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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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über der Feuerstelle eine kräftige Brühe zu kochen.
    Die Zubereitung im Zelt war umständlicher und brauchte mehr Zeit als etwa am Herd im gelben Haus, aber das Tipi mit Bärenfell, Elchgeweih und Büffelhörnern, in dem die 22 Teilnehmer der Mahlzeit Platz fanden, war besser den Stimmungen angepaßt, mit denen man vom großen Kulttanze nach Hause kam.
    Vor dem Essen wurde nicht viel gesprochen. Man ruhte sich aus, genoß den immer kräftiger sich verbreitenden Duft der Brühe, der aus dem offenen Kessel aufstieg, fragte leise nach Gerald und Hanska und erfuhr, daß sie bei der Viehherde unterwegs waren. Joe war schon bei der Pferdekoppel gewesen und hatte dort alles in Ordnung gefunden. Dennoch blieb er in sich gekehrt, und die Falte am linken Mundwinkel zog sich scharf herunter. Sobald die Mahlzeit beendet war, fragte Joe: »Hetkala, was ist geschehen?«
    »Mac Lean, der Alte, ist dreimal mit seinem Wagen unsern Weg und über unsere Wiesen gefahren und hat bei unserem Hause geparkt. Ich habe ihm gesagt, daß er unrecht tue, aber er nannte mich ein unnützes, altes Weib, und er hatte sein Rifle in der Hand. Ich konnte ihn nicht hindern. Gerald und Hanska hüteten die Herde. Mac Lean hat immer gewartet, bis die beiden fortgeritten waren.«
    Joe drehte sich eine Zigarette.
    »Nebenan wohnen Feinde«, sagte er zu der Gruppe der sechs Schüler, die alle beieinander saßen. »Sie würden sich nicht einmal schämen, auf ein Kind zu schießen. Wir werden euch die Grenze genau zeigen, damit ihr euch niemals irrt.«
    Die Worte wirkten auf alle Zuhörer, doch auf jeden in anderer Weise.
    Jerome war bedrückt. In Julias Augen leuchtete der Zorn auf, die beiden wilden Buben witterten Kampf, Gefahr, Bewährung. Coras Züge wurden für einen Augenblick starr. Und wenn Hugh seine Frau als Kind auch nie in jenen Momenten gesehen hatte, in denen sie laut aufschrie, wenn ein Unrecht geschah, so verstand er doch, was in ihr vorging und welche verschlossen geglaubten Türen in ihr sich wieder zu öffnen begannen.
    Wakiya stand auf und bat Elwe, mit ihm zu kommen. Er wollte ihr das Grab Tishunka-wasit-wins zeigen und das Grab der Ahnen, auf dem der Stab mit dem Bündel Adlerfedern eingerammt war. Auch die anderen verließen danach das Zelt, gingen zu der Koppel oder lagerten sich auf der Wiese. Jerome, Julia, Cora, Hugh und die beiden Buben, die jetzt zu ihm gehörten, gingen in die Koppel hinein zu den Pferden, und Hugh erklärte den jungen Burschen Geschichte und Charakter eines jeden der Tiere, so, wie er es von Inya-he-yukan gehört hatte. Er erzählte auch von der unbändigen Appalousa-Stute und ihrem Füllen, auf denen jetzt Gerald und Hanska unterwegs waren. Danach fragte er die Buben, welcher der Hengste wohl der Vater der beiden Füllen auf der künftigen Ranch der Mahans werden könne, und die zwei Brüder berieten lange. Endlich einigten sie sich, daß nicht derselbe Hengst die beiden Stuten decken, sondern sowohl der Schecke als auch der Dunkelbraune herangezogen werden sollte. Mit dem Dunkelbraunen war Joe vor Jahren auf die Reservation zurückgekehrt; das Tier war sein einziger Besitz gewesen, und er hatte sich gewiß nicht das schlechteste ausgesucht. Auf dem Schecken hatte Joe sein erstes Rodeo als Mitglied seines Stammes gewonnen.
    Da man schon bei den Pferden war, erschien es natürlich, daß man miteinander auf die Weiden reiten wollte. Als Melitta das bemerkte, holte sie ihre vier Pflegekinder zusammen, die sie gleich zu ihrem Haus auf der ehemaligen Büffelweide bringen wollte. Die Schar von elf Reitern verteilte sich auf sieben Pferde; die vier Kinder saßen bei den andern mit auf. Tatokala hatte sich den Schecken nehmen wollen, aber er ließ sie nicht herankommen, sondern schlug hoch aus, stieg kerzengerade und spielte bockend umher. Schließlich fand er sich bei Cora ein, die ihm den Hals streicheln durfte. Joe eilte herzu, und nachdem er die Szene einige Zeit beobachtet hatte, nickte er.
    »Nimm du ihn«, forderte er Cora auf, »er tut, was er will, und er will von dir geritten sein. Ich sattle ihn für dich.«
    Während er damit beschäftigt war, fuhr er fort: »Er läuft mit dir auf die Büffelweide, das ist sein gewohnter Weg, und du reitest an der Spitze, weil er kein anderes Pferd vor sich sehen will. Auf der Büffelweide läßt er sich von dir wenden, um wieder heim zu galoppieren.«
    »Ich bin eine sehr schlechte Reiterin, Joe. Ich habe keine Übung.«
    »Der Schecke trägt dich, weil deine Stimme ihm

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