war, für die Troika. Eine Weile lang überlegte ich, ob mein eben aufgekeimter Humor nun ein

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