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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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aufzuwärmen brauchte. Zuweilen wurde sie des Abends eingeladen, denn die Tochter des Bürgermeisters hatte entdeckt, daß Miss Green eine Amerikanerin von echtem Schrot und Korn, unternehmungslustig, in vielem versiert und daß sie Mormonin war. Das letzte insbesondere führte die beiden Fräulein zusammen, und durch diese Verbindung mit einer angesehenen Familie hatte Miss Green bald genügend Bekanntschaften in der Gesellschaft von New City gefunden. Sie fühlte sich keineswegs einsam. Ihren Pflichten dachte sie mit bestem Willen nachzukommen; Untätigkeit war ihr verhaßt. Nachdem sie die Sammlungen ihres Museums durchweg neu geordnet und auch eine kleine Verkaufsabteilung für neue indianische Arbeiten eingerichtet hatte, wartete sie auf steigende Besucherzahlen. Es kamen hin und wieder Indianer, ein paar Lehrer, Kunstgewerbetreibende, Neugierige, die die Hills besuchen wollten und mit ihren Wagen einen kurzen Halt bei dem Museum machten. Der einstöckige schlichte Bau lag in einer öffentlichen Parkanlage nicht weit von der Hauptstraße.
    Nachdem die Neuordnung der Sammlung abgeschlossen war, dachte Lucie Green daran, sie durch Neuerwerbungen zu ergänzen. Ihre Angestellte, eine alte Indianerin, die selbst noch altindianische Techniken beherrschte, riet Miss Green, den Waffenhändler Krause zu besuchen, der vielleicht ein Gewehr aus den Indianerkriegen abgeben würde, sich die Töpferei in der Agentursiedlung anzusehen und auch eine gewisse Irene Goodman, Leiterin einer Kunsthandwerkschule, dort aufzusuchen. Kostbare alte Stücke seien nicht mehr zu bekommen, die Familien gäben dergleichen nicht mehr ab.
    Miss Green entschloß sich, dem Rat ihrer Mitarbeiterin zu folgen und zunächst in die Agentursiedlung zu fahren.
    Es war ihr allerdings nicht unbekannt geblieben, daß die Lage auf der Reservation gespannt war und daß es auf einer abgelegenen Ranch zwei Tote gegeben hatte. Sie selbst war als Geschworene ausgelost worden und hatte über George Mac Lean zu Gericht sitzen sollen, was sich dann allerdings erübrigt hatte, da der Staatsanwalt seine Anklage zurückzog. Miss Green hatte diese Verfahrensweise mißbilligt. Obgleich sie nach der Verhandlung fest entschlossen gewesen war, für das »Nicht-Schuldig« zu stimmen, konnte sie sich schwer damit abfinden, daß ihr Votum als überflüssig betrachtet worden war.
    Miss Green hatte einige feste Grundsätze, die sie energisch zu vertreten pflegte, und so tat sie es auch in diesem Fall. In dem Kreis, der sich um die nicht mehr ganz junge Tochter des Bürgermeisters zu scharen pflegte, hatte sie einen Gleichgestimmten gefunden, einen bejahrten Herrn, Junggesellen, Pensionär, Juristen, Jagdamateur, der die Damen und jüngeren Herren angenehm zu unterhalten pflegte. Er hatte Miss Green zugeredet, sich vor Spannungen und Unruhen nicht allzusehr zu fürchten. In Chicago und selbst in New City gebe es ungleich mehr Verbrechen und Verbrecher als auf einer Indianerreservation.
    »Das Volk ist sonderbar«, sagte Lucie, »aber ich bin mit den Leuten noch immer irgendwie zurechtgekommen.«
    Daß in Lucie Greens Adern ein Zweiunddreißigstel Indianerblut rollte, war ihr in diesem Augenblick wieder einmal bewußt, aber sie sah keinen Anlaß, in der Gesellschaft von New City darüber zu sprechen. In New York hatte sie es zuweilen mit dem gleichen Stolz erwähnt, mit dem ein Nachkomme der Pilgerväter den historischen Rang seiner Vorfahren andeutete. Lucie Green bereitete ihre Fahrt auf die Reservation vor.
    Des Morgens hatte sie nur noch zu entscheiden, ob sie ihren Revolver, den sie wie die meisten amerikanischen Bürger als Selbstschutzwaffe besaß, mitnehmen wollte.
    Sie entschied sich dafür, es zu tun.
    Der Chevrolet war mit Benzin wohl versorgt. Sie ließ an, fuhr in der Frühe des Sommermorgens durch die um diese Tageszeit verkehrsarmen Straßen, an alten und neuen Holzhäusern und einigen Steinhäusern vorüber, schließlich in die Ausfallstraße ein, die in Richtung der Reservation führte. Sobald sie die Stadtgrenze passiert hatte, fuhr sie, wie sie wollte. Die Straße gehörte ihr allein.
    Das änderte sich allerdings nach der ersten Stunde. Sie überholte drei Lastwagen, die mit Indianern voll besetzt waren. Die Männer und Frauen standen eng gedrängt wie die Rinder bei einem Viehtransport. Lucie glaubte im Vorbeifahren, mit flüchtigem Blick erhascht zu haben, daß einige Männer Gewehre bei sich trugen, aber vielleicht hatte sie sich auch getäuscht. Sie mußte

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